Vater. Heute.

Heute in der Früh kam es zum Disput mit meiner 10-jährigen Tochter. Sie mochte nicht glauben, dass ich mit 6 Stunden Schlaf auskomme, derweil ihr, dem Kind, mindestens 9-10 Stunden aufgebrummt wurden. Weil sie sonst «grantig» und müde und unaustehlich sei. Sagt der Papa.
Das passte ihr nicht. Sie meinte, dass auch ich eindeutig zu wenig schlafe, da ich, zumal am Wochenende, sehr grantig sei, und in der Küche «das Essen anfluche». Ein Kotzbrocken. Auch außerhalb der Küche.

Ich versuchte ihr zu erklären, dass nicht zu wenig Schlaf meine (angebliche) Laune mache. Ohne Erfolg. Grant=zu wenig Schlaf! Basta.

Die Sache eskalierte dann ein bisschen. Es kam zu Tränen, Beschwichtigungen, Aussprache, Einlenken, Versöhnung. Fernsehen.

In einem Punkt hatte sie ja recht. Das Wochenende in der Klein-Mittel-und Großfamilie war, ist, und bleibt eine spezielle Hölle, von Anbeginn der Welt bis zu ihrem Zerbröseln. Da half, und hilft nichts. Das wusste auch Thomas Bernhard.
Und es stimmte: Ich «fluche in der Küche das Essen an». Kein Bock auf Familie. Fürwahr. Die Enge. Die Untätigkeit. Das Warten und das Mampfen. Kein Ort, nirgends. Und arbeiten war irgendwie auch nicht drin. Also, Grant.

Es ist eine erstaunliche Erfahrung Vater zu sein. Heutzutage. Er steht immer zur Disposition. Nix ist fix. Die Autorität muss er sich täglich neu erarbeiten. Sehr flache Hierarchien, könnte man sagen, und sein Wort ist nicht sakrosankt, sondern eine Empfehlung. Mein Vater hatte es da einfacher. Irgendwie. Und irgendwie auch nicht.

Es ist okay, dass es so ist. Keiner soll sich mit falscher Autorität aus der Diskussion stehlen können. Das ist Anarchismus: Die Herrschenden zu zwingen, sich für ihre Macht zu rechtfertigen.

Das Sprüchemuseum (23)

«Ich mag keine Kunst.»
sagte der äußerst gelangweilt wirkende Brian Ferry zu Dieter Meier, der ihn für eine Fernsehsendung von einem Museum ins nächste schleppte.

Wir sagen: Wir haben schon lange nicht mehr solch aufrichtige, schöne und wahre Worte vernommen.
We love you, Brian Ferry.

CL-Finale

War denn gestern nicht alles CL-Finale? Sogar die kleinen Jungs im Hort saßen am Freitag vor ihren Tellern und wollten gar nicht mehr aufhören mit der Spachtelei, aber eigentlich mit dem Reden über die «coolen» Bayern, und sie fanden mich «gemein», weil ich mich als «Dortmunder» outete. Nun gut, die kleinen Ösis waren natürlich auf der Seite ihres Landsmannes, dem David Alaba. Selbst meine Tochter steht auf Alaba. Okay, okay, okay.

Aber ich möchte hiermit auf den Block meines Kollegen Klaus Bittermann verweisen, der einen stimmigen, süffigen und schönen Kommentar zu diesem Spiel verfasst hat.

http://bittermann.edition-tiamat.de

(oder einfach den Cursor nach links auf die Blogroll – Klaus Bittermann – führen!)

Außerdem erlaube ich mir, ein Zitat aus diesem Bericht zu publizieren, Sätze, die an Schärfe, Würze und Süße so wunderbar munden, dass ich sie einfach bringen muss:

Als da Spiel vorüber war, hörte ich im Festsaal Kreuzberg, wo fast ausschließlich Dortmund-Fans das Spiel guckten, eine Frau vor mir rohrspatzen: »Ich hasse diese Scheiß-Bayern, was für widerliche, ekelerregende Typen mit ihren weit aufgerissenen Fressen. Schau dir bloß diesen Müller an. Und dieser fette Hoeneß, der das Gemeinwesen bescheißt. Woher hat denn Bayern das ganze Geld? Natürlich von diesem Arschgesicht, weil der den Staat abgezockt hat. Und dafür gratuliert ihm die blöde Merkel auch noch. Kann sich denn Bayern nicht endlich mit Österreich vereinen, damit wir sie angreifen können. Für die Scheiß-Bayern sind wir hier in Berlin doch sowieso nur Abschaum.«

Le métèque est mort. Je vais pleurer…

Was haben wir uns besoffen an seinen Worten!

Avec ma gueule de métèque
De juif errant, de pâtre grec
De voleur et de vagabond
……..
Avec ma gueule de métèque
De juif errant, de pâtre grec

Et mes cheveux aux quatre vents.
Je viendrai ma douce captive
Mon âme sur, ma source vive
Je viendrai boire tes vingt ans.

Besoffen, ja, und grausam wie wir waren, lächelnd vergessen, den juif errant, den patre grec, den Georges, den Moustaki, den süßen Klang des Wortes «vagabond», so voll Magie, wie seine Stimme. Aber er, der Métèque, hat uns gezeigt was ein taffer Poet ist: Er ließ sich nicht beirren und machte sein Ding, er zog es durch, bis ins «purgatoire» …

Et nous ferons de chaque jour
Toute une éternité d’amour
Que nous vivrons à en mourir

So ist es, Georges. So ist es.
Je vais pleurer…

Süßes von Songdog (Vol. 1)

Der Weisenrat – die drei verhaltensauffälligen, graubärtigen Rabauken die Klo und Küche des Verlags besetzen, haben beschlossen, dass wir hin und wieder einzelne «süße» Textproben aus dem unermesslichen Schatz der Songdog Bücher publizieren sollten.
Nach anfänglichem Sträuben, gab die Redaktion nach. Unser einziges, eingeborenes Wiener Mitglied meinte lapidar: «Jetzt is eh scho wurscht.»
Wir machen den Anfang mit einem Kapitel aus Andreas Niedermanns Roman  «Die Katzen von Kapsali».

«Na klar, da kam sie daher. Schon von weitem konnte ich sehen, dass etwas nicht stimmte. Sie hatte ihr T-Shirt geschürzt, und hielt es mit den Händen hoch. Auf den ersten Blick machte es den Eindruck, als wolle sie ihre Titten herzeigen. Aber wem? Die Straße am Strand war leer. Weit und breit niemand zu sehen. Als sie näher kam, sah ich, dass in der Kuhle des T-Shirts etwas war. Es bewegte sich. Es maunzte. Drei winzige Katzen mit verklebten, blinden Augen. So war sie. Rettete drei Katzen vor den Wildhunden, die gerade die Mutter gekillt hatten, warf sie in ihr T-Shirt und brachte sie, na klar, zu mir.

„Da“, sagte sie, „du musst was machen.“

„Was soll ich denn da machen?“

„Was weiß ich? Die Hunde hätten sie sonst zerbissen!“

„Ziemlich sicher. Jetzt werden sie bei uns sterben. Die müssen gesäugt werden. Warum musstet du sie anschleppen?“

„Was hätt ich denn tun sollen?“

„Sie einfach lassen“, sagte ich.

„Das hättest auch du nicht fertiggebracht“, sagte sie. „Obschon du kein Herz hast.“

„Stimmt“, sagte ich, „aber ich bin nicht blöd.“

„Naja“, sagte sie.

Nun hatte ich drei Katzen. Ich sagte Wien nichts davon, aber ich war froh darum. Wieder eine Art Job. Ich musste um das Leben der Katzenbabys kämpfen. Ich hatte gerade nichts anderes zu tun. Die Katzenbabys wurden zur Attraktion in Kapsali. So nichts los war hier. Ich machte mich unverzüglich an die Arbeit. Ich schickte Wien nach Kondensmilch in Dosen. Sie musste dazu wieder den Hügel hoch. Das gefiel mir. So als Mutti hatte man eine gewisse Macht. Sie kam mies gelaunt zurück. Das fand ich nur gerecht.

Ich bohrte drei Löcher in den Deckel der Kondensmilchdose, für jedes Baby eines, ließ mir von Wien einen Slip geben und riss in Streifen. Drei davon drehte ich zu Dochten und drückte sie in die Löcher. Es war nicht mehr als ein Versuch. Eine andere Idee hatte ich nicht. Die Babys waren Säuglinge. Und so verrückt es sich anhört: es funktionierte. Die Babys hängten sich an die Dochte, schlugen ihre kleinen Krallen in den Stoff und lutschten die Milch heraus. Ich war ein Genie.

Ich verbrachte die Tage mit den Babys am Strand. Es war offensichtlich, dass sie mich für ihre Mutter hielten. Sie folgten mir auf Schritt und Tritt. Wenn ich mich in den Sand legte, kletterten sie auf mir herum. Ihre Augen öffneten sich. Sie gediehen. Und ich fühlte, wie ich selber wieder in Form kam. Am Abend nahm Wien die Babys mit auf‘s Zimmer. Dort gab‘s die ganze Nacht Hullygully, und sie schlängelte sich mit einer Flasche Desinfektionsmittel zwischen dem Mobiliar durch, um die Kacke zu beseitigen. Diese Katzenbabys. Einer der Geologen stiftete eine Dose Corned Beef. Nun kriegten sie also auch Corned Beef. Ihre Bäuche wurden prall und ihre Ausflüge ausgedehnt. Ich lag nun meist am Strand und döste. Irgendwann einmal stand ich auf und ging ins Wasser. Das hatte ich schon lange nicht mehr getan. Und siehe da: Die drei Babys folgten mir. Das wird interessant, dachte ich. Katzen sind nicht bekannt dafür, dass sie auf Wasser stehen. Aber was geschah? Richtig. Die Kleinen tappten hinter mir her in die Bucht von Kapsali. Sie folgten mir. Ohne das geringste Zögern. Dann schwammen sie in meinem Kielwasser. Wenn ich sie aufschließen ließ, klettern sie auf meinen Kopf, fuhren ihre Krallen aus und hielten sich an meinen langen Haaren fest. Nach einer Weile  schwamm ich wieder an den Strand. Sie kletterten auf meinen Bauch, rollten sich zusammen und ließen das nasse Fell an der Sonne trocknen. Es war unglaublich und großartig. Als wäre ich Zeuge eines Wunders geworden. Mein Mutterstolz kannte keine Grenzen.»

Das Sprüchemuseum (22)

«Er liebt den Geschmack der russischen Freiheit.»

Nikolai Borodatschow auf die Frage, warum Gerard Depardieu Russe geworden sei.

Wir sagen: Offensichtlich hat sich nicht nur Dobrindt, aus Gründen der Tumorprophylaxe, das Gehirn amputieren lassen.

Dazu können wir was sagen

Die Schweiz erreicht an der Eishockey WM das Halbfinale. 8 Spiele, 8 Siege. Historisch.
Die Russen kriegen gegen die USA eine 4:8 Klatsche, ganz nahe am «Tragerl».

Wir diskutieren zur Zeit in der Redaktion, was uns mehr Freude bereitet: Das klasse Spiel der Schweizer oder die Russenpleite?
Die Waage neigt sich zugunsten …

Die treuen Blogleser werden’s erraten.

Wir können dazu nichts sagen

Nach dem Entschluss, die «Schmähungen» einzustellen und nur noch Freudiges zu berichten, ist es der Blockredaktion natürlich nicht möglich den Kommentar dieses steif geschlagenen Batzen CSU-Heuchelgalle namens Dobrindt, unsererseits zu kommentieren; den verleumderischen Dreck, den ein  praktizierendes Mitglied der weltweit größten Kindermissbrauchs-Sekte abzusondern sich bemüßigt fühlte, nämlich, den Daniel Cohn-Bendit, der sich nun schon auf allen Kanälen für Worte und Taten aus den 70er Jahren entschuldigt hat, als «widerwärtigen Pädophilen» zu bezeichnen.

Wir können leider dazu nichts sagen.

Das Ende der Schmähung

In den «Drafts» stauen sich die Blockeinträge der Redaktion. Einträge die nicht veröffentlicht wurden. Nicht weil sie mieser als gewöhnlich wären, nein, sie sind genauso schlecht wie sonst auch, aber der überparteiliche Weisenrat, sozusagen die Supervision der Redaktion, sprach geschlossen die Empfehlung aus, auf die Veröffentlichung der Artikel zu verzichten.
Die Empfehlung des Weisenrats, eine Versammlung alter, grau gewordener Rappelköpfe, ist uns Befehl.

Bei den unveröffentlichten Blocks handelt es sich um Schmähungen.

Geschmäht wurden:
1. Das offzielle Österreich, das 68 Jahre gebraucht hat, um zum ersten Mal den 8. Mai, den Tag der Niederlage der Nazis, als Fest zu feiern.
2. Die Piratenpartei, die sich, anstatt sich für die Legalisierung von Drogen einzusetzen, auf eine straffreie Menge von 30 Gramm Haschisch einigten.
3. Radfahrer.

Wir möchten darauf hinweisen, dass es sich hierbei nicht um Zensur handelt. Die Redaktion hat sich darauf verständigt nur noch zustimmende, bejahende, zynismusfreie Blocks zu publizieren.

Wir bitten im Voraus um Entschuldigung. Für die großen Lücken, die dadurch entstehen könnten.

Die Redaktion.

Wunder, beinahe täglich

Es ist immer wieder wie ein Wunder. Es fühlt sich an wie ein Wunder, und ist doch nur ein magischer Tagesbeginn. Ich weiß nicht, wieviele von dieser Magie berührt werden, sie überhaupt bemerken, nicht jeden Tag, aber fast jeden. Sie verschafft mir die Gewissheit, dass noch nicht gar alles am Arsch ist.
Man mag mich für bescheuert halten, für beschränkt, auf eine obszöne Weise unbedarft, aber trotzdem ist es einfach genial:
Um 8 Uhr früh im Geisteszentrum. Der Typ hinter dem Tresen sagt «Guten Tag», und du siehst die Leute, die bereits am Arbeiten sind, die Gewichte stemmen, auf den Crosssteppern laufen, ja, und nun kommt’s: keiner quatscht. Niemand spricht dich an, jene, die dich kennen sagen «Guten Morgen», «Servus» oder «Hallo», nicht ein Wort mehr, keines zuviel, wie gute Prosa, sie lächeln dabei und du lächelst, machst beinahe glückselig dein Ding, schwitzt und keuchst, und aus den verdammten Boxen kommt nicht ein verdammter Ton. Keine Musik. Nichts, niente, rien, nada.

Okay. Es ist nicht so genial, wie frühmorgens mit dem Boot auf den spiegelglatten See hinausfahren, nicht so hammermäßig, wie ein Sonnenaufgang in den Bergen, aber fast. ES ist das Beste, was diese Stadt zu bieten hat. Und ich weiß, diese 20 Euronen die ich jeden Monat dafür löhne, sind die besten 20 Euros die ich jeden Monat ausgebe. Für mich und für alle Ewigkeit. Amen.