Porque no te callas?!

Israels Armee hat, so wie es bislang aussieht, Scheiße gebaut. Viele Tote auf den Blockadebrecherschiffen. Israel konnte, so wie sich die Lage darbot, nur Scheiße bauen. So was nennt man ein Dilemma.

Nun ist die ganze Scheißwelt empört. Und wer jetzt in die Foren guckt, weiß auf jeden Fall eins: Wenn die Anzahl der Fußballtrainer eines Landes mit seiner Einwohnerzahl ident ist, so übertsteigt die Anzahl der Nahostexperten diejenige der Einwohnerzahl. Denn selbst europäische Stubenfliegen sind in dieser Sache Experten. Und wie die Stubenfliegen, hält es auch sonst niemand für notwendig, Untersuchungen abzuwarten.

Woher kommen eigentlich diese Experten in Millionenausführung? Warum hat jeder dazu eine Meinung? Warum trifft man nie jemanden, der sagt: «Naher Osten? Da weiß ich nicht genau Bescheid.»

Ich kenne Leute, die halten Franz Vranitzky und Helmut Kohl noch immer für die amtierenden Bundeskanzler, aber ihre Meinung zum Nahen Osten ist profund.

Andere finden DJ Ötzi so bedeutend wie Jesus, und auf die Frage nach der Staatsform von Österreich antworten sie: «Keulenförmig», aber ihre Meinung zum Nahen Osten ist so ausufernd wie ein Donauhochwasser.

Es gibt welche, die jeden Rechtschreibetest, selbst den bei der Polizei, vergeigen, aber in den Geschicken des Nahe Osten lesen sie wie in einem offenen Buch.

Wiederum gibt es Nahost-Hermeneutiker die dieses Wort nicht buchstabieren könnten.

Dann gibt es miese Bestsellerautoren, die gottgegeben, über alles Bescheid wissen.

Ich habe an sie nur eine einzige – wenn auch königliche Frage – jene, die schon Juanito dem fetten Populisten Venezuelas stellte: «Porque no te callas?!

Wiener Zeitungsdiebe

Am Sonntag morgen, wenn alle anderen Haushaltsmitglieder noch schlafen, zieht’s mich raus. Erst die Viktorgasse hinab, nach links in die Carolinengasse, rechts und kurz in die Favoritenschlucht, und dann beinhart in die Rainergasse eingeschwenkt. Diese hinan bis zur Blechturmgasse, rechts runter, die Wiedner Hauptstrasse gequert und in die Hartmanngasse, und dann einfach rein ins Geisteszentrum, wo ich die sonntäglichen Gewichte stemme. Zur geistigen Erbauung und zum Behufe der körperlichen Gelassenheit.

Wenn ich dann den Weg zurückgehe, geläutert, schwitzend, müde und trotzdem sehr erfrischt, begegne ich ihnen, den «Kronedreckszeitungsklauern».

Ich war selber mal genötigt als Dieb zu arbeiten, und es liegt mir daher fern, einen anderen Dieb zu verurteilen (moralisch), aber die «Kronendreckszeitungsklauer», die sind schon was ganz besonderes. Meist ganz ungeniert zupfen sie sich das Papier aus der Plastiktasche und ignorieren mit der ihnen angeborenen Würde das geschlitzte Döschen für den Obulus. Nun ja. Als Süchtige brauchen auch sie ihre tägliche Dosis Niedertracht, ihren Schuss Ausländerhetze, ihr Näschen Anti-EU-Campaining, und die von der Redaktion hergestellten Leserbriefe, die unter dem Namen «Volkes Stimme» firmieren.

Es gibt kaum ein schöneres Bild der Verlogenheit, als wenn der Wiener sich die Kronendreckszeitung klaut, und sich später, nach der Lektüre, über ausländische Diebe, ereifert.

Übers Schreiben

Ich schreibe zur Zeit an einem Theaterstück. Einem Western. Das ist verrückt, ich weiß. Es ist nicht generell verrückt, aber in Wien schon. Wenn hier das Genre in Theater, Film, Literatur, Kabarett benutzt wird, müssen die «Wuchteln» als Trommelfeuer kommen. Wir aber nehmen den Western ernst. So ernst, wie jedes andere Drama auch. Es geht um Sehnsucht, Gewalt, Einsamkeit, Liebe, Tod und das übliche Unvermögen der Menschen, irgendwie miteinander klar zu kommen. Ich sage: Wir. Weil ich das Stück nicht alleine schreibe, sondern mit zwei befreundeten Kollegen zusammen. Einem Drehbuchautor und Regisseur, und einem Schauspieler.

Es ist schön so zu schreiben. Die Struktur zu entwickeln. Rumzuspinnen, zu verwerfen, den Faden wieder aufnehmen, rum zu albern, Scheiße zu labern, Quatsch zu machen und trotzdem immer hart am Ball zu bleiben. Das ist mitunter riesig.

Jetzt schreibt jeder für sich zu Hause an Szenen. Danach treffen wir uns, und lesen uns die Schreibe vor. Da geht’s zur Sache. Hart und schonungslos, die Kritik. Aber natürlich nur in der Arbeit. Da ist nichts persönliches dabei. Noch nicht. Jeder muss sich anhören, wie seine Schreibe dem anderen einfährt. Muss sein Zeug auseinander nehmen und neu zusammensetzen lassen. Manchmal. Manchmal ist etwas auch einfach nur gut. Oder Spitze. Es geht darum, ob es «funktioniert» oder nicht.

Zwei von uns kennen das Prozedere. Wir sind es gewohnt. Als ich es vor mehr als 10 Jahren zum ersten Mal erfuhr, hatte ich so meine Schwierigkeiten mit Kritik. Sie war schmerzlich. Sie brannte regelrecht. Scham. Man setzte sich aus. War schutzlos. Jemand sagte z.B.: «Das ist langweilig.» Es gab Autoren, die gegen die Langeweile ihrer Szenen Argumente ins Feld führten. Fand ich sinnlos. Wie will man gegen Langeweile argumentieren? Sie sagten z. B. : «Das hab ich anders gemeint.» Aber, muss sich der Ehrliche eingestehen, es kam offensichtlich nicht so rüber, oder?

Es gibt einen Spruch. Er kommt, wie das meiste über das szenische Schreiben, aus den USA: Writing is Rewriting. Oder ein anderer: Kill your Darlings. Oder mein Liebling: Action is character.

Das ist, genau besehen und angewandt, richtig harter Stoff. Schreiben bedeutet Umschreiben. Kein genialer Wurf, sondern Knochenarbeit. Bring deine Lieblinge um!, meint, dass wir in jenen Szenen, die uns am Herzen liegen, meist am schwächsten sind. Wer es überprüft wird schmerzlich feststellen müssen, dass es wahr ist. Action ist character, ist noch das harmloseste dieser Gesetze. Es besagt lediglich, dass das was jemand tut, seinen Charakter zeigt und nicht das, was er labert. Oder biblisch ausgedrückt: An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen!

Das ist szenisches Schreiben. Wenn man sich daran gewöhnt hat, kein Genie zu sein (und das ist zugegebnermaßen nicht ganz leicht), aber dass sich die Dinge immer verbessern lassen, und derjenige den Willen hat, gute Arbeit zu liefern, zudem seine Kritiker kompetent und an der Sache interessiert sind, der wird in dieser Arbeit eine manchmal fast glücklichmachende Anstrengung finden.

Und das Bier schmeckt danach genau so gut, wie nach vielen Stunden Gerüstbau.

Glaubt mir. Ich weiß, von was ich rede. Wenigstens in dieser Sache.

Dieser Text ist wie eine Amateur-Jamsession mit Bongos

Es gab eine Zeit, da jammten wir. Drei Gitarren, ein Bongo. Oder drei Bongos, eine halbe Gitarre, Maultrommel und Kazoo. Oder zwei Gitarren und eine Bluesharp. Das war klasse. Für uns. Die Spieler. Wir pfiffen oder rauchten was ein und spielten. Manchmal stundenlang. Improvisationen in 4-einhalb Akkorden. Wie Ravi Shankar und John Mclaughlin. Wir fanden ziemlich gut, was wir da abließen. Es fühlte, und hörte sich klasse an. Wir wussten nicht, dass sich so was immer klasse anfühlt. Für diejenigen die’s tun.

Irgendwann einmal kam ich drauf, dass sich das Jammen für die Zuhörer so anließ, wie das bloße Zusehen, wenn ein anderer sein Gewicht in Gold aufgewogen bekam oder in einer dieser pervesen Kabinen stand, wo man nach Scheinen in einem Luftstrom haschen darf. Es machte schläfrig. Und man fragte sich, ist das schon alles? Besser geht’s nicht?

Dies Gefühl wird langsam vorherrschend.

Es ist wie dieser Text hier: Der macht auch nur mir Spaß. Und vor allem werde ich wegen ihm märchenhaft reich. Das finde ich zur Zeit besser als die Jamssessions mit diesen dämlichen Bongos, die inzwischen – glücklicherweise – ausgestorben sind.

Kim Il Sung auf österreichisch

Ende der achtziger Jahre kursierte in der Schweiz ein Österreicher-Witz: «Frage: Warum werden in Österreich keine Plakate gegen Aids ausgehängt? Antwort: Weil es sonst gewählt wird.»

Gute zwanzig Jahre später stellt sich das Problem für die Volkspartei aber ganz ähnlich: Sie polemisiert gegen eine unkommentierte Ausstellung nordkoreanischer Kunst im Museum für angewandte Kunst (MAK).

Sie muss zu Recht fürchten, dass ihre Klientel da ein Problem haben wird.

Bei der Ähnlichkeit, und der despotischen Rückständigkeit der Parteien? Wir verstehen.

Die Sportschau ist eine Mordshow (meines Gemüts)

Gut, also das mit Inter und Bayern war gleich mal klar. Keine Mannschaft der Welt gewinnt gegen Maestro Catenaccio, der vorne liegt. Das Spiel nach dem Führungstreffer weiter zu verfolgen, hat den Reiz eines Torwandschießens, bei dem die Löcher nur handballgroß sind. Vielleicht, vielleicht könnt ja doch einer durchflutschen, wenn man ihm vorher die Luft rauslässt und Ronald Koeman draufhalten darf. Mit zwei Kisten im Rückstand, haben die Löcher dann nur noch den Durchmesser von Tennisbällen. Zappen, heißt es da.

Es gab ja noch den Schwergewichtskampf im «Zweiten». Ruslan «der weiße Tyson» Chagaev, gegen einen australischen Nobody, bereits im 40. Lebensjahr, aber gut in Schuss; und Ruslan, der vor Monaten gegen Klitschko das Schnitzel gab, setzte sich, man mag es kaum fassen, nach Punkten durch. Eigentlich nicht der Rede wert.

Aber da war noch dieser Kommentator namens Ploog (nicht Jürgen Ploog, notabene), ein offenbar sehbehinderter Realsatiriker mit den anatomischen Kenntnissen einer Ringseilspannschraube; einer, der in der Schirenn-Kommentatorenkabine der Österreicher besser aufgehoben wäre (denn dort muss auch nur das Bejubeln der eigenen Mannen beherrscht werden), aber nichts da, der Ploog bestand darauf, mir dies und das zu erzählen: «punktgenaue Haken an den Kinnwinkel» die oben am Schläfenbein einschlugen, «Leberhaken» die über das Schulterblatt wischten, und «klare, harte und saubere Treffer», wo zumindest noch ein ganzer Handschuh, wenn nicht ein paar Kubikmeter faulige Atemluft  der am Ring lagernden Fernsehprominenz, dazwischen war.

Alles ganz deutlich zu sehen. Aber auch die Zeitlupe schien den Mann nicht bekehren zu können. Seine Ignoranz war äußerst bemerkenswert oder vielleicht las er seinen Stiefel von einem Blatt mit Brailleschrift runter? Wer weiß das denn so genau?

Sport ist Mord. An meinem Gemüt. Aber wir lassen uns da ja gefallen. Fernsehboxen. Fernsehweltmeister. Boxen ist, wenn Uschi Glas an einem Proseccokelchchen nippt, während ein Teilgehirnamputiertes Dschungelcamp-Sternchen mit überschießendem Östrogenspiegel sich von Udo Waltz erklären lässt, dass dies kein Theaterblut sei, was da aus der Augenbraue des Fighters fließt.

Nun ja, Mike Tyson hat das «Klitschkoschnitzel» Chagaev offenbar noch nicht wegen Rufmordes verklagt und so werde ich wieder einschalten, wenn der Ruslan gegen den David Haye antritt. Ich werde Zeuge eines Karriereendes werden, leider (vermutlich) nicht der des sehbehinderten Fan-Kommentators, aber man ist ja schon zufrieden, wenn man diese Zumutungen überleben tut.

Tuli Kupferberg lebt!

Gestern Nacht vernahm ich äußerst angenehme Worte:

Carl Weissner, Fritz Ostermayer, Bob Dylan, Charles Bukowski, John Thomas, Linda Lee, Sean Penn, Lou Reed, William Bourroughs, Frank Zappa, Jimi Hendrix, Manhattan, Brooklyn Bridge, The Fugs, Allen Ginsberg, Jack Kerouac, Hubert Huncke, Anne Waldmann, Florian Flicker, Valentin HItz, Wolf Wondratschek, Franz Dobler, Leroy Jones, Heroin, Amphetamin, Alkohol, Drogen, Ed Sanders, Leibwächter, Woody der Pferdepfleger, John Martin, massiver Sarg, noch ein Bier, Poetry, Cut-up, Tanger, Whiskey, Einsamkeit, Liebe, Shit, Zunge, Arschloch und Tuli Kupferberg.

Am Besten gefiel mir: Tuli Kupferberg. Er ist der Mann, der von der Brooklynbridge sprang und es überlebte. Danach streifte er durch Chinatown, auf der Suche nach einem der ihm ein Bier ausgab.

Heute scroogelte ich Tuli Kupferberg, den Mann von «The Fugs» und las, dass er, Jahrgang 1923, noch lebte. Ein Schlaganfall 2009 hatte ihn erblinden lassen. Ich schätze, einer der von der Brooklyn-Bridge springt, wird niemals sterben. Wie Jack 13, der es von der Fürstenlandbrücke tat.

Sunday moaning comin› down – Poetry

Florian Günther (*1963) in Berlin-Friedrichshain.

Wikipedia schreibt unter anderem: Nach abgeschlossener Druckerlehre arbeitete er u. a. als Totengräber, Anstreicher, Chauffeur, Paketsortierer, Bauarbeiter, Lager- und Fließbandarbeiter, Buchverkäufer, Pizzafahrer und Grafiker. 1983 war er Sänger der Ostberliner Punkband Klick & aus.

Er veröffentlichte bislang 6 Gedichtbände die alle bei der Edition Lükk Nösens (www.edition-luekk-noesens.de) oder im Buchhandel zu beziehen sind. Wer Florian Günther hören und sehen möchte:
http://www.youtube.com/watch?v=yM-iDtQlrMg

Wer mehr lesen möchte, nehme sich nochmal den Blog vom 31. März «Mir kann keiner» vor.

Das folgende Gedicht stammt ebenfalls aus dem Band «Mir kann keiner».

Merde pour la poésie

Er starb als Waffenschieber,
Sklavenhändler und einbeiniger Krüppel
gelähmt in Marseille, wo
die Sonne runterbrennt, als
ginge es um
alles oder nichts.

Ein blondgelockter Engel,
mit 18 Jahren schon
so perfekt, dass es sich nicht mehr
steigern ließ.

Arthur, du warst ein
schwieriger Mensch, und
dass ich dir nie begegnet bin, macht
mir nichts aus.

Doch dass ich nicht die
Kraft aufbringe zu verstummen,
beschämt mich jeden Tag
aufs Neue.

Wer in diesen Tagen an Kirchen vorbeigeht

Wer in den letzten Tagen an einer der gefühlten 1000 katholischen Kirchen Wiens vorbeiging, ein Umstand, der sich kaum verhindern lässt, erlebte Seltsames. Wer dann noch seine Ohren spitzte und eine Weile vor den Holztoren inne hielt, glaubte Stimmen zu vernehmen. Es klang wie gemurmelte Gebete. Wer danach nicht gleich weiterging und angestrengt horchte, mochte seinen Ohren nicht trauen. Er glaubte dieses Gebet zu hören. Ganz deutlich:

«Wir danken dir o Herr, dass du uns nicht im Stich gelassen und dieser infamen, sexualisierten Welt die Griechenland Krise geschickt hast.»

Und es geschah, wie es geschehen musste: Die prügelnden und lügenden und missbrauchenden Kirchenmänner wurden aus den Berichten der Medien getilgt.

Der «kleine Mann» und ich

Als mein Bart noch kein Bart war, hatte ich eine Schwäche für den «kleinen Mann». Diese Schwäche hatte allerdings eine starke Schwachstelle: Sie war irgendwie ideologisch. Der «kleine Mann», sagte diese Ideologie, ist ein guter Mann. Soviel zur Ideologie. Der «kleine Mann» war aber nicht gut. Wenigstens nicht zu meinesgleichen. Der «kleine Mann» sagte zu uns: «Integriert euch endlich!» Damit meinte er, wir sollten uns seinen Wertevorstellungen unterwerfen. Dann sagte er noch: «Lass dir die Haare schneiden, du verlauster Hippie-Gammler-Nichtstuer-Parasit!»

Später, als ich dann den Wehrdienst verweigert hatte, rief der «kleine Mann»:»Typen wie dich sollte man mit einem rostigen Büchsendeckel kastrieren!»

Aber wir liebten ihn weiter, den «kleinen Mann». Wir waren unverbesserlich in unserer «kleinen Mann»-Liebe. Wir suchten ihn dann auch im Süden. In Griechenland zum Beispiel. Da war er auch. Da fuhr er Taxi und legte uns rein. Kein Problem. Unsere Liebe war beinahe glühend. Nun, wir liebten vielleicht eher die Vorstellung vom «kleinen Mann». Das Idealbild. Das Ideal des Volkes. Der Rechtschaffenheit. Des Antiintellektuallismus. Denn Intellektuelle waren suspekt. Aber der kleine Mann hatte damals, als mein Bart noch kein Bart war, nicht so viel zu reden.

Heute ist das anders. Heute betet hierzulande so ungefähr jeder Politiker dieselben Dummheiten nach, die der kleine Mann beim Saufen am Stammtisch hinaus proletet. Nur meistens noch ein bisschen dümmer.

Was hat denn zum Beispiel der englische Premier Gordon Brown schon verbrochen?

Man hat ihn vor eine «kleine Frau» gestellt, die sich über Ausländer beklagt und ihn damit richtig festgenagelt hat. Danach sagte Brown zu seinen Mitarbeitern: «It was a desaster.» Und dass die «kleine Frau» eine ziemlich bornierte Person sei. Lag er damit etwa falsch? Wohl eher nicht. Aber so was kann einen heute die Wahlen kosten. Da wird der «kleine Mann» und die «kleine Frau» schön grantig, wenn ihnen solche Sachen zu Ohren kommen. Sie werden auch grantig wenn man ihnen sagt, dass man verblödet, wenn man nur noch die Scheiße reinzieht, die aus dem Fernseher rauskommt, und, dass einem nicht die Eier abfallen, wenn man sich für etwas anderes interessiert als für’s Häuselbauen und den Urlaub.

Ist der «kleine Mann» nichts anderes als ein Synonym für den unbedingten Willen zur Verantwortungslosigkeit und Alimentierung durch Staat, Clan oder einen Führer?

Whatever. Der «kleine Mann» ist wichtiger denn je.

Der «kleine Mann» wird möglicherweise in Griechenland die Regierung hinwegfegen. Er ist grantig. Er hat sich ein neues Auto gekauft und ein Haus, und jetzt weiß er nicht wie er seine Schulden bezahlen soll. Er findet, jemand anderes sollte das für ihn tun. Schliesslich hat ihm die Kredite ja aufgedrängt. Denn der «kleine Mann», und das bestätigt ihm täglich jeder Politiker, hat keine Schuld an den Zuständen. Es sind die anderen. Wer? Die anderen eben. Er will ja nur das Beste aller Leben. Das hat er sich verdient. Die anderen sind korrupt. Er tut ja nie niemandem nichts. Er liest ja nicht mal ein Buch.

Der «kleine Mann» und ich. Ich habe ihn in vielen Jahren studiert: In Fabriken, auf Baustellen, in Lagerhallen, Büros, in Almhütten, als Taxifahrer «Linkmichel» und so weiter. Es ist zwecklos. Wir werden keine Freunde mehr werden.