Ich frage mich

Die Weltgemeinschaft pumpt massig milliardenschwere Hilfe nach Afghanistan, wo die Bevölkerung hungert.
Ich frage mich, und alle anderen, ob sie das tut, um der Talibanregierung, die eigentlich – nach dem vermutlich irrigen westlichen Verständnis – für die Bevöljerung zuständig wäre, in Ruhe dem einzigen nachgehen können, was Taliban wirklich gut können: Unterdrücken, foltern, amputieren, erschiessen, köpfen und beten.

Wir haben die Penunze, die Taliban das Talent.

Madness keeps on truckin’.

Virulentes Problem

Nach dem Filmset-Schießunfall auf der Bonanza-Creek-Ranch, werden, wie man so hört, Stimmen laut, die Waffen in Filmen überhaupt verbieten wollen.
Recht so. Denn auf den Filmsets ist, wie wir alle wissen, das Waffenproblem der USA wirklich virulent.

Cancel-Culture

Ganz abgesehen davon, dass die Antisemtin Sally Rooney verfügt hat, dass ihre Bücher – die in etwa 46 Sprachen übersetzt sind–, nicht auf hebräisch erscheinen dürfen, da sie mit der Politik Israels nicht einverstanden ist, muss man doch auch sagen, dass die israelischen Leser Glück haben, dass dieser literarische Bocksmist, nicht auch noch in ihrer Sprache erscheint.

Was heute in Cancel-Culture-Kreisen wirklich von Belang ist, hat „Charlie Hebdo“ neulich klar gemacht:

Mann1: Man hat tausende Seiten von Céline wiederentdeckt! 

Mann2: Genial! Gut, ein bisschen antisemitisch, nebenbei bemerkt. 

Frau1: Aber nicht antifeministisch. 

Mann3: Und nie transphob!

(Übersetzung: Franz Dobler)

Wetten, doch!

Es gibt immer vorpreschende, nennen wir sie Interessenvertreter, die sich für die Legalisierung von Cannabis stark machen. Nun gut, das sei ihnen unbenommen, das kann man durchaus tun, wenn man sonst nichts besseres zu tun hat.

Ich kenne die Forderung seit 1971, als ich selber viel von dem Zeug zu mir nahm. Ich war natürlich auch für die Legalisierung. No na, wie man hier zu sagen pflegt, denn der Konsum konnte einen die Lehrstelle kosten, den Rausschmiss aus dem Lehrlingsheim, aus dem gemieteten Zimmer, konnte einen gar in den Knast bringen. Damals. Mal ganz abgsehen von dem Ärger, den man sich mit Familie und Freunden und Cops einhandeln konnte. Ich war 15 oder 16 und deswegen, mit vielen anderen Kiffern, ziemlich paranoid.

Unsere Argumentation war dieselbe, wie die, die ich heute immer wieder zu hören bekomme: Staatliche Abgabestellen, legalen Shit aus der Apotheke, MaryJane aus dem zertifizierten Bioladen, usw. würden den illegalen Straßenhandel Handel killen, und außerdem könnte der Staat seinen Steuersäckel füllen. Und die Drogenkriminalität mit all ihren grausamen Auswüchsen würde massiv eingedämmt, wenn nicht gar ausgerottet.

Natürlich ist das Bullshit, wie die Berichte aus den US-Staaten, in denen der Shit legal ist, zeigen. Der Straßenhandel blüht wie nie zuvor. Man nennt es auch Konkurrenz. Freie Marktwirtschaft. Der staatliche Stoff ist teuer. Steuern, Ladenmieten, usw. Und da das Zeug legal ist, hat der Dealer auch kaum etwas zu befürchten.
Das Mantra unserer Zeit ist schlicht: Mehr. Einfach mehr.

Es ist ein wenig wie beiden guten Menschen, die seit Jahren eine „geregelte Migration“ fordern, sozusagen mit Zertifikat. Keine Illegalität mehr. Es ist derselbe Irrtum, wie beim legalen Cannabis. Mehr.

Und so werden wir immer und immer wieder dieselben, widerlegten Argumente hören. Sie klingen einfach zu gut, um sie den Fakten zu opfern.
«Wenn’s keine Waffen gäbe, gäb’s keine Kriege.»
Wetten, doch!

Das Sprüchemuseum (130)

«Ob und in welcher Form diese Gegenleistung tatsächlich gewährt wird, lässt sich aber nicht einfach über einen Kamm scheren.»

derstandard

Wir sagen: Wieder einmal schlägt der Gaul dem Fass den Boden aus. Das Leben ist halt doch kein Ponylecken.

Leid tun

Ich nähere mich langsam dem Alter, wo ich doch froh bin, dass ich niemals ein Indianer(American natives)-Kostüm getragen habe, und es deswegen auch keine Fotos davon gibt.
Ich war immer ein weißer fuckin Cowboy. Ich hatte einen Colt und ein Bowiemesser, ein Lasso und eine Peitsche.
Aber zur Zeit dilettiere ich auf der Gitarre an Bluestücken von Hendrix, B.B. King und anderen nicht weißen Musikern.
Dann hab ich auch noch James Baldwin in der Übersetzung eines weißen Mannes gelesen.

Das wird mir vermutlich noch leid tun …

Matthyas Jenny (1945 – 2021)

Kein Nachruf.
Meine erste Begegnung mit Matthyas Jenny, 1980.

Aus: „Schreiben, Selbstbild mit Tier»

Matthyas Jenny war nicht groß und auch nicht klein, aber er wirkte kompakt und stark, und man glaubte ihm all die Geschichten von Prügeleien in Gefängnissen und auf den Trips nach Fernost und USA, über die er geschrieben hatte. 

Nun lag er in seinem Sessel und sah aus, als würde er in den nächsten Sekunden einschlafen. Seine ausgestreckten Beine zeigten in Richtung des kleinen runden Tischs in der Mitte des Zimmers, auf dem eine massive Schreibmaschine stand. Um sie herum gruppiert, die senkrecht gestellten Filter einer Menge heruntergerauchter Marlboros, so, wie es seine Tochter Zoe, viele Jahre später in ihrem ersten Roman „Das Blütenstaubzimmer“ beschrieben hatte. „Eine Armee kleiner Soldaten“.


Während er mich schläfrig und ironisch musterte, las ich im Stehen die Seite die auf der Walze der Maschine eingespannt war. Es waren einige Zeilen aus dem Roman „Postlagernd“, der bald bei MARO herauskommen sollte. Ich machte eine Bemerkung zum „lyrischen Stil“ seiner Prosa. Aber tatsächlich war ich beeindruckt und ein wenig schockiert. Es war das erste Mal, dass ich einen Blick auf das Typosskript eines richtigen Schriftstellers werfen konnte. Und das, was ich da las, war umso vieles besser als das was ich schrieb, es war schlicht und bildhaft, hart, direkt und es ging um Leben und Tod.

Matthyas Jenny war gut zehn Jahre älter als ich, hatte einen seltsamen Humor, der sich um die Absurditäten und die Vergeblichkeiten des Daseins rankte, und er war sozusagen der Literaturhäuptling der Stadt.

Direkt unter uns, im Keller, befand sich Jennys „Nachtmaschine“ die Druckmaschine, mit der er die Bücher seines „Nachtmaschine“-Verlags druckte. Und er hatte das von John Giorno erfundene Poesietelefon in die Schweiz, nach Basel, gebracht. Wer die richtige Nummer wählte, konnte sich gelesene Gedichte anhören. Außerdem pflanzte er jedes Jahr den Baum der Poesie, und zog seine beiden Kinder allein groß.

Es war zwei Uhr morgens und ich war leidlich betrunken. Ich hatte im „Wilden Mann“ meine Entlassung gefeiert. Denn die Nacht zuvor hatte ich in einer Gefängniszelle verbracht. Cops hatten mich um drei Uhr morgens beim Wildpinkeln aufgegriffen. Und da ich die „Ich-will-ihre-Dienstnummer-habenNummer“ zur Aufführung gebracht hatte, hatten sie mich in den Streifenwagen verfrachtet, und auf dem Posten gefilzt, Gürtel und Schuhe abgenommen, und erst am nächsten Morgen wieder entlassen. Nicht ohne mir zum Abschied einen Bussgeldbescheid wegen „Ordnungswidrigem Verrichten der Notdurft“ in die Hand zudrücken. Das war  komisch. Denn die ganze Gegend, die Gehsteige, die Straßen, die Rinnsteine, alles, war von Hundekot gerade zu gesprenkelt, wie von glitschigen Rostflecken überzogen. 

Das war die Geschichte die ich Matthyas Jenny erzählte, obschon ich ihm lieber erzählt hätte, dass ich auch schrieb, auch Gedichte verfasste, aber ich erzählte es nicht, denn ich ahnte und fürchtete, dass meine Gedichte nicht gut genug waren. Und als ich nochmal die Seite in der Maschine las, wusste ich es bestimmt.

Matthyas Jenny rutschte immer tiefer in den Sessel hinein, während er sich meine Copsgeschichten anhörte. Sein Blick unter den halbzugefallenen Lidern ruhte nun auf mir, wie auf einer Beute. Meine Geschichte beeindruckte ihn nicht.
Als ich das letzte Mal, sagte er, Ärger mit einem Polizisten hatte, sagte ich zu ihm, dass ich in seinem Job genau so frustriert wäre, wie er.

Dann stand er auf und zeigte mir einen Brief von Charles Bukowski, in dem der sich für die Beedies, die kleinen indischen Zigaretten, bedankte, die Jenny ihm nach Deutschland geschickt hatte,  damals, auf der legendären „Ochsentour“-Lesung in Hamburg.  

Bevor ich mich wieder auf den Heimweg machte, überreichte er mir ein dünnes Buch. Es kam quasi druckfrisch aus der „Nachtmaschine“. Es hieß: „Requiem für einen Goldfisch“ von Jörg Fauser. 

Ich habe es noch in derselben Nacht gelesen.

Regieren aus dem Knast (3)

Laut einer Umfrage würden die meisten Östreicherinnen, die den Basti Kurz gewählt haben, ihn wieder zum Kandesbrunzler oder auch Bundeskanzler wählen.
Warum auch nicht?
Sie gleichen den Coronaleugnern, die mit der Covid-19-Infektion im Spital landen, und die dort erst recht die Existenz des Virus leugnen (Mit großer Wahrscheinlichkeit waren es wieder mal die Juden. Wer sonst?).
Abgesehen davon, dass ich nicht wählen kann, sehe ich das Prinzip „Ein-Mann/Frau-eine-Stimme“ mehr als kritisch.
In einer Diktatur kommt es auf die Stimmen von Schwachköpfen ebenso wenig an, wie auf die der anderen. Das wäre, zu aller Diktatur-Scheiße, doch auch was Positives. Oder?