Vollklimatisierte Halbidiot*innen?

Könnte irgendjemand den Wetterärschen im ORF stecken, dass es in dieser Affenhitze eine Menge Leute gibt, für die 33 Grad plus keinen „Badespass“ versprechen, und auch kein „Badewetter“ sind, sondern Zeiten in denen es darum geht, irgendwie zu überleben. Und zwar nicht im übertragenen Sinn, sondern konkret.

Unprivilegierte Leute in engen Wohnungen, alte Leute, in noch engeren Wohnungen, ohne Grün vor der Tür, kein Garten, kein Luftzug, sondern nur die Backofenhitze der Stadt. 32 Grad im Wohnzimmer, 29 Grad zum Schlafen.

Einige werden daran sterben, andere durchdrehen.

Und wenn ihr klimatisierten Wetterärsche nicht auf euer „Badewetter“ verzichten könnt, dann meldet doch auch bei Murenabgängen, Hochwasser und weggespülten Häusern: «Wir können uns über Abkühlung freuen».

Empathie ist nicht so schwer. Versucht es mal …

Wandern und wundern (1)

Habe ich Angst? – Vor Kühen?

Anfang der 80er Jahre wurde mir der Job eines Almhirten angeboten. Almhirte, ich? Never. Ich wollte nicht. Es war damals angesagt, sich als Senner und Hirte zu verdingen. Back to the roots, sozusagen, zurück zu den Ursprüngen der „Swissness“. Oder so. Damit wollte ich nichts zu tun haben.
Ich sagte trotzdem zu, denn ich steuerte geradewegs auf die Obdachlosigkeit zu, außerdem war ich pleite, und mein Körper und mein Geist waren von diversen, fortgesetzten Exzessen aufgeschwemmt und abgeschlafft. Ein Sommer als Hirte, würde all diese Probleme mit einem Schlag beseitigen. Unterkunft, Geld, und sichere Distanz zu den „Verführungen» der Großstadt.

Meine Kenntnisse der Hirterei waren nicht dürftig, sie waren nicht existent. Der Almmeister gab mir  vor Ort äußerst vage Ratschläge, und umriss grob die Aufgaben meines Jobs. Und schon ging’s los. 72 Stück Jungvieh. Kälber und Färsen. 

Dieser Job geriet zur schmerzvollsten Erfahrung meines bisherigen Lebens. Und wurde doch die beste aller Erfahrung. Ich setzte mich in der Herde durch, wurde das Leittier. Ein Tier unter Tieren. Den Hund, den man mir als Unterstützung angedient hatte, lehnte ich ab. Hunde sind okay, aber ich ahnte, dass ich genug mit mir zu tun haben würde. Einen jungen, möglicherweise noch unerfahrenen Hund, konnte ich nicht brauchen.

So lebten wir drei Monate in den Bergen. Die Tiere  – und auch ich – entwickelten sich in dieser Zeit. Wir wurden fit. Und – wild. 

Als ein befreundeter Hirte seine großartig ausgebildete Bergamaskerhündin losschickte, um sechs meiner Färsen zu treiben, bildeten diese einen Halbkreis und stießen mit ihren Hörnern nach dem Hund, der hilflos kläffend und erfolglos hin und her lief. Die Färsen wussten nicht, was ein Hirtenhund war. Es könnte irgendwas sein. Auf jeden Fall würde man dieses Etwas töten, wenn man es mit dem Horn erwischte. Ich musste hinuntersteigen und sie selber holen.

 Ein ahnungsloser holländischer Wanderer beschloss einige Tage später, auf der Alm sein Zelt aufzuschlagen und da zu nächtigen. Es dauerte nur Minuten, bis die Tiere das Zelt entdeckt und zertrampelt hatten. Seine Versuche, sie zu verscheuchen, misslangen. Sie reagierten einfach nicht auf das Schwenken eines Tuchs, und seine peitschenden Hiebe mit dem Wanderstock. 

Es genügten also wenige Wochen in Freiheit und menschlicher Absenz, um die domestizierten, harmlosen, schreckhaften und leidlich folgsamen Kälber und Färsen in eine Art Wildrinder zu verwandeln. Ich mochte das. 

Aber wenn ich heute auf meinen Wanderungen Weiden mit Rindern zu queren habe, beobachte ich durchaus nervös das Verhalten der Tiere. Es müssen nicht mal „Weidefleischrinder“ mit Kälbern sein. Egal, ich traue ihnen nicht mehr. 

Niemals zuvor, auch nicht als Kind, habe ich mich vor einer Kuh gefürchtet. Kühe waren gutmütige Tiere, die brav ihren Platz im Stall ansteuerten, denen man die Kette um den Hals band, die man hin wieder striegelte und die gröbsten trockenen Köttel vom Hintern schabte, Gras in die Krippen schippte, und ihrem mächtigen schnaubenden Atem zuhörte.

Aber das ist irgendwie nicht mehr so. Heute weiß der Wanderer nicht mit Bestimmtheit, wen er da im Gras lagern sieht. Denn auch der Kontakt zwischen Landwirt und Tier ist nun eher maschinell, denn kreatürlich. Oder gar liebevoll. Wie damals. Das wirkt sich aus.

Also quere ich die Weiden wachsam und schnell, und bin darauf bedacht, Abstand zu halten. 

Es ist alles ein bisschen seltsam. 

P.S. Als wär’s ein Kommentar zum Text:

https://www.derstandard.at/story/2000127353372/kuehe-attackierten-laeufer-im-bezirk-neunkirchen

 

 

Fuckin’ EM is

Es ist EM. Und heute spielt die Türkei gegen Italien.
Ich hoffe, Italien gewinnt. Deutlich, bis kanterig.
Erstens, weil ich für Italien bin.
Zweitens, weil ich eine gewisse Schwäche für nicht lärmzerrissene Nächte habe.
Man nennt das infernalische Phänomen euphemistisch: Autokorso.
Und wenn die Wiener-Türken-Fans auch nur ein Unentschieden ihrer Mannschaft sehen, werden sie die Stadt mit ihren idiotischen, unfassbar stupiden Hupkonzerten durchpflügen, als hätten sie bereits die EM gewonnen. Wir erinnern uns sehr gut, an die letzten Gelegenheiten.

Ich überlege, von jeder Nation eine große Fahne zu kaufen, und nach jedem Spiel mit ihr und meiner handbetriebenen Tröte die Siegernation mit einem Ein-Mann-Fußgänger-Corso zu ehren. Nächtens.

Man darf Wetten abschließen, wie lange mir das gestattet wird.

Das Argument, dass man den Türkenfancorso nicht stoppen kann und will, wird dasselbe sein, wie bei den illegalen Aktionen von Coronazis und Covidioten: Es sind zuviele. Darum muss sie gewähren lassen.

Bei mir wird’s reichen, dem Gesetz Genüge zu tun …

22h53
P.S. Grazie Azzurri. 3:0
Questa notte sarà tranquillo.

PPS. Und so war’s dann auch.

Das Sprüchemuseum (126)

«Schalko begibt sich einmal mehr in die Tiefen des Menschseins. Die Serie hat am Mittwoch bei der Berlinale zweite Premiere und stellt sich bewusst gegen Netflix-Einheitsbrei.»

Doris Priesching, derstandard

Wir sagen, nein wir fragen: Hat die Autorin je eine Serie von Netflix gesichtet? Oder gar eine von Schalko? Sieht nicht danach aus. Oba mocht nix. Hauptsache das Ding ist österreichisch, und nicht so ein Ami-Schmarrn. Stimmt’s?

So einer war ich auch einmal

Nach fast einem Jahr Unterbruch, bin ich seit letzter Woche wieder im Gym anzutreffen. In der Fehlzeit habe ich mich mit Liegestütz einigermaßen in Form gehalten. Im Schnitt so 100 St. pro Tag. Korrekte Ausführung, kein Schummeln, keine Erleichterung.

Nach einer so langen Pause ist normalerweise ein vorsichtiger Einstieg gefragt, also höchsten 50% der zuletzt aufgelegten Gewichte. Langsame Steigerung. Von Training zu Training. Aber Liegestütz sind DIE Übung. Für den ganzen Körper. Nach fast einem Jahr kaum Kraftverlust. Und volles Einsteigen. No Muskelkater at all.

Der glücklichmachende Pumpeffekt danach. Die gelassenmachende Müdigkeit auf dem Nachauseweg. Die Bäumepracht im Park des Palais Schönburg. Man kann sie erst nach einem Training erkennen.

Ich habe mir die Mühe gegönnt, mich auf Tutorials wieder mal anzusehen, wie die einzelnen Übungen korrekt durchzuführen sind. Die Erkenntnis schlich sich ein, dass ich vorher zumeist nicht ganz sauber gearbeitet habe.

Das ist vielleicht einer der netten Veränderungen des Alters: Man akzeptiert, dass Dinge schwierig sind, und das beim Lernen dieser Dinge Geduld und Übung gefragt sind, und es Zeit braucht, bis Resultate sichtbar werden.

Wie auch immer. Ich sehe mir im Gym die Jungen an, wie sie alles falsch machen, wie sie sich, um der Show willen, um die Schmerzen drücken, mit Schwung arbeiten, abfälschen, unvollständig wiederholen, alles nur, um ein paar Kilo mehr aufzulegen, zwei Wiederholungen mehr zu schaffen.

So einer war ich auch einmal.