Es fällt mir schwer

Ich gebe es zu, es fällt mir zunehmend schwer, die ganzen Smombies, die Zeitgenossen die permanent mit der Fresse auf dem Handy liegen, als Menschen wahrzunehmen. Und es sind nicht nur Touristen, die durch die Gegend tappen und das Schloss Belveder suchen, sondern auch alle anderen.

Keiner von ihnen wirft einen Blick in den Park des Palais Schönburg, niemand sieht das grüne Gras mit den Blumeninseln, die Triebe an den Bäumen, die sich zu süßen grünen Blättern entfalten; ich bin sicher, sie sehen gar nichts.

Die sichtbare, die wirkliche Welt hat sich überlebt, sie ist nur noch, wie es so schön heißt „Kulisse“. Kulisse für das, was in den Souschelmidiias abgeht, für das Flickern, Flackern, Flunkern von „CandyCrush“. Aber eigentlich ist sie nicht mal das. Sie ist nur noch das Ärgernis der Anstrengung um die Distanzen zu überwinden.

Die Smombies sind auch im Gym die absolute Mehrheit. Wenigstens haben sie Kopfhörer auf. Riesige Kopfhörer. Sie sehen aus wie irgendwelche Aliens in Perry Rhodan-Filmen, oder wie Affen, in einem Versuchslabor für schmerzstillende, sedierende Drogen.

Meine Tochter versteht nicht, was ich habe. Und ich verstehe sie. Ich bin schon so alt, dass ich mich gut an das Bakelit-Telefon erinnere, das bei uns im Gang auf einem Holzbrett angebracht war, und das man zweimal klingeln ließ, wenn man auf einer Reise gut am Ziel angekommen war. Auswärtsgespräche waren zu teuer. Außer zu bestimmten Zeiten, dann wurden die entfernten Verwandten angerufen. Für einen kleinen Schwatz.

Und es war genau so, wie es in dem schönen neuen Roman von Franz Dobler „Ein Sohn von zwei Müttern“ beschrieben ist: Gebadet wurde am Samstag. Die ganze Familie. Und die Kinder stiegen nacheinander ins selbe Badewasser. Und niemand hat sich deswegen gegraust.

Nein. Keine Nostalgie. Oh, no.

Wenn ich in der Jungfraubahn sitze, und von Lauterbrunnen nach Wengwald fahre, sehe ich die Smobies aus Korea, aus Saudiarabien, aus China und Indien, aus Texas und Castrop-Rauxel, wie sie in ihre Handys stieren, während draußen eine der schönsten Berglandschaften der Welt sich auftut.
Manche filmen, aber die meisten kriegen ihre Fressen nicht aus dem Display.

Es fällt mir schwer in ihnen Menschen zu sehen. Und es mir egal, was mit ihnen geschieht, so wie ihnen der Anblick der Berge egal ist. Niemand weiß, warum sie überhaupt hier sind. Und sie wissen es erst recht nicht.

Es wäre schön, wenn sie alle zuhause blieben, und wenn es sie gelüstet nach Wien zu kommen oder in die Berge zufahren, sie einfach ihr Phone einschalten würden, um sich den Shit dort drin anzusehen, und mir so ihren Anblick zu ersparen. Denn ich muss sie sehen. Oder in mein Handy starren.
Oder mich ganz nah an die Tür stellen, und aus dem Fenster auf das Wunder dieser Welt zu blicken.

Das Sprüchemuseum (160)

Der Autokrat Putin wird zum Opfer seines Weltbilds.

Spiegel online

Wir sagen: Es ist mehr als erstaunlich, wie nach mehr als zwei Jahren Terror gegen die Ukraine, und mehr als 10 Jahren Annexion der Krim, es immer noch Wappler-Schurnis gibt, die tatsächlich der Meinung sind, dass der Drecksack im Kreml «das Opfer seines Weltbildes ist», und nicht etwa die massakrierten Ukrainer.

Wie ignorant muss man sein, um Spiegelschurni zu werden? Reicht ein IQ von 45? Oder ist der bereits überqualifiziert?

Freude

Es gibt ein Stück kultivierter Natur auf meinem Weg in den Gym. Es ist ein Park, umfriedet von hohem Eisen und einer hüfthohen Mauer. Ganz hinten hockt das Palais Schönburg. Im Winter schafft es die Morgensonne nicht übers Dach, aber jetzt schon. Es ist die einzige Natur für mich. Oft für Wochen, aber dafür jeden Tag zweimal. Von Osten nach Westen und dann, auf dem Rückweg, von Westen nach Osten.

Es gibt einige alte große Bäume, deren Namen ich nicht kenne, da ich nur ganz wenige Bäume benennen kann. Das Gras darunter ist bereits grün. Verteilt auf dem Gelände gibt es kleine Blumeninseln, und die Bäume – wie man so sagt – schlagen aus. Ich kann jeden Tag die Veränderung, den Erblüh-Fortschritt erkennen.
Das freut mich.

Ganz in der Ecke des Geländes, nahe des Zauns, steht ein großer Baumkerl. Nichts besonderes, eher durchschnittliche Figur; ordentliche, aber nicht überladene Krone. Das Auffallende an ihm ist, dass er – wenn die anderen schon voll grüner Triebe und Blätter sind – noch immer nichts in dieser Richtung Blühen unternommen hat.

Vor zwei Jahren hab ich mir Sorgen um ihn gemacht. Ist er krank? Stirbt er gar? Was ist los mit dem Burschen?
Aber als all seine Kollegen schon voll beblättert waren, sah ich eines Tages das erste süße Grün in seinen Ästen. Das freute mich sehr. Und einige Zeit später, stand er in voller grüner Pracht und lächelte mir zwinkernd zu.
Ich gehe davon aus, dass es auch dieses Jahr so sein wird. Alle Anzeichen weisen darauf hin.
Es wird Frühling. Und nicht mal Putin kann das verhindern, obschon er dafür die Ukraine verantwortlich machen wird, dass sie uns, den Westlern, etwas Freude bereiten könnte …falls die mal die Fresse aus ihrem Phone heben würden …

Widerwärtig

In schweizer-deutschen -und österreichischen Nachrichtenbsendungen überwiegt, wenn es um Gaza geht, eindeutig „Hamas-TV“.
Da sehen wir dann, die Armen, die Frauen, die ausgemergelten Kinder um eine dünne Suppe anstehen, so wie es in Europa in der Zwischenkriegszeit üblich war. Oder jetzt gerade auch in den USA.

All das wird uns gezeigt, damit wir, der Westen endlich dem Elend ein Ende bereiten, und erstmal noch mehr HIlfslieferungen entsenden.

Es gibt aber auch ein anderes TV, außer jenem von „Hamas“. Gesehen in „Arte“. Lange, lange Reihen improviserter Verkaufsstände in den Straßen von Gaza, aufgetürmte Konservendosen und große Stapel heller Säcke, mit der Aufschrift „Not for sale“, portionierte Menues und anderes mehr, alles ganz offensichtlich aus HIlfslieferungen stammend. Vermutlich das, was die Hamas ihren Anhängern zum Verkauf überlassen hat. Zum dreißigfachen Preis, wie der Kommentar besagt.

Solidarität mit Palästinensern wenn es gegen Israel, Juden und den Westen geht, und ansonsten Solidarität mit dem Reibach, der mit eigenen Bevölkerung erzielt wird.

Widerwärtig.

Keine Hilfslieferungen für Gaza! Bis diese Lebensmittel umsonst ausgegeben worden sind!

Gedicht für Bukowski

Am 9. März 1994, vor dreißig Jahren, starb der große Dichter Charles Bukowski)

Gedicht für Bukowski
(nach Bukowskis „Gedicht für Dante“

Bukowski, Baby, das Inferno
ist hier und jetzt
Ich wünschte, du könntest
es sehen. Wir haben die Macht
die Welt in die Luft zu sprengen
und jetzt erkunden wir die
Möglichkeit, sie zu verlassen,
doch die meisten werden
hierbleiben müssen und
sterben. Entweder durch die Bombe
oder die Leichenhaufen
oder was sonst noch
hingekippt wird –
Scheiße und Glas und Ruß.
Bukowski, Baby, das Inferno ist
hier und jetzt.
Und die Leute sehen sich
noch Rosen an, fahren Fahrrad,
sorgen sich wegen KI,
kaufen Häuser und Gemälde,
sie werden auch weiter
kopulieren, überall,
und die Jüngeren
sehen sich um und
schreien nach einer
besseren Welt, wie es
die Jungen immer getan
haben – dann wurden sie
alt und haben das gleiche
Scheißspiel mitgemacht.

Nur sind inzwischen die
schauderhaften Verbrechen
der Jahrhunderte angewachsen
zu einer Belastung, die wir
nie mehr abtragen können.
Manche versuchen es noch.
Wir nennen sie Heilige,
Dichter, Verrückte, Narren.
Bukowski, Baby, o Bukowski, Baby
du solltest uns jetzt mal sehen.

Alte Schule – Blumberg 3

Ich geb hiermit bekannt, dass in den nächsten Tagen mein Roman noir „Alte Schule – Blumberg 3“ bei Edition BAES erscheinen wird.



Inhalt: Wie? Isa Blumberg soll keine fiktive Romanfigur sein? Soll sie doch in einer entlegenen Gegend verwirrt und unter einer Teilamnesie leidend aufgegriffen, und in den Steinhof, Wiens Psychiatrie, verfrachtet worden sein.
 Ein Autor der „alten Schule“, von Verleger Moss „Junge“ genannt, soll nun auf Basis von Blumbergs Erzählungen den dritten „Blumberg-Roman“ schreiben. 
»Junge“ besucht Isa Blumberg, die absonderliches, schauriges und abenteuerliches zu berichten weiß. Aber um die ganze verrätselte Geschichte aufzudecken, muss der Schriftsteller den Schreibtisch verlassen. Das kann gut gehen. Muss aber nicht.


Vielleicht interessant

ist das, was der Verband mittelständischer Unternehmen zur „Tatort-Reihe“ ermittelt hat: Die meisten Mörder waren demnach Unternehmer, Selbstständige und Manager. Gefolgt von, mit einigem Abstand, Profi-Kriminellen und Polizisten.

Nicht verwunderlich in einer links orientierten Gesellschaft, deren TV von woken Autoren dominiert wird, die alles tun dürfen, wenn sie sich nur davor hüten, die Wirklchkeit für ihre Stories heranzuziehen. Das darf auf keinen Fall geschehen, denn das gäbe ein völlig anderes Profil von den Mordbuben, wo meist Messerer ihren Auftritt haben. Mehr muss dazu nicht gesagt werden.

Und wenn schon in den Tatorten solche Märchen und Verunglimpfung von Berufsständen verzapft werden dürfen, ist vielleicht die Frage erlaubt, wozu der Shit überhaupt noch produziert wird? Außerdem schießen gefühlt täglich neue „SOKOS“ aus dem gebührenfinanzierten TV-Schlamm, und es ist anzunehmen, dass nicht geruht wird, bis jedes Kaff seine SOKO hat.

Dazu werden, euphemistisch ausgedrückt, mediokre Schauspieler:Innen (sic) gezüchtet, die dann mit Gebührenkohle immer weiter gefüttert werden müssen.

Wenn ich wieder eine neue, kindergesichtige Kommissarin mit gezückter Puffe herumrennen seh, krieg ich keinen Bock den Shit anzusehen, sondern Brechreiz.

War’s früher der Gärtner, ist’s heute der gierige Manager der Grund zu morden hat. Hat er natürlich in echt nicht, aber das beschert den Hiaflers vor den Geräten ein so wohliges Gefühl. Denn die sind keine Unternehmer, Selbstständige oder Manager, sondern haben schon immer gewusst, dass diese Leute KIller sind und allen anderen Böses wollen, und nun, völlig zu Recht, dahin verfrachtet werden, wo sie hin gehören: In den Knast.
Ist es so?
Ich glaube schon …

B. Stegemann: Identitätspolitik


Wer ein Interesse daran hat, sich im Heute zu orientieren, wer wissen will, was der ganze woke intersektionale cancel culture Opfershit mit Faschismus zu tun hat; und warum diejenigen, die sich nicht als Opfer sehen, nun Opfer der sich als Opfer empfindenen werden können, und wer generell ein kluges, unglaublich gut und verständlich geschriebenes Buch lesen möchte, dem lege ich dieses Werk ans Herz:

Bernd Stegemann
„Identitätspolitik“

(Und wie immer: Wer lesen kann, der lese.)

Ich sage nichts

Auf einer Demonstration in Russland hielt eine Frau ein großes, weißes absolut leeres Papier in die Höhe. Sie wurde verhaftet. Und dieses leere, unbeschriebene Stück Papier wurde zu einem Demosymbol weltweit.

Wir nähern uns rapide jenem Zeitpunkt an, in dem Postings in Foren gelöscht werden, weil da steht: «Ich sage dazu jetzt nichts.» Oder: «Wenn ich dazu meine Meinung sagen würde, würde mein Post gelöscht..“

Man muss nichts mehr sagen, kommentieren, keine Meinung mehr äußern, es reicht einfach: Dazu sage ich nichts. zu sagen.

Wie Gerhard Polt, als ihm verboten wurde Friedrich ZImmermann zu erwähnen, bei der Rede zur einer Preisvergabe immer wiederholte: „I sag nix – I bin ja nid blöd. I sag nix.“

Freuen wir uns darauf.
Ich sage auf jeden Fall nichts.