Das Sprüchemuseum (115)

«… Als Arbeiterkind bin ich im Laufe der Zeit zu einem radikalen Befürworter der bürgerlichen Kultur geworden. Denn meine Klasse, meine Schicht kauft keine Bücher… Der vielgescholtene Betrieb bildet eine Schutzzone, und man braucht diese Schutzzone, denn wenn es wirklich nur marktwirtschaftlich zuginge, wäre ich weg vom Fenster. Und nicht nur ich… Wir sind sozusagen Angehörige einer Sekte.»

Feridun Zaimoglu, Schriftsteller, in einem Gespräch mit dem „Standard»

Wir sagen: Da ist viel wahres dran. Und das mit der Sekte ist etwas beunruhigend, aber deswegen nicht falsch. Im Gegenteil. Was tun, wenn man kein MItglied dieser Sekte sein möchte? Das ist die fuckin’ Frage…

Kunst ist umsunst

Es gibt nicht wenige Künstler, die von sich behaupten, dass sie etwa 80% ihrer Zeit dafür aufwenden um Gesuche zu schreiben, auf den Souschelmidias ihr Image zu pflegen, sich zu „vernetzen“, zu vermarkten, Arschzukriechen und zu betteln.

Gut. Ihr business. Man wird allerdings das Gefühl nicht los, dass ihnen das ganz recht ist, dass sie froh sind, dass man „heute als Kunstschaffender auch für seine Vermarktung sorgen muss“. Es scheint ihnen sehr wichtig zu sein, zu sagen, dass sie von ihrer „Kunst leben können“, obschon sie meist nicht von der Kunst, sondern vom Steuerzahler ausgehalten werden. Aber das ist offenbar ein zu vernachlässigender Aspekt.

Würden sie neben ihrer Kunst arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, würde sie das vielleicht in eine mittlere Identitätskrise stürzen. „Ich bin Künstler, ich kann gottverdammich nicht Pakte austragen“, sagen sie.

Sie finden es entwürdigender Pakete auszutragen, als sich überall dort ranzuwanzen, wo ein kleiner Beitrag, ein Ministipendium, eine Förderung usw. rauszuholen ist.

Als Gegenleistung machen sie dann «politische Kunst». Die vorgibt, sich für die Belange von Paketausträgern einzusetzen.

Aber andererseits, zugegeben, ist das natürlich auch Arbeit. Nur tut diese Arbeit vielleicht der Kunst nicht so besonders gut.

Friday for future

Heute hab ich fürs Klima gestreikt. Nichts geschrieben. Das wird der verdammten Welt eine Lehre sein.

P.S. Ich habe gelogen. Ich habe doch geschrieben. Nur schon das hier. Und anderes auch.
Meine jüngere Tochter würd’s „cool“ finden, wenn ich bei „Parents for future“ mittun würde.
Das wird wohl nicht, hab ich geantwortet. Ich würde die anderen Parents vermutlich schwer aushalten. So an der Seitenlinie stehen und klatschen? Toll, wie meine Nachkommen rebellisch sind, wat? Vielleicht noch reinrufen, wie beim Fußball. Schon dort war mir das zuwider. (Aber ich war dort.)

Hoffnungsloser Fall, der Alte. Nun ja, nicht ganz: Kein Fliegen, kein Auto (nicht mal Führerschein), passionierter Zufußgeher. Nicht mal Öffinutzer (woher kommt denn der Strom, hä?)
Also: Ich kann mich sehen lassen.

Jetzt müsst ich es nur noch schaffen zu streiken…

Das wird vermutlich nix.

Das Sprüchemuseum (114)

„Ich ficke dein Video!»

Youtuber El Ar-Schlogg zu Konkurrent Al-v-Ollhiafla

Wir sagen: Warum nur das Video? Nur nicht so zaghaft. Wie wär’s mit: Ich ficke deine Fürze! Ich fick deinen Stuhlgang, deine Munddusche, deine Reserverad oder – unser heimlicher Favorit: Ich ficke dein geficktes Geficke.

Der gute Knappe und der böse Alte

Wenn ein alter weißer, vermutlich heterosexueller Mann etwas über Muslime sagt, dann hat er verdient, was dann kommt. Und auch die Journaille muss nur noch Partei ergreifen, und nicht mehr genau hinsehen, sondern nur noch schildern, was gefühlt geschieht. Wozu Argumente, wenns physische Angriffe auch tun. Man ist ja moralisch im Recht. (Vielleicht erinnert sich noch jemand an den Ei-Wurf-Angriff auf Joschka Fischer.)

Im Video sehen wir einen Knappen, der einem Mann ein Ei auf’s Haupt knallt, und die Aktion mit dem Handy filmt. Der Mann dreht sich um, checkt wer-was, und versetzt dem Knappen eine Links-Ohrfeige. Die Sprecherin sagt: «Er schlägt dem 17-Jährigen mehrmals mit der Faust ins Gesicht.»

Wenn mir jemand von hinten was auf den Schädel knallt, kann es durchaus sein, dass ich genauso reagiere wie der Typ im Film. Reflexartig. Und das alles ohne dass gleich ein Supervisior und zwei Psychologinnen herbeibemüht werden.
Aber ich bin ja auch alt und weiß und hetero. Und das ist halt falsch.

„… oder ich sollte wieder einmal ein gutes Buch lesen.»

http://www.spiegel.de/video/australien-17-jaehriger-greift-politiker-mit-ei-an-video-99025759.html

…oder lesen Sie ein gutes Buch

Neulich musste ich eine Trauerkarte kaufen. Der Trafikant führte mich an ein Drehgestell. Ich sah mir die Karten durch. Auf 19 von 20 stand: „Aufrichtiges Beileid“.
Das regte mich auf. Ein wenig. Warum aufrichtig? Gibt es auch eine Karte mit „Fake Beileid“ oder „Ganz bestimmt geheucheltes Beleid“ ?
No na aufrichtig. Was sonst?
Ein wenig verstehe ich die Kartentexter. Nur einfach „Beileid“ hinzuschreiben macht keine schlanken Fuß. Aber muss es „aufrichtig» sein?

Oder: lesen Sie ein gutes Buch.
Gerade eben in der Predigt einer Spiegel-Kolumnistin gelesen. „… oder lesen Sie ein gutes Buch».
Diese Aufforderung verachte ich seit 50 Jahren. Was ist denn damit gemeint? Die Bücher der Empfehlenden? Schauen sie einen guten Film, essen Sie ein gutes Essen, haben Sie guten Sex. Das fuckin gute Buch. Es ist immer noch nicht tot.

… oder lesen Sie zur abwechslung mal einen guten Blog.

Vorbereitung

Ich werde älter. Ich habe, wenn ich den Kopf wende, eine  beachtliche Strecke im Blick. Ich bin ein bisschen rumgekommen. Hab einiges getan. Verschiedenes. Aber etwas blieb sich immer gleich: Kein Geld.

Nun erkenne ich den Sinn: Mein Leben war nichts anderes als die Vorbereitung auf die bevorstehende Altersarmut.

Frage

Ich hatte gerade drei Sekunden nichts zu tun, und stellte mir wieder mal die Frage aller Fragen: Was geschah eigentlich mit dem ganzen Gold, dass einer der drei Weisen aus dem Morgenland dem Jesuskind darbrachte?