Body-Stockholmsyndrom

Es ist nicht ganz leicht, den medialen Äußerungen von (meistens) Frauen zu entkommen, die der Welt kundtun, dass sie nun endlich, endlich ihren Körper lieben.
Die Körper dieser Frauen sind dergstalt, dass man sie in meiner Jugend als dick oder fett bezeichnet hätte; die in Wien mit dem oft treffend bösen Wort „ausgfressn“ tituliert würden, oder schlicht als „blad“, aber heute eher als „Mehrgewichtig“ gelten. Wie auch immer.

Nun haben es dies Frauen geschafft, nach all dem angeblichen Mobbing, dem Bespucktwerden, den Beschimpfungen, dem Body-shaming, der Verächtlichmachung, den Beleidigungen, kurz, dem ganzen Martyrium zu entkommen, denn jetzt lieben sie ihren Körper so wie er ist. Und offenbar verschwinden dann auch all die Beschimpfungen.

Seit ich mich erinnern kann, habe ich meinen Körper, so wie er ist, nicht geliebt. Ich fand ihn, bis auf wenige periodische Ausnahmen, immer zu dick. Und wenn ich Fotos von früher ansehe, wo ich mich auch zu fett fand (es aber nicht war), frag ich mich, was eigentlich los ist.

Es hat vielleicht damit zu tun, dass der Körper nie dem entspricht, wie man sich in ihm fühlt. Ich bin im Gym und fühl mich stark und schlank. Aber ich bin es nicht. Zumindest nicht schlank. Und ich habe meinen Körper nie geliebt. Warum sollte ich auch?

Ständig verlangt er etwas von mir. Ich soll ihn bewegen, auf den Cholestirinspiegel achten, den Blutdruck senken, den Alkohol im Griff haben, kein Koks und kein Meth, nicht zuviel fressen, kein Zucker, nur gesundes Essen, die Prostata macht Probleme, die Fettschürze unter dem Bauchnabel lappt, Haare die überall anfangen zu sprießen, außer auf dem Kopf, mit einem Wort: Mein Körper ist ein Arschloch, das dauernd versorgt, umsorgt und besorgt gehört.
Warum bitte, sollte ich diesen Burschen lieben?
Es wär, als würde ich den Pizzaboten lieben, weil er mir eine Calzone bringt.

Denn der Körper ist nichts anderes als eine Bote, der die guten Dinge zum Gehirn bringt.
Rausch, Lust, Freude, Sex all diese erfreulichen Dinge beschert uns das Gehirn.

Nein, ich bin nicht körperfeindlich. Schliesslich ist er der Bote, und muss in Schuss gehalten werden, damit das Gehirn mir Genuss und Freude bescheren kann.

Aber muss ich den hässlichen Kerl auch noch lieben? Reicht es nicht, zu wissen, dass ich seine Geisel bin, und ihm deswegen Respekt zolle und versuche zu verhindern, dass er mein Gehirn killt?

Wer seinen Körper liebt, hat ein Stockholmsyndrom.

Verzichten

Verzicht, so lese ich immer wieder mal, sei voll der Trend. Dry-January, Veganuary und was weiß ich noch nicht alles für „-anuarys“.

Warum nicht, denke ich, verzichtet nur, ihr Verzichter. Ich weiß selber, aus eigener Erfahrung, wieviel Lustgewinn aus Verzicht zu zuzzeln ist. Man könnte sagen: Verzicht ist geil. Nicht nur der Geiz. Oder die Wollust.

Der Asket berauscht sich am Verzicht, und der heutige Verzichter, und natürlich auch all die Verzichterinnen, berauschen sich ebenfalls. Auch an ihrem guten Gewissen, an ihrer Willenstärke und der Anerkennung ihrer Peergroup, die das Verzichten auch geil findet, aber es „einfach nicht schafft“.

Ich finde, all diese geübten Verzichter verzichten letztlich auf gar nichts, denn, zumindest die religiös fundierte Fastenzeit intendiert ein Opfer. Aber ist es ein Opfer, wenn es einem Lust verschafft?

Darum verzichtet der echte Verzichter aufs Verzichten und ruft seinen Dealer an, er möge sogleich mit einer Ladung Koks und ein paar Flaschen Whiskey vorbeikommen, damit der Verzicht auf den Verzicht nicht verzichtet werden muss.

Es lebe Epikur!

Fortschreitende Verwokung

Ich geb’s zu, ich bin das, was vor ein paar Dekaden von Linken den Titel: „Scheißliberaler“ oktroiert bekam. Aber vor Dekaden war ich kein Liberaler, zumindest nicht bewusst. Irgendwie schon, aber irgendwie auch nicht. Weil ich ja links war. So links wie heute meine jüngere Tochter links ist, die ziemlich genau die Dinge vertritt, die ich damals auch vertreten habe.
Das ist nicht ganz schön, denn es zeigt, dass sich in mancher Hinsicht nicht viel geändert hat, was natürlich Unsinn ist, denn vieles hat sich geändert. Zum Besseren, Gerechteren.
Mehr Geschlechtergerechtigkeit, zum Beispiel.
Das mögen nicht alle so sehen, aber es ist trotzdem wahr. Und weil ich das so daher sage, bin ich in den Augen der woken Linken kein Liberaler, sonder ein Rechter. Ein Rechtsextremer, ein Faschist.

Ich gebe zu: es ist mir egal.
Aus den Foren von österreichischen „Qualitätszeitungen“ werden heute Poster exkommuniziert, die es wagen -und zwar ohne irgendwie ausfällig zu werden – eine andere Meinung als die der Kolumnistin abzugeben. Und zwar unwiderrufbar, für immer. Man könnte es auch „moralische Säuberung“ nennen. In der Redaktion, wo die Posts überprüft werden, sitzt offenbar junges, wokes Volk und entscheidet darüber welche Meinung moralisch opportun und dem Blatt zumutbar ist. Und welche nicht.

Ich habe die finanzielle Unterstützung für dieses lachsfarbene Blatt eingestellt, und warte darauf, bis die klugen, liberalen alten weißen Männer, die dort noch immer Richtiges und Gutes publizieren, entweder in Pension oder auf den Friedhof gehen.

Dann kann die sich die Wokeness ungehindert austoben.

Wie heißt es so schön: Go woke – go broke!

Ich habe nun ein Abo bei einer Zeitung, wo ein Liberaler wie ich, einfach besser aufgehoben ist. Scheiß hin, Scheiß her.



Das Sprüchemuseum (159)

«Auf den Boom folgt Ernüchterung – in der Baubranche wackeln tausende Jobs.“

Der Standard

Wir sagen: Vermutlich wieder nix als leere Versprechungen. Wir hoffen, dass die Jobs, zumindest die tausend im Umkreis 150 Metern, nicht nur wackeln, sondern fallen. Egal wohin. Am Besten zurück. Damit wieder mal andere Visagen als Bauschlochgfriese zu sehen sind.
Die Hoffnung stirbt zuletzt …

Das N-Wort

Ich gehe nicht in den Gym um in mein Phone zu starren, wie es viele tun; ich gehe auch nicht in den Gym um herumzuquatschen oder Leute kennenzulernen, obschon es manchmal ganz natürlich vorkommt.

Ich gehöre (leider) nicht zu jenen, die auf andere zugehen und den Kontakt suchen. Warum? Ich weiß es nicht. Es ist so. Es mag daran liegen, dass ich auch ohne andere ganz gut klar komme, es aber nicht ablehne, mit jemanden zu tun zu haben, wenn der sich schon die Mühe macht mich anzusprechen. Das gilt allerdings nicht für alle. Es muss ein Interesse an der Person entstehen, ein Interesse, das meist Humor, Witz, Intelligenz und vielleicht auch spezifischem Wissen geschuldet ist. Ist das nicht vorhanden, bleibe ich höflich distanziert.

Mit der Zeit hat sich eine kleine Gruppe herausgebildet, ältere Burschen wie ich (alle aber doch noch ein bisschen jünger), die sich schon mal kurz zusammenfinden, um ein bisschen Schmäh zu führen und auch über andere Traininierende herzuziehen, oder auch sie zu loben, wenn es etwas zu loben gibt. Was meistens die jungen Frauen betrifft, die uns durch ihre Kraft, Technik und saubere Übungsausführungen beeindrucken.

Der Gym ist ziemlich divers, wieman heute so sagt. Ich würde sagen, es gibt so ziemlich jede mögliche Hautpigmentierung zu sichten. Von Nachtschwarz über Schoko zu Melange und Olive. Und natürlich wir, die alten weißen Männer. (Auch alte weiße Frauen. Eine Menge.)

Ich finde es jedes Mal erstaunlich, mit welch harmloser Selbstverständlichkeit meine Chat-Kollegen das Wort „Neger“ gebrauchen, wenn sie einen Schwarzen meinen.
Obschon ich selber diesen Ausdruck nie verwenden würde, schreite ich nicht belehrend und korrigierend ein.
Warum? Zum einen, welch ich dieses Belehren satt habe, und zweitens, weil sie das N-Wort ohne Arg verwenden, es scheint mir ein wenig wie aus der Zeit gefallen, ein Wort wie „Tugend“ oder „gleichsam“. Und meine Bezeichnung „Schwarze“ für People of Colour ist ja auch schon dabei als antik und als unkorrektes Oldtimer-Wort auf der Anti-woke-Liste aufzuscheinen.

Ich denke, ich werde dabei bleiben. So wie meine Gym-Bekanntschaften bei ihrem.

Eine alte weiße Frau

die sich über alte weiße Männer beschwert, die längst tote Schriftsteller sind, und denen vorgeworfen wird, dass sie alte Männer waren und alte-Männer-Gedanken pflegten; Gedanken, die jüngeren Frauen galten, was alte weiße Frauen ziemlich widerlich finden, und deswegen alle Bücher dieses Mannes widerlich finden, als wäre dieser Schriftsteller-Mann schon als alter weißer Mann geboren worden, und hätte niemals als jüngerer Mann Bücher geschrieben, in denen es auch um jüngere Frauen ging, aber manchmal auch um ältere Frauen, zum Beispiel um die Mutter des jungen Mannes, als er noch kein älterer weißer Mann war, also diese alte weiße Frau, die auch mal eine junge weiße Frau war, und vermutlich schon damals etwas gegen alte weiße Männer hatte, außer gegen ihren Vater, Großvater oder Sugar-Daddy, also diese Alte, die einen toten Autor zur Gänze ablehnt und hasst, und ihn einen alten weißen Mann mit alten weißen Männer Gedanken nennt, ist eigentlich ziemlich blöde.