Das Sprüchemuseum (82)

„Dafür darf es in unserem Land keinen Platz geben!»

Kanzler Kurz zu den Neonazis in seiner Regierung.

Wir sagen: Im Land nicht, aber in der Regierung schon.

Das Wengen-Diary 2.

Regen. Ganzer Tag Regen. Die Nacht auch. War okay. Die Welt ist aufgeweicht. Die Welt ist eine Art Schneesumpf, aber die Bahn fährt wieder. War was? Ein Erdrutsch? Ist das was?

Die HBO-Serie «Big little lies“ verdrängte das Prasseln auf dem Blechdach, das immer noch besser als die Hitze im Dschungelcamp ist. Wie kann jemand in Florida, den Tropen oder Kalifornien leben? Oder im Nahen Osten. Dann lieber Nordfinnland.

Um halb sieben am Morgen ist hier noch Nacht. Auch um sieben. Selbst um halb acht macht es nicht den Anschein, dass es jemals Tag werden würde. Aber dann kam er doch, schickte den Nebel als Scout. Irgendwann die Sonne. Sollte mich für fünfzehn Minuten reinsetzen. Vitamin D. Mach ich aber nicht. Arbeitsversuch. Abgebrochen. Dafür die weiteren Erzählungen von Hans Fallada in hr2 gelauscht. Großartig was der über das Romanschreiben zu sagen hatte. Man fühlt sich ertappt. Und beglückt.

Zeitungen, ein bisschen. Nach und nach schälen sich die Neonazis aus dem Schwallen der FPÖ-Nebelgranaten. Burschenschaftslieder bei Niederöstereichs FPÖ-Kandidat Landauer, um eigene Texte erweitert: «Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ‹Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million‘“.
Verhöhnung der Opfer von Verlierern. Was sagt eigentlich der Kurze dazu? Aber zum Glück gibt es diese spezielle österreichische „Hab-nix-gewusst-Wurscht-DNA“. Jetzt, wo man sie so einfach davonkommen lässt.

Ich habe das Leben eines Mönchs schon immer für ideal gehalten. Ein einfaches Leben ohne Schnörkel. Arbeiten und (von mir aus) Beten (Schreiben). Aber es gab etwas, das mich davon abgehalten hat. Zum Glück. Und jetzt isses zu spät. Aber da ich niemanden zum Reden habe, ist es ja auch ein wenig Karthäuser mäßig. Nach und nach die Welt da draußen ausblenden. Ein fade-out…

Vielleicht doch noch arbeiten? Vielleicht…

Das Wengen-Diary 1.

Gestern nachmittag angekommen. Es schneite auf meine Brillengläser, und ich musste, zweihundert Meter vom Bahnhof Wengwald entfernt, einen Reifenstopp einlegen und einen fliegenden Schuhwechsel vornehmen. Mitten im Wald. Raus aus den Sendras, rein in die wachsweichen Wanderschuhe. Und ich war nicht mal unglücklich darüber, dass ich für einmal vorausdenkend war, und die Dinger miteingepackt hatte.

Das Haus war sehr gut durchgekühlt. Kein Unterschied zu draußen. Also heizte ich den verdammten Ofen ein, schob metrige Fichtenvierteln rein,unausgesetzt wie ein Lokheizer, der weiß dass der Zug von der  James-Younger-Bande verfolgt wird. Es dauerte bis 22Uhr, und dann waren die Steinplatten so heiß, dass die nassen Socken innerhalb einer Minute oder so, furztrocken waren.

Das wars dann mit Schnee.
Ich erwachte am Morgen in das Regengeprassel, kaufte ein Ticket von Wengwald nach Wengen, und sah dann später im Netz, dass die verdammte Bahn gar nicht fuhr. Erdrutsch auf der Strecke. Wengen abgeschnitten.

Machte mich im Regen zu Fuß auf. Durch den fuckin’ Pflutsch, wie man hierzulande Schneematsch nennt. Nahm einen Teleskopschistecken mit und meinen Knirps. Schon die erste ernstzunehmende Steigung, die für mich – anhand der Atemfrequenz -schon immer ein Gradmesser meiner Fitness war, bescheinigte mir eine ganz ordentliche, besser als im Sommer, was mich irgendwie beruhigte und mich aber trotzdem oben angekommen schwitzen ließ, als wärs eben selbiger.

Auf der Post holte ich den „Aushänger“ von „Blumberg“ ab, und ging dann im Coop einkaufen. Aus Furcht vor diversen Stürzen auf dem Rückweg, kaufte ich den einzigen Weißwein im Tetrapack und machte mich auf. Im Tempo eines mächtig betagten Rollatorschiebers. Die Frage war nicht, obs mich hinwürfeln würde, die Frage war: wie oft. Aber nicht mal mehr auf das Unglück ist Verlass. Ich kam trockenen Arsches nach Hause, zog den Aushänger aus der Packung, und fiel ganz ungewollt, lesend, in den Roman hinein. Er ist gut. Er ist bessser, als gedacht. Er ist eine Freude.

Kochen. Gerstensuppe und a Gulasch.
Schaue mir die letzte Folge von „Good Cop“ an. Nix besonderes, aber okay. Und dann, nächtens, die nächste Folge des menschenfeindlichen und frauenverachtenden (gibt’s eigentlich noch was anderes?) Dschungelcamps.

Konsequent

Der Schauspieler Colin Firth will nicht mehr mit Woody Allen zusammen arbeiten. Auch weil er sich, Firth, zur Weinstein-Affäre „tatenlos“ verhalten habe. Recht so.

Wir werden keine Filme mit Colin Firth mehr ansehen, weil eine solche Charakterlosigkeit unser Ehrgefühl beleidigt. Außerdem stehen wir nicht mehr für Filme von Peter Pilz zur Verfügung. Und weil uns Männer generell verdächtig erscheinen, sehen wir uns ausschließlich Filme an, in denen nur Frauen mitspielen. Wo es diese Filme gibt? Auf Youporn.

«Blumberg“ l.

Im Februar erscheint „Blumberg“, ein Kriminalroman.
Anders als bei vielen Kollegen, war mir ein Spannungsbogen wichtig, ein Plot, ein Rätsel, zu dessen Lösung es am Schluss kommt. Andererseits war mir der Plot auch nicht wirklich wichtig. Es sollte kein echter „Whodunnit“ werden. Das auf keinen Fall. Kein gewaltiger Plot mit Menschenhändlern, Kriegschausplätzen und dem Elend von Migranten, Drogenschiebern und dem Orgeln der Flak in Afghanistan.

Nein. Ein Roman über eine Frau in den Fünfzigern, eine Ex-Punkerin und ehemalige Journalistin und ihrer eigenwilligen, noch immer gültigen Interpretation von „No Future“. Nämlich: Hier. Heute. Jetzt.

Mehr Infos dazu gibt es auf der Songdog HP und bestellt werden kann der Roman beim Verlag (verlag(at)songdog.at), in der Buchhandlung Ihrer Wahl und nach Erscheinen auch bei Amazon.

Wenn ein Buch fertig ist…

Wenn ein Buch fertig, aber noch nicht gedruckt ist, denkt der Autor an den Tod. Er hat mit einem Mal Furcht, dass ihn, bevor er das Ding an dem er zwei Jahre gearbeitet und gelitten hat in den Händen hält, ein verdammter Bus überfahren könnte. Oder dass er des Morgens vom Fahrradergometer stürzt. Tot. Herzbaracke. Oder dass ihm die Hantel beim Bankdrücken entkommt und seine Kehle zerschmettert .

Wenn ein Buch fertig ist, ist der Autor verletzlich wie ein rasierter Igel. Eine Schildkröte die den Panzer eingebüßt hat, ein alter Hund beim Kacken, ein kleines Mädchen zu Fuß auf der Autobahn.

Wenn ein Buch fertig ist, will der Autor gleich ein neues beginnen. Es rumort bereits in ihm, aber er hat Angst. Er erinnert sich noch daran, wie mühsam es war, und dass letzlich nicht ein einziger Satz so stehen geblieben ist, wie er ihn hingeschrieben hat.

Er wird das alles vergessen. Wie Eltern die ersten drei mühsamen Jahre in der Kindergroßziehung. Er wird es wieder tun. Er ist ein verdammter Wiederholungstäter. Schande über ihn…

Das Sprüchemuseum (81)

«Ich würde mir wünschen, dass wir jenseits von Sensationen und Voyeurismus die Gelegenheit ergreifen, um über unser Zusammenleben zu reden.»

Corinna Harfouch (Schauspielerin, 62) in der NZZ

Wir sagen: „Ich würde mir wünschen“?? Übernehmen jetzt Künstlerinnen bereits den Merkelsprech? Warum wünscht sie es nicht einfach?
Es erinnert an den Zettel auf einer Ferienhaustoilette: «Wir würden Sie bitten, keine…»

Hans Werner Kettenbach 1928-2017

Der großartige Kölner Autor von ebenso großartigen Kriminalromanen ist von uns gegangen. Warum nur?

http://www.spiegel.de/kultur/literatur/hans-werner-kettenbach-ist-tot-erinnerungen-an-den-krimi-autor-a-1186730.html

Das Sprüchemuseum (80)

„Unzivilisert ist es, andere mit dem eigenen Selbst zu belasten.“ Richard Sennet

(Zitat aus Robert Pfallers Buch: „Erwachsenensprache– über ihr Verschwinden aus Politik und Kultur“, das wir uneingeschränkt zur Lektüre empfehlen.)