«The Crazy Never Die»

Der Autor und Verleger Klaus Bittermann, hat wieder ein Buch geschrieben. Es heißt «The Crazy Never Die» und es ist, wie jedes Bittermann Buch, mehr als erfreulich, denn es ist ein verdammt gutes Buch.

«The Crazy Never Die», fürwahr, man möchte es hoffen! Bittermann entwirft, in über 250 Seiten, mit lockerer Hand und in flüssigem, mitunter freundlich ätzendem Bittermann-Stil die Portraits von 6 Burschen, die wir alle lieben. Als da sind: Lenny Bruce, Robert Mitchum, Hunter S. Thompson, Abbie Hoffmann, Lester Bangs und Kinky Friedman.

«Sie verkörpern Widerstandsgeist, Provokation und Dissidenz, und das alles auf einem extrem hohen Drogenniveau.»

Haargenau! Und viele von uns, sollten dieses Buch lesen. Die einen, weil es ihren Geist erfrischt, wie ein Film mit Bob Mitchum; die anderen, weil es sie an die guten, trunkenen Zeiten erinnert; und die dritten, weil es sie in die Spur zurückbringt.

Die meisten aber, sollten es nicht lesen. Denn dieses Buch könnte sie daran erinnern, was sie alles auf dem Weg zu «ihrem Glück» liegen ließen oder allzu billig verschleudert haben.

«The Crazy Never Die» Klaus Bittermann, Edition Tiamat, Berlin, www.edition-tiamat.de

Klitschko versus Haye. Boxen, bye bye.

Gestern nach dem Kampf Haye-Klitschko, strömten die Ordner und Helfer in den Ring, verpackten sorgfältig die Ringluft und ließen sie mit Blaulicht ins Krankenhaus fahren. Die Ärzte zählten 1047 Löcher. Und während die Chirurgenteams der Ringluft die Löcher stopften und vernähten, klackten vor den Kameras von RTL die Pinocchio-Nasen der Promis gegeneinander, derweil sie uns (und sich selber) erzählten, welch Jahrhundertfight wir gerade gesehen hätten. Mussten sie wohl, bei den Tausend-Euro-Ring-Karten. Mich hingegen ließ «DER KAMPF» völlig kalt. Ballyhoo, Gedöhns und Gequatsche satt, dem nachher keine Taten folgten.

Nur Emmanuel Stewart, Klitschkos Trainer, mochte nicht rumflunkern, und machte keinen Hehl daraus, dass sie Haye falsch eingeschätzt hatten, und deswegen Klitschkos nicht besonders gut war . Sie hatten angenommen, dass Haye sofort intensiv auf Klitschko eindringen würde, aber sie hätten auch annehmen können, dass Haye annimmt, dass sie das annehmen, und der Mann smart genug ist, seine Taktik umzustellen. Es war also nur ein 1 Zug Vorausdenkding. Nicht beeindruckend.

Nun haben die Lieblinge der Deutschen, die Klitschis, alle wichtigen Gürtel im Schwergewicht in ihrer Familie vereinigt. Es ist, als wäre der Sargdeckel endlich geschlossen. Der von zuviel Plunder, Geld, DonKingismus und Kameraitis aufgetriebene Leib des Schwergewichtsboxens, ist bereit für den Gang zum Friedhof. Und die Klitschkos werden ganz vorne im Trauerzug mitmarschieren und die ukrainische Familienquetschtröte bedienen. Sei’s drum. Haye wird auch Schluss machen. Und das ist gut so.

Aber ich weiß auch, dass wir bald einen haben werden. Er heißt Robert Helenius, ist Finne und mächtig smart. Mal sehen, wie lange sie brauchen werden, um auch diesen Mann zu zerstören…

Für Hemingway (21. Juli 1899 – 2. Juli 1961)

«…Wir haben alles vergehen sehen, und wir werden beobachten, wie es wieder vergeht. Die Hauptsache ist durchhalten und seine Arbeit zu Ende führen und zu sehen und zu hören und zu lernen und zu verstehen; und zu schreiben, wenn es etwas gibt, was man weiß; und nicht vorher; und nicht zu verdammt viel später. Lass die, die es wollen, die Welt retten, wenn du nur dahin kommst, sie deutlich und als Ganzes zu sehen. Dann wird jeder Teil, den du machst, das Ganze repräsentieren, wenn es ehrlich gemacht ist. Was man tun muss, ist arbeiten und lernen, wie es zu machen ist…»

Ernest Hemingway «Tod am Nachmittag»

P.S. Und wie zu Hemingways Ehren findet heute der lange ersehnte Fight im Schwergewicht statt: Der Lieblingsdeutsche aus Kiew, Wladimir Klitschko gegen den Engländer David Haye.

Es sind tausende englische Fans anwesend. Die Deutschen, die sich über all die Jahre eine internationale Reputation der unsauberen Ringurteile erworben haben, könnten Probleme bekommen. Es ist nicht ganz abwegig, dass die britischen Fans ein krasses Fehlurteil zu Gunsten Klitschkos nicht einfach hinnehmen werden. Briten sind keine Bundesdeutsche. Und vielleicht tun die Veranstalter gut daran, sauber arbeiten zu lassen…

Bardamu ist schon lange dahin

«Verstehen Sie es, im Unrecht zu sein.» (in einem Brief an Henry Miller)

«Musik muss sein und Leid. Musik, und noch mehr Leid.» (sic?)

«Ich scheiße auf euch alle, und zwar aus beträchtlicher Höhe.»

Louis-Ferdinand Destouches

Heute vor 50 Jahren starb Louis-Ferdinand Céline. Ich weiß nicht, wie oft ich seinen Roman «Reise ans Ende der Nacht» verschenkt und wieder gekauft habe. Es ist das einzige Buch eines bekennenden Antisemiten, das bei mir im Regal steht. Es passt zu ihm, dass er einen solchen Hieb hatte, und es ist schmerzlich. Aber es ist und bleibt für mich eins der besten und auch komischsten Bücher, die ich gelesen habe.

Ich hatte mal eine Freundin, die sich immer bog vor Lachen wenn ich mich verletzt hatte. «Du siehst so komisch aus, wenn du Schmerzen hast.»

So auch Céline.

Heute habe ich entdeckt, dass sich Neonazis und Holocaustleugner auf ihn beziehen. Aber die würden sich auch auf die Kotze eines magenkranken Schäferhunds beziehen, wenn sich darin ein Stück gefilter Fisch befinden würde.

Gestern war mir nach Erbauung zumute (wie fast immer), und ich machte den Fehler, mir Charles Taylor bei Scobel anzusehen. Nein. Fehler war’s eigentlich keiner. Ich lernte, dass Charles Taylor an zwei Dinge glaubt: 1. Dass er ein Philosoph ist. 2. Dass er als Kanadier in der Lage ist, das erste in deutscher Sprache zu erklären.

Heraus kam, dass er gläubiger Katholik ist, und dass er nicht einen einzigen korrekten Satz in Deutsch herausbringt. Weder in Syntax noch Grammatik. Es war, als würde ich mit meinem Italienisch, mit dem ich ganz gut ein Zimmer und ein Menue bestellen kann, versuchen, die Magie von Hemingways Prosa zu erklären.

Aber mit uns kann man’s ja machen, Scobel, wa?

Positively backyard

Gestern wieder mal, im ORF, einen Talk über den Alkoholmissbrauch der Jugend gesehen. Köstlich.

Ich wundere mich immer wieder, warum nie jemand so eine Runde verlässt? Wegen fortgesetzter Beleidigung der Intelligenz? Oder so. Wo ist eigentlich Kinski geblieben? Wo die zwei Klitorisfinger auf Leder, von Nina Hagen?

Wenn man alt ist, hat man schon einiges gesehen. Und einiges hat man schon zigmal gesehen und wird es wieder sehen, wenn man blöd ist und wieder hinsieht. Wie ich.

Aber manchmal ist es einfach entspannend die Blödmachmaschinerie am Laufen zu sehen, wie eine betrunkene Waschtrommel die sich für den Nabel der Welt hält.

Das, lieber Henk, ist vermutlich nicht positiv genug. Aber ich sehe in meinem Hinterhof die schweren, weißen Holunderblüten im Wind wippen, und die lebhafte Diskussion der Lindenbaumblätter. Und von vorne, zur Straße hin, sind noch keine Schüsse zu vernehmen. Nicht mal Trillerpfeifen. Ist das positiv genug, ihr Henkens?

Henks Mail

Henk hat sich wieder mal gemeldet. Per E-Mail. Hier ist sie. Ungekürzt, unzensiert und unrasiert.

Niedermann

da du mir letztes Mal anstatt des vollen, mir zustehenden Honorars für meine Gesellschaftskolumne, nur eine Anzahlung und deinen Roman «Die Katzen von Kapsali» in die Hand gedrückt hast, beschloss ich, dass du mir in Hinkunft einfach Arsch vorbeimarschieren sollst. Ein Arschdefilée.

Ich habe dann aber, die Götter mögen mir verzeihen, doch das blaue Büchelein zu lesen begonnen. Aber nur, weil mir so langweilig war, dass ich in meiner sozialen Hängematte liegend, angefangen habe, die Haare auf meinen dreckigen Zehen zu zählen. Nun gut, ich gebe zu: «Die Katzen…» sind wenigstens kein Gesülze, haben Tempo und man ist schnell mit ihnen durch und kann sich wieder Wichtigem widmen, wie dem Zählen der Zehenhaare.

Das blöde Buch hat mich, und das sage ich jetzt nur unter Folter, verführt. Ich habe dir geglaubt. Dein Griechenland-Trip, irgendwie. Wie soll ich’s sagen? Ich habe meine ersparten Transferleistungen zusammen gekratzt (Ich sauf weniger und billiger) und hab mich à la Niedermann auf die Socken gemacht. Alles genau wie im Buch. Mit dem Zug nach Brindisi. Dann mit der Fähre nach Patras. Das war’s. Etwas beschisseneres habe ich noch nie erlebt.

Patras. Die Hölle. Oder besser: Die Vorhölle. Keine Hippies mit verknoteten Bärten in den Kafenions, dafür überall Flüchtlinge aus Afghanistan, dem Sudan, Somalia und was weiß ich woher. Die armen Arschlöcher. Sie schlafen in Lastwagenwracks, in Kartonschachteln, unter Autos, was weiß ich, essen verfaultes Gemüse und ranziges Obst, dass sie aus dem Mist von Restaurants klauben, und müssen aufpassen, dass die Eingeborenen ihnen nicht die Fressen einschlagen. Die haben so einen Scheißhass, ein Hammer. Und die Jungs tun nichts anderes, als auf Lastwagen aufspringen und hoffen, dass sie es irgendwie schaffen – von den Chauffeurs und den Bullen unbemerkt – nach Deutschland, Frankreich, Resteuropa zu kommen. Ich habe mich noch nie so beschissen gefühlt. Pah! Patras! Pah Griechenland! Ich würde gerne wissen, was diese Jungs, denen selbst das Trinkwasser fehlt, zu deinem Buch sagen würden?

Und der Rest war auch Scheiße. Du solltest den Göttern auf den Knien danken, dass du diese Zeit damals erleben durftest. Man kriegt das große Heulen, wenn man das heute sieht.

Im übrigen finde ich, dass du einfach zu negativ bist. Dein Blog ist nur noch ein Scheißgewinsel. Streng dich mal ein bisschen an. Und denk an die armen Arschlöcher von Patras, wenn du wieder was zum granteln hast.

Und komm mit dem Rest der Gage rüber. Sonst komm ich rüber…

Henk

Frauensport

Zur Zeit ist Frauenfußball angesagt. In den Medien beschäftigt sich ein bezahlter Haufen Expertendarsteller damit. Sie erzählen uns nun überall, wie grundgenial Frauenfußball ist. Und wie erfolgreich der deutsche. Find ich gut. Frauentennis ist auch supi. Und wer sich gerne 2 Ladies anschaut, die sich wüst die Fresse polieren, der geht zum Frauenboxen. Auch gut.

Ein ärztlicher Vertreter der klügsten aller Weltreligionen hat neulich in Wien behauptet, dass Sport für Frauen ungesund ist. Er meinte vor allem das Schwimmen. Die Hormone und so. Er musste zurücktreten. Ich hoffe, auch als Arzt.

Ich möchte nicht hören müssen, was er über Frauen-fußball, -boxen, -tennis zu sagen weiß. Aber das möchte ich nicht mal von mir hören. Das sind Stiche ins Wespennest. Okay. Ich riskiers doch: Langweilig. Aber die Frauen, die die Hälfte der Menschheit stellen, brauchen uns nicht. Bis vor kurzem galt es noch als letzte Bastion weiblicher Weiblichkeit, die Abseitsfalle nicht zu kapieren. Das ist vorbei. Mir wurscht. Auch die Leistungen einer Faustkämpferin wie Regina Halmich konnten mich nicht in einen Fauenboxaficionado umbauen. Nur für Serena Williams hegte ich eine gewisse Vorliebe, ich glaube, weil ihre Raubtierhaftigkeit mich einschüchtert. Aber sonst? Langweilig.

Wenn meine Töchter fußballern, boxern, tennissen wollen, wunderbar. Wenn sie einen Wettkampf hätten, würde ich hingehen und sie anfeuern. Sogar Eintritt zahlen.

Aber wenn in Kürze brasilianische Frauen gegen englische Frauen kicken, bleibt mein Fernsehgerät aus. Da können die Experten sagen was sie wollen. Und die Vertreter der Weltreligionen auch.

Aber wie meine kleinen Frauen schon treffend bemerkten: «Du hast ja an allem was zu bemeckern!»

So, jetzt dürft ihr alle über mich herfallen…

Ich würd sie zusammentreten!

Für Leser wie mich (aufgeschlossen, neugierig, hungrig, aber finanziell sehr zart besaitet), ist booklooker.de ein wahrer Segen. Ein Internetportal wo sich so ziemlich jedes gedruckte Buch erstehen lässt. Neu oder antiquarisch. Vom zerfledderten 50 Cent Ex. bis hin zur signierten Edelausgabe um 137, 50. Großartig.

Und was fast noch besser ist: Man kann auch seine eigenen Bücher feilbieten. Die Nieten, die Ausgelesenen, die Unerwünschten, die Geschenkten usw.

Aber damit ist jetzt Schluss. Warum? Die österreichische Post.

Das Buch, das im Laden 15 Euro kostet, und das ich bei booklooker.de gebraucht für 7,50 Euro plus 3,70 Porto angeboten habe, kostet jetzt, nach dem 1. Mai, 13,40 Porto. Plus 7,50 für das Buch. Es ist aus. Zumindest der Handel mit Deutschland. Bleibt noch Österreich. Aber die Österreicher kaufen keine Bücher, nur Bestseller und die heimische Bioproduktion aus hochsubventionierten Verlagen, die alle nur unglaublich literarische Literaturliteratur verlegen. Z.B. Das Geschreibsel von Natscha Kampuschs Mutti.

Es ist vorbei.

Wenn die österreichische Post eine Person wäre, und ich würde ihr zufällig in der U-Bahn begegnen, würde ich mir eine Zigarette schnorren, sie anzünden und der Post den Rauch ins Gesicht blasen. (Obschon ich Nichtraucher bin.) Und wenn die österreichische Post sich beschweren würde, würde ich ihr nach dem Aussteigen folgen, sie von hinten niederschlagen und so zusammentreten, wie die Typen in der Münchner-U-Bahn es mit dem armen Opi getan haben.

Dann würde ich lächelnd ins Gefängnis gehen, und dort die Bibliothek betreuen, wie weiland Rubin «Hurricaine» Carter. Das würde ich tun. Ganz bestimmt.

Verdauungsprobleme

Als junger Mann, sehr bemüht gleichzeitig Hippie und Lehrling zu sein (was nicht leicht war), sah ich einmal den Auftritt einer sehr bekannten, aber lokalen Bluesband. Es war eines jener magischen Konzerte, wo der Funke von der Band auf’s Publikum übersprang. Der Gitarrist war mein Gott. Für mich stand er in einer Reihe mit Clapton, Alwin Lee und Keith Richards. Nur Hendrix war noch ein bisschen besser. Aber er war groß. Ganz groß.

Als ich zwei Tage später mittags wieder zur Arbeit ging, sah ich ihn wieder. Es war atemberaubend. Er stand in der Einfahrt des nachbarschaftlichen Malereibetriebs, und ließ sich vom Chef zeigen, wie man Fensterläden anschliff und reinigte. Am Abend, als ich wieder nach Hause kam, war er immer noch da und bearbeitete die Fensterläden. Später sah ich noch, wie der Chef ihm Geld gab. Er nahm seine Jacke vom Stuhl und ging.

In diesem Augenblick begriff ich etwas, das ich, mehr als 30 Jahre später, immer noch nicht richtig verdaut habe.

Onkel Thom

Ich habe einen Onkel. Nennen wir ihn Thom. Dieser Onkel ist immer lustig. Seine Stimme dröhnt und vibriert vor Jovialität. Er reißt gerne Witze. Man kann sie nicht als Herrenwitze bezeichnen, da es verdammt gute Herrenwitze gibt. Damit ist es auch schon heraus: Seine Witze sind nicht gut. Sie sind anzüglich. Sie spielen auf eine spießige Art immer auf das Verhältnis von Frauen und Männern an. Man hat den Eindruck, dass Onkel Thom permanent notgeil ist und deswegen bei jeder Gelegenheit irgendwas anzügliches von sich geben muss. Aber vermutlich ist er gar nicht notgeil. Nur impotent und eine Fummeltrine. Immer muss sein Händchen irgendwo auf einem Frauen-Bein-Hintern-Schulter-Arm-usw. landen.

Ich glaube, diese Art Onkel stirbt langsam aus. Man ist immer etwas peinlich berührt wenn Onkel Thom wieder ein Witzchen reißt. Und meistens weiß man schon im Vorhinein wann und wie der Witz kommt. Es ist ziemlich langweilig, und wie gesagt peinlich. Aber Onkel Thom ist der Meinung, dass er sich das heraus nehmen kann, und dass wir seine Witze gut finden.

Gestern hat dieser Onkel zum letzten Mal «Wetten dass…» moderiert.