Besuch

Vorgestern bekam ich Besuch von einem alten Steinbock. Erst sah ich ihn auf dem Grundstück des Nachbarn ruhig das gelbbraune, übrig gebliebene Gras abäsen, dort, wo sonst die Gemsen sind.

Die Gemsengruppe kannte ich bereits, aber einen Steinbock hatte ich hier noch nie gesehen. In Wengen, wo oben beim Bahnhof die Schihölle los ist, ein verdammter Steinbock? Seine Hörner waren so groß, wie Hörner nur sein konnten, und ich fragte mich, warum die Natur die Nackenmuskeln der Tiere so unnötig strapazierte. Nur um einmal im Jahr ein bisschen gegen Rivalen zu kämpfen? Erwachsene Steinböcke haben keine Feinde. Meines Wissens.

Ein paar Minuten später ging ich vor die Tür. Und da stand er, drei Meter von mir entfernt, und äste auf der kleinen Wiese. Er hob den schweren alten Kopf und wir sahen uns an. Mir schien, dass ich hier der Gast war, und er der Herr der Gegend. So benahm er sich. Der ganze Scheiß hier, war seine Domäne.

Ich rächte mich, indem ich ein paar Fotos schoss. Dann ging ich wieder rein, und ein paar Minuten später wollte ich nach ihm sehen, und betrat den Balkon. Da stand er. Direkt unter mir, und sah zu mir hoch. Wir sahen uns lange an. Dann sagte ich nett: Was bissn du für einer? Und da wandte er sich ab und trottete davon.

Heute Nacht hat es geschneit. Ich hoffe, er kommt noch mal vorbei und ich geb ihm etwas Salat und Rosenkohl und wir unterhalten uns mal ausführlich darüber, wie es so ist, so gewaltige Hörner mit sich rumzuschleppen. Und über den ganzen Rest …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert