Schweiz. Israel.

Während des Sechstagekriegs 1967, verkauften wir Kinder – von der Schule angeregt – Jaffa-Orangen und Jaffa-Grapefruits auf der Straße. Israel war gut. Israel war klein und von Feinden umzingelt. Israel hatte eine Superarmee. Die zweitbeste der Welt (die beste hatten natürlich wir, die Schweizer). Israel kämpfte um seine Existenz. Israel war genau wie wir. Israel war die Schweiz des Nahen Ostens. Man lachte über die Araber, die, um besser flüchten zu können, auch ihre Sandalen zurückließen.

1972-73 wurden viele meiner neuen Freunde, Kommunisten. Wir waren 16-Jahre alt, weg von zuhause und etwas einsam in der «großen» Stadt. Sie erzählten mir, dass Israel ein echtes Schwein war, der zionistische Büttel des aggressiven Imperalisten USA, ein Armeestützpunkt des Klassenfeindes im Nahen Osten. Ich wusste nicht so recht.
Damals waren die Kommunisten mit ihrer Meinung noch in der Minderheit. Diese Minderheit bestand aus meinen Freunden  – und ihren Chefs, die sie Abend für Abend in Marxexegesen drängten. Wenn sie zwischendurch mal einen Joint rauchten, zogen sie nun die doppelte Paranoia auf. Einmal ihrer Chefs und Eltern wegen und zweitens sahen ihre ideologischen Führer die Kifferei nicht besonders gerne.

Heute gibt es keine Schweizerkinder mehr, die Jaffa-Orangen für Israel verkaufen würden. Die Meinung der Kommunisten der 70-iger hat sich mehrheitlich durchgesetzt. Der europäische Antiamerikaner ist auch Antiisraelisch. Folgerichtig, irgendwie.

Israel gilt nicht mehr als die Schweiz des Nahen Ostens. Die Schweizer Armee ist auch nicht mehr die Beste der Welt. Manchmal frage ich mich, ob es sie überhaupt noch gibt, die Armee? Den berühmten Schweizer Wehrwillen? Braucht man nicht mehr, heutzutage.  Bisher war ja der Ami der Garant, dass der Russe hinter der Oder blieb. Aber den brauchen wir auch nicht mehr, den Ami.
Was wir brauchen ist eine ordentliche Internetverbindung und Fahrradhelme für unsere Kinder. Bei der Vorstellung, dass wir tagtäglich Raketenbeschuss ausgesetzt sind, wie die Israelis, kriegen wir eine Wut. Auf Israel. Gäbe es Israel nicht, gäbe es auch keinen Raketenbeschuss. Ohne Schwule, müsste auch Putin keine schwulenfeindliche Gesetze erlassen. Ohne Asylwerber kein Flüchtlingsproblem.
Wer hätte ahnen können, dass es so verdammt einfach ist. Aber da muss man erst mal draufkommen …

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