Sehr, sehr nett

Ich komm so des Wegs, ziemlich verschwitzt vom Training, und natürlich gut drauf, wie immer nach dem Training, und da steht dieses massive orange Müllabfuhrmonster mitten auf dem Zebrastreifen und blockiert die Kreuzung. Ich stelle mir oft vor, Müllmann zu sein. Toller Job. Ehrlich. Immer an der frischen Luft, ein Job voll Tempo und Anstrengung. Es sind alle, ausnahmslos, starke Jungs, ich würde gut dazu passen.  Und Fuckin gut bezahlt. Die Jobs sind so begehrt, dass sie praktisch nur als Erbe zu kriegen sind.

Aber am Steuer des Müllmonsters, saß, ganz weit oben, keiner dieser Lackeln. Ich erblickte einen sehr hübschen Lockenkopf. Verdammt. Eine Frau. Sie schenkte mir ein Lächeln und winkte, was bedeutete: Geh ruhig auf die andere Seite, ich fahr dich nicht übern Haufen. Ich lächelte zurück – und ging. Tatsächlich. Ich kam heil drüben an. Das war sehr, sehr nett…

Protest

Ich bin Mitglied der Grazer AutorInnenversammlung. Ich weiß nicht mehr genau, wie es dazu kam. Und weiß es immer weniger. Lange Jahre war ich eine Karteileiche, was nicht weiter auffiel, da der Verband keine sichtbaren Aktivitäten entfaltete. Nun ist es anders. Jetzt kriege ich regelmäßig Mails vom Vorstand.
Es sieht so aus, als wäre so eine Autorinnenvereinigung vor allem dazu da, gegen irgendwas zu protestieren. Warum auch nicht? Da steht immer was an. Und was sollte man auch sonst tun? Bei dreißig Euronen Mitgliederbeitrag.
Den besten Protest, finde ich, ist immer noch der Protest gegen sich selber.
Aber lassen wir das, und wenden uns dem neuesten Objekt des Protestes zu, den «Verhaltenstipps des BMI zum Schutz der eigenen Sicherheit bei Amok und Terror“, gegen deren Verbreitung der „Vorstand aufs schärfste protestiert.»

Unter diesem Link kann man nachlesen, wie das Innenminsterium und einige andere Sicherheitsleute sich das Verhalten bei einem Anschlag vorstellen.

https://www.bmi.gv.at/news.aspx?id=6F6A3849394C304F794A6F3D

Ich konnte nach der Lektüre nichts Verwerfliches feststellen. Im Gegenteil. Mir schienen die Tipps ordentlich und vernünftig. Ich denke, ich würde auch so ähnlich handeln. Auch ohne Ratschläge aus dem Innenministerium.

«Wir verwehren uns entschieden gegen diese Art von Panikmache und manipulativem Sprachgebrauch“, schreibt der Vorstand. «Es werden Bedrohungsszenarien entworfen, um Ängste zu erzeugen, die jeglicher realen Grundlage entbehren.»

Halleluja! Wie schön. Oder: Wie dämlich und/oder schwachsinnig muss man sein, dass man solche Sätze hinschreiben kann?
Wenn die Terminologie geändert wird, verschwindet damit auch das Problem. Das kann in letzter Zeit immer wieder erfahren werden. Und damit ist dann alles wieder gut. Oder?

Ich protestiere auf Schärfste gegen meine Mitgliedschaft in diesem Verein!

Buchpreis (io conosco i tedesci!)

Am 13. September sagte ich im Blog unter dem Titel „Die Kraft des Namens“ voraus, wer den deutschen Buchpreis 2018 gewinnen wird, und ich sagte auch, warum dem so sein wird.

Und so kam es auch.

Gute Nacht, Deutschland, schlaf weiter.

P.S. Im weiteren wage ich die Voraussage, dass das (halb) geschredderte Bild von Banksy nicht mehr 1, 2 Millionen kosten wird, sondern mindestens das Doppelte.

Schlaft weiter, Banksys aller Länder, die ihr glaubt den Kunstmarkt unterlaufen zu können!

Gute Taten-schlechte Taten?

Neulich spendete ich Geld für jesidische Musiker, die angeblich irgendwo in Ägypten gestrandet sind, und so dermaßen am Arsch waren, dass sie selbst ihr Handy verkaufen mussten. Das rührte mich. Man muss sich das vorstellen: kein Handy! In der Fremde. Man schaudert.
Das ist schon eine Weile her, und ich habe keinen Tau, ob es diese Musiker überhaupt gibt,und  wenn ja, wie es ihnen erging oder ob mein Raps einfach auf dem Konto eines Cleverkowskis gelandet ist.

Dann habe ich wieder gespendet, für die Ausbildung von Menschen in Sierra Leone oder so. Man wird sie mit meinem Raps zu Polymechs, Elektronikern, Bankangestellten und Ingenieuren ausbilden. Wenn sie ausgelernt haben, werden sie erkennen, dass es in ihren Ländern keine Jobs für so hervorragend ausgelbildete Leute gibt. Dann landen sie – wenn sie Glück haben -, auf der Aquarius und wenn nicht, auf dem Meeresgrund.

Ich denke, ich spende nur noch für die Bettler in meiner nächsten Umgebung. Es wird Winter, und es wird hart für die Jungs.

Déjà vu? Oder was.

„…Bei dieser Stimmungslage ist es sicher sinnlos, darauf aufmerksam zu machen, dass auch die meisten Männer Wut und Abscheu und Trauer empfinden über jede Vergewaltigung und jeden Mord. Zusätzlicher Ekel überkommt viele Männer jedoch  angesichts der Schamlosigkeit, mit der eine ermordete Frau zum Anlass genommen wird, um missliebige Meinungen anzuprangern und Leute einzuschüchtern…»

Jörg Fauser, 1984 in seiner Caliban-Kolumne „Die neuen Prüden.»

Ich habe diese Kolumnen wieder mal gelesen. Es ist, als läse man Kommentare zu 2018.

Schlager

Gestern hörte ich  durch Zufall die neuste Schlagerschnulze von Element of crime. Sie heißt „Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“.
Ich bekam ein bisschen Gänsehaut. Nur so ein Hauch. Man nennt es auch Fremdscham.
Ich nehme mal an, dass die Element-Fans nichts von Helene Fischers Schlager halten.
Aber ich frage mich, wo denn der Unterschied ist?
Außer, das „Atemlos“ um Längen besser ist.

German disease

Geht ein deutscher Comedian zum Urologen – und macht einen Sketch daraus.
Und weil es ihm gefallen hat, und er es unglaublich sinnvoll findet, dass er es getan hat, ist er nun absolut davon überzeugt, dass ich, und alle anderen Prostatanten es auch tun sollten. Eigentlich tun müssten.

Das ist sein Sketch: Ich war beim Urologen, kriegte 5 Sekunden einen Finger  hinten rein. Ihr solltet es auch tun. Lass euch den gesalbten Finger reinschieben. Es ist wichtig! Es ist sinnvoll! Ich habe es getan. Ihr solltet es auch tun! Unbedingt. Das ist real fuckin’ german comedy!

Und es ist auch gleichzeitig die „German disease“. Und sie ist, wie der Comedian, nicht lustig, geistreich oder unterhaltend. Sie ist einfach nur Finger im Arsch. Sie nervt so ziemlich alle anderen.

Es gibt, habe ich mir sagen lassen, schon Leute die gewisse Parallelen zu weltbewegenden Themen neueren Datums erkennen können.

Ich finde, der Comedian sollte nicht zum Urologen gehen, sondern zum Psychiater. Aber danach müssen wir auch alle hin…

«Starke Frau»

Heute fragte ich mich wieder mal, was eigentlich aus der „schwachen Frau“ geworden ist. Und so wie die „Leute“ (außer in der Schweiz, siehe Blogeintrag) verschwunden sind, respektive in „Menschen“ verwandelt wurden, so ist auch eine Frau kaum mehr ohne das Attribut „stark“ zu finden. Dieses Attribut ist schon so mit dem Substantiv Frau verlötet, dass es nicht mehr zu trennen ist. Eigentlich ist „starke Frau“, medial gesehen, bereits eine Tautologie.

Falls jemand das vielleicht schon letzte Exemplar einer schwachen Frau sichtet: Bitte melden.
Als Belohnung winkt ein kleiner, herziger #Metoo-shitstorm.

Gemesserter Journalist

In Naumburg, Sachsen-Anhalt, wurde ein Journalist von drei Neonazis angegriffen und gemessert. Er liegt mit einem Bauchstich im Spital.

Gibt es jetzt auch Demos der Bevölkerung? Zum Beispiel gegen messernde Neonazis?
Und wenn, sieht man dann nur junges Volk mit farbigen Haaren oder auch das „Wir sind das Volk“?