3. Urlaubstag

Inzwischen hab ich den 1000-sten abgewehrten Spam in meinen Kommentaren gesichtet und eliminiert. Das Verhältnis von veröffentlichten Blog-Kommentaren und Spams beträgt ziemlich genau 1:5.

Ich habe bisher 292 Beiträge veröffentlicht, wir nähern uns dem letzten Sechstel. Alles umsonst, meine lieben Leser, kostet Sie gar nix, mein Zeug zu lesen! Ja, stimmt schon, mag jetzt der eine oder die andere proleten, soll er doch froh sein, dass er nicht noch zahlen muss damit wir seine laschen Dinger reinziehen.
Nun, unsere Welt ist eine Umsonst-Welt geworden. Musik aus dem Kabel, bald auch jeder Bestseller für n’Appel und n’Ei von Google erhältlich, virtuelle Eintritte in jedes Muesum der Welt, Lesungen mit Fütterungs -und Lampenfüll-Garantie, und die wahren Cracks, die nehm ma mit, wenn sie gleich um die Ecke, beim hochsubventionierten Kellertheater vorbeikommen: die Hürlimanns, die Capusse, und die Muschgens.
Hugo Lötscher ist leider nicht mehr. Die Druckpressen werden schon bei der Nachricht von seiner Herzoperation angeworfen worden sein. Vielleicht.
Früher, als die Arbeit des Künstlers noch nicht umsonst verteilt werden musste, wär’s auf jeden Fall so gewesen, aber heute? Eine Dünndruckausgabe des Gesamtwerks Lötschers als Beigabe zur Gratiszeitung «20 Minuten»?
Mit Preisausschreiben und Gewinnfrage? Wie heißt der Autor Hugo Lötscher mit Vornamen?
1. Preis eine lebenslange Weltreise mit sämtlichen Luxuskreuzfahrtschiffen der Welt. Adrenalinkitzelnder Piratenkontakt garantiert.

Und regnen tut’s auch noch.
An meinem dritten Urlaubstag.

2. Urlaubstag

Ella mochte ihre zweite Wurst nicht mehr essen, gestern Abend, beim Grillen, es war eine Cervelat, den die Mädchen bereits ungeschält verzehren, und ich sagte ihr, sie solle das Teil dort unten neben dem Zaunpfahl ins Gras legen, und es wäre dann sicher morgen nicht mehr da.
Warum?, fragten die Mädchen. Na ja, sagte ich, Katz-Hund-Fuchs-Marder-Wolf-Bär. Keine Kühe, keine Schafe und Ziegen. Sie sahen mich ein wenig ungläugig an, taten aber wie geheißen.

Als die Sonne hinter Frau Heebs prächtigen Busch gefallen war und der Himmel noch so sehnsüchtig nachglomm und in diesem Glimmen dunkle, flache Wolkenschlieren schwammen und das letzte Tageslicht, wie eine geschlagene Fußballmannschaft mit hängenden Köpfen, vom Platz schlich, fiel mein Blick auf ein Tier, dass hinter einem Holzstoß ins mittelhohe Gras trat.
Katze, sagte ich, schaut, da ist schon die Katze! Aber ich hatte die zweite Silbe noch nicht erreicht, als mir schon klar war, dass es keine Katze war, sondern dass wir Besuch von Reineke bekamen.

Ich hatte schon Füchse gesehen, scheue Tiere mit aufgestellten Lauschern, Löffeln, oder wie die Dinger heißen; nervöse, grenzparanoid witternde Tiere, unglaublich auf der Hut, wie das Wappentier meines Verlags, der Kojote, ja, so kannte ich Reineke, aber dieser Reineke verhielt sich zu jenen die ich kannte, wie Paris Hilton zur alternden Greta Garbo, er kam gleich mal heran und sah sich uns drei an. Keine 2 Meter entfernt.

Das ist für einen Vater, und gerade einen in meinem Alter, kein Schleck. Denn ich wuchs noch mit den Warnungen vor den Gefahren der Tollwut auf, und eines der Merkmale befallener Wildtieren ist, dass sie keine Scheu vor uns zeigen.

Ich klatschte in die Hände, aber es bedurfte schon mehr um Reineke zu ein, zwei Sidesteps zu bewegen, ich musste meine Körpermassen aus dem Sessel stemmen. Aber er kam wieder, lag doch noch ein kleines, im Gras verborgenes Stück Olmabratwurst zu meinen Füßen.

Ich erzählte den Mädchen was ich von Tollwut wusste und wie man sich da verhielt. Das hätte ich besser nicht getan. Die Ausführungen verschafften mir einen ganz schlechten Start in den zweiten Urlaubstag, da mein kleines Mädchen nächtens von Traum-Füchsen heimgesucht wurde und fuchtelnd und mit den Füßen kickend, Zuflucht bei mir suchte.

Aber Frau Berg, deren erklärter Fan ich bin, und der ich die Fuchssache mailte, wusste in Zürich besser Bescheid als ich in den Appenzeller Hügeln und schrieb, dass die Füchse bekanntermaßen nun bereits bis zur Haustüre schnürten.
Das war mir neu.
Wie seltsam. Wie immer, wenn das Bekannte und Vertraute plötzlich neuen Einsichten weichen muss. Als würden Adler auf meinem Fensterbrett landen und ich könnte sie mit eingebrockten Semmeln füttern, als würde Paris Hilton beim Anblick von Kameras zu kotzen anfangen, als würden ÖVP-Politiker klare Handlungen gegen Rechts setzen, Wort halten, und ihrer Stände-Ideologie abschwören.
Nee, das dann doch nicht. Dann schon eher Adler auf der Fensterbank und Pythons die Rilke Gedichte rezitieren.

Heute waren wir urlaubsmäßig wandern. Zuerst auf die Rütegg, wo’s für die Mädchen Nussgipfel gab und für mich einen Schwatz mit Werner Bucher, dann runter über Riethof nach Heiden.
Verdammt, ich sage es gern: Was für tolle Mädels!

1. Urlaubstag

Das Auffallende gleich zu Beginn: Hier ist ein Urlaubstag wie ein Arbeitstag, nur ohne Arbeit.
Die Sonne kommt immer später und die Mädchen schlafen immer länger, nur ich bin immer gleich.
Ich weiß nicht recht, was ich sagen soll, aber der Wechsel der Jahreszeiten berührt mich tief. Schon seh ich bei der Nachbarin Frau Heeb die letzten Sonnenstrahlen des Abends durch die ersten farbigen Blätter fallen.

Ein Gefühl? Ja, schon. Wie ein Blues. Langsam und glücklichmachend in seiner schweren Traurigkeit. Das alles ein Ende hat. Und einen Anfang. Und wieder ein Ende.

Wie las ich gerade bei Fauser, dessen 1600 Seiten journalistische Arbeiten (Strand der Städte, Alexander Verlag) ich mir zum Urlaub gönne: «Unser Grundgesetz sagt im ersten Satz, die Würde des Menschen sei unantastbar, aber das Leben wird immer würdeloser, nur selten trifft man noch einen, der allein mit der unendlichen Schmach des Menschen fertig wird, der verurteilt ist zur Gesamtschule, Gesamtkultur und dem ewigen Gedröhn der Menge…»

Ja. Vor allem Gedröhn. Der Schweizer hat einen Zwang zur Höflichkeit, der Österreicher zum Linkmicheln, und die Jugend zum Lärm. Heute im Bad, wohin ich mit den Mädchen fuhr, droschen zwei Bubis mit Plastikteilen auf das Wasser ein. Es ist das Gedröhne allerorten, das die Welt zersetzt wie die Fäulnisbakterien den Kadaver.

Naht bereits die Cohensche Zeit fürs buddhistische Kloster? So alt bin ich schon wieder? Dabei gäbs doch noch einiges zu tun. Nach dem Urlaub. Denn jetzt liest man im Feuilleton vom Sterben kleiner Verlage. Muss doch auch noch ein kleiner durchhalten. Nicht nur durchhalten, sondern lustvoll durchhalten. Bitter, aber mit einem rechten Hammer ausgestattet wie Lennox Lewis. Hoffnungslos, aber ohne einen Gedanken daran, den Löffel vorzeitig abzugeben. Traurig, aber mit einem Keller voll guten Weins.

Tja, die Verlagsgeschichten. Vielleicht hört ja mal dieses Auflagengelüge auf, vielleicht sieht der eine oder andere dem Unabänderlichen ins Auge? Und was ist das? Vielleicht ein Armutsgelübde? Im Kloster ist sowieso Sense mit allem Materiellen. Frage: Was könnte uns denn abgehen? Das TV? Die «Kultur»? Der neue VW Golf? Die Stiefeletten von Prada? Das besoffen lallende Gedröhne am Wochenende in St. Gallens Straßen?

Heute ist Urlaub. Punkt. Heute grillt der Papa für die Mädchen. Und für sich selber. Er wird kühlen Zweigelt dazu trinken. Sich vielleicht ein kleines Bier gönnen. Sie werden den Brunnen plätschern hören. Die Sonne wird hinter Frau Heebs Busch sinken, rot, wie auf Capri. Die Blätter werden in der leichten Brise rascheln. Der Duft der Bratwürste wird bis nach Wald ziehen. Und wenn ich Glück habe, werden die Mädchen friedlich sein und sich erst nachher beim Zähneputzen tüchtig streiten. Manchmal hat man ja Glück. Auch im Urlaub.

Mach ich jetzt Urlaub?

Heute gingen Doblers «Rosa…» und mein «LOG» zum Drucker. Rosa ist ein nettes Baby, schlief auch immer fein durch. Es hat wunderschöne, kluge Augen, und es wird ein sehr schönes Mädchen werden. Man wird es allerorten mögen.
Das LOG-Baby ist das Gegenteil davon. Nur Ärger mit dem Bankert! Aber was soll man machen? Ich weiß es nicht. Ich bin ein wenig müde von der nächtlichen Aufsteherei. Andauernd wollte das LOG-Baby was anderes haben. Nix passte ihm. Aber wenn es den Monsieur Egger als Babysitter gehabt hätte, ja dann… Aber es hatte halt nur mich.

Ich glaube, ich werde mir ein paar Tage Urlaub gönnen. Na ja, vielleicht zwei oder drei.
Ich lese in den österreichischen Zeitungen, dass man es in Österreich nicht mehr weit hat. Jetzt bäumt man sich gerade noch mal ein wenig gegen die Holidiliü-Nazis auf, und der Kanzler benutzt sein Aufmucken gegen Rechts als Disziplinierungsmaßnahme gegen eigene Parteimitglieder, die ihm auf der Nase rumtanzen. Wenn das Tänzchen zu Ende ist, werden ihm auch die Holidiliüs wieder wurscht sein.
Das ist so bei den Ösis: Sie können nicht anders. Wenn nicht alles korrumpiert, verlottert und moralisch verkommen ist, fühlen sie sich irgendwie nicht im Strumpf. Dann werden sie misstrauisch. Und wähnen schon die Piefkes im Land.
Wenn’s nur so wäre. Selbst mit diesem Papst.

Mach ich jetzt Urlaub?

Bravo, Herr Köhlmeier!

Der Vorarlberger Holiduliü-Faschist, Dieter Egger, hat sich aus seinem liberalen Panty gestrippt und uns einen Blick auf den im braunen Tanga kaschierten Dildo werfen lassen. Dass es sich um einen Dildo handelt ist gewiss, denn eine Partei die gegen Minderheiten hetzt, hat keine «Cojones», höchstens ein Schwänzchen, dass bei Gelegenheit einzuziehen ist.
Sein antisemitisches Geschwätz zu wiederholen erübrigt sich; es ist immer das gleiche: Heruntermachen von Minderheiten, anschütten, anwerfen, Hass schüren und dann sagen, man wird doch wohl noch die «Heimat» verteidigen dürfen.

Landeshauptmann Sausgruber will die Koalition mit der FPÖ aufkündigen. Gut. Aber es erhebt sich trotzdem die Frage, warum er sie überhaupt eingegangen ist? Wär nicht nötig gewesen. Lernen es die christtlichen Buben und Mädchen endlich? Nicht mit den Holiduliüfaschisten kuscheln. Na, wir werden sehen. Oder hat die ÖVP in Vorarlberg auch nur einen Dildo in der Hose? Könnte es sein, dass ich vielleicht ein wenig skeptisch bin?

Der Autor Michael Köhlmeier hat klare Worte gefunden: Er wil Justizministerin Claudia Bandion-Ortner einen Brief schreiben. Es sei der Straftatbestand von Verhetzung und Wiederbetätigung zu prüfen. Ihm tue Eggers Aussage auch deshalb weh, «weil Hanno Loewy so viel für diese Stadt getan hat. Der wahre Nestbeschmutzer ist Herr Egger», sagte Köhlmeier.
Die beständige Angst vor braunem Bodensatz im Land kenne er. «Aber wir erzittern beständig vor 20 Prozent und übersehen dabei, dass 80 Prozent das zutiefst ekelhaft finden. Wenn es so etwas wie einen kleinsten gemeinsamen Nenner gibt, dann den, dass man solche Nazisprüche nicht akzeptiert», so Köhlmeier.

Bravo, Herr Köhlmeier! Auch wenn ich nicht glauben mag, dass die Aussagen von Dildo-Egger von 80% als ekelhaft empfunden werden. Bravo! Auch wenn ich finde, dass wir nicht zulassen sollten, dass uns dieses Gesocks «weh tut».
Und noch etwas: I’m sorry, Kinder, aber ich glaube nicht mehr so recht an den Storch!

Trotzdem: Ich bin (ein wenig) gespannt darauf, ob die ÖVP ihre Worte wahr macht.
Ich gebe es zu: Ich kann’s nicht wirklich glauben.

«Ich les sonst keine Bücher…»

1987 kam mal ein Punker zu mir und sagte: «Ich les sonst keine Bücher, aber deines fand ich scharf.»
Meine Güte, war ich geschmeichelt. Mein Buch! Ein Punker! Für diese Leute schrieb ich doch? Das machte Sinn. War ich ein Genie?
Jedenfalls fühlte ich mich sehr geehrt, so sehr, dass mir nicht mal auffiel wie hirnrissig der Spruch eigentlich ist.

…Ich find ja Fußball zum Kotzen, aber so wie der FC Hilterfingen kickt, ist einfach genial…
…Ich schau ja nie Boxen, aber so wie Klitschko Uschi Glas verkloppt hat, ist einfach sehenswert…
…Ich mach mir ja nichts aus Süßigkeiten, aber für die Vermicelles im Migrosrestaurant würd ich Babies foltern…
…Ich mach mir ja nix aus Stars, aber so wie Britney Spears ohne Unterwäsche im Auto sass und uns einen Blick auf den Karton gestattete, das war einfach himmlisch…
…Ich mach mir ja nichts aus Musik, aber so wie der taube Beethoven die Neunte noch hingekriegt hat, das muss ihm Madonna erst mal nachmachen…
…Ich mach mir ja nichts aus Blogs, aber dem Niedermann seiner, der hat was…

Ich gebe es zu: immer wieder habe ich diesen Spruch mal angebracht. Eigentlich ist er dümmer als die Polizei erlaubt, und weist den bemitleidenswerten Ignoranten aus. Oder einen Sprachohnmächtigen, der gerade keinen Superlativ zur Hand hat.

Gestrichen———–

Henk und Kinder und Handwerk

Henk hat recht. Es gibt tatsächlich keine dicken Kinder hier. Ich habe mich heute beim Schwimmen wieder davon überzeugen können. Die Jungs sehen aus wie wir damals ausgesehen haben. Jede Rippe vom Schiff aus zählbar. Es ist fast unglaublich.

In meiner Zeit als Fitness -und Krafttrainer kamen hin und wieder Schulklassen zu uns, um sich den Laden anzuschauen. Diese Teenies müssten, im Vergleich zu denen in Heiden, als behindert gelten. Keiner schaffte einen Klimmzug, keiner einen Barrestütz. Entweder waren sie «ausgfressen» und «blaad» oder sonst solche «Zniachtl», dass man wegschauen wollte.
Aber im Boxraum gings immer gleich zur Sache. Immerhin.

Nun, seit zwei Tagen denk ich daran, etwas über den letzten Montag Abend (Heftvernissage: Obacht/Kultur «Handwerk» in Appenzell) zu schreiben. Über ‹Handwerk›. Der Vortrag, den ich darüber zu Ohren bekam, hinterließ doch einen äußerst zwiespältigen Eindruck. Das Ding ist komplexer, als es auf den ersten Blick aussieht. Wie so viele andere Kisten auch.

Ich glaube nicht ans Handwerk. Nicht mal an eine Renaissance. Es wohnte ihm einst ein Zauber inne, und von dem konnte ich mich in der Werkstatt des Herrn Fässler mehr als überzeugen. Was für toller Kram! Aber dieser Zauber weht aus einer versunkenen Welt zu uns herrüber.
Meine Bewunderung für jenen Böttcher, den ich in der Doku «Der Letzte seines Standes» gesehen habe, ist geradezu fanartig; für ihn und seine völlig abfallfreie Welt, sein atemraubendes Geschick im Umgang mit rasiermesserscharfen Äxten.
Ihn dann später auf irgendeinem Bauermarkt sitzen zu sehen, wo er seine Arbeiten feilbietet, vor allem die kleineren Tröge, ist nicht mal mehr ernüchternd, sondern schmerzlich. Niemand kann damit was anfangen. Und was er dafür kriegt, entspricht im Verhältnis dem Lohn, den ein leidlich beachteter Roman einem Autor einbringt. Man spricht lieber nicht davon und verdrängt.
Nun, niemand schlachtet mehr seine Schweine im Hof und braucht deswegen Bottiche um darin das Schwein zu sieden. Die kleineren Bottiche landen, wenn überhaupt, in überladenen Wohnzimmern als Blumentopf. Es ist vorbei. Let it go!

So schaut’s aus. Und wir müssen es aushalten. Wir, die wir unsere Babies in Plastikwannen baden und ihnen Superschuhe aus Goretex an die Füße binden.
Heute begegnet uns das Handwerk im glitzernden Büßergewand der Kunst.

Dichterstubete. 3 x kurz, 3 x lang, 3 x kurz

«So eine Dichterstubete ist schön, macht aber viel Arbeit». Um mit einem abgewandelten Wort Karl Valentins zu sprechen.

Diesmal hatten wir den famosen Storyteller Alex Capus und den fehlerfrei und speedig slammenden Poeten Etrit Hasler zu Gast (dessen Vortrag von meiner 11-Jährigen Tochter als ziemlich cool empfunden wurde), zwei feine Herren, die auch mit 3-5 Mal soviel Publikumsandrang fertig geworden wären. Ich übrigens auch. Vielleicht nicht die Gulaschküche, aber da gab es ja Hilfe, und auch das hätten wir gepackt, ein paar Kilo Mehlige und Festkochende liegen noch unter dem Küchelnregal. Ebenso getrocknete Steinpilze, Liebstöckel, Muskat, Majoran, Paprika, Zwiebel; und das eigens für den Anlass geschärfte Armeekochmesser blinkte vor Zuversicht.

Also, wir hätten’s gepackt. Ohne Frage. Aber es hat wieder nicht sollen sein.
Wald liegt halt eben doch hinter den sieben Hügeln, wie St. Gallen oder Wien. Nur Woodstock scheint sehr zentral zu sein und von überall her erreichbar.

Aber ich will nicht klagen. Will ich ja nie. Aber ein wenig darüber nachdenken schon.

Voraus geschickt sei, dass es wieder ein Abend vom Feinsten war, die reine Freude, und niemand weinte, weil es nichts zu trinken gab; die 3 Dichter stubeten einmal drin und gar zweimal draußen im Garten, an dem langen, langen Tisch: drei mal kurz, dreimal lang, drei mal kurz. Die Pfadis unter uns horchen jetzt auf und spitzen die Ohren: SOS. Save our Souls.

Als gegen 16 Uhr schon etwa 10 Menschen anwesend waren, dachte ich für einen Moment an Verkehrschaos und Sessel -und Platzknappheit, aber die Herrschaften kamen, blieben ein Weilchen und gingen ein Weilchen. Einige blieben bis zum netten Ende, gegen halb 4.

Hab ich schon gesagt, dass es mir sehr gefiel? Ich glaube schon. Und als wir nur noch zu dritt waren, meine Frau, Alex Capus und ich, fragte ich den Alex nach seiner Einschätzung, warum auch sein hell klingender Name, seine Fama und Ruhmredigkeit nicht wie sonst die Massen heran gelockt hatte? Seine Antwort gab mir zu denken. Vor allem, weil sie vermutlich ziemlich frei von wohlfeiler Spekulation ist. Er meinte, so etwa im Sinne, dass es vor allem der Veranstalter ist, der Leute heran bringt, und nicht die Akteure.

Das ließ mich schlucken. Aber den Wahrheitsgehalt kann man ja an jeder Kneipe überprüfen. Es ist immer der Wirt, die Wirtin, die das Ding machen. Und das braucht auch seine Zeit. Etablierungszeit. Die hat so eine Artistlein in Residence natürlich nicht.

(Nachtrag. Ich möchte niemandem die Meinung von «On the road»-Leseprofi Franz Dobler vorenthalten: «aber auch der capus hat nur halb recht, das ist meine erfahrung, und man sollte keine der beiden hälften, von denen man gern eine vergisst, vergessen».)

Das ist irgendwie nicht nett. Aber andererseits, ich gestehe es, wohnt in dieser Einsicht auch etwas Tröstliches. Denn in der Frage, warum nicht die Massen herpilgern, kann nun eine Fehlerkomponente ausgeschlossen werden, an dieser Schraube wird nicht mehr gedreht. Es sind nicht die Namen. Das finde ich gut. Und als methodisch Arbeitender, fällt mir da auch einiges von den Schultern.

Vielleicht ergibt sich ja für der Erfinder der Dichterstubete weiterhin die Gelegenheit, sein Ding zu machen und an seiner Fama zu arbeiten, bis der Ruhm von Woodstock vollkommen verblasst ist.