«Lass dich nicht beirren, in dieser irren Zeit»

In meinem Leben gibt es eine Konstante, die alle anderen überragt, wie der Mont Blanc die Alpengipfel; nämlich die, dass mir jemand etwas anschaffen will, meine Moral korrigieren; meine Einstellung und mein Verhalten kritisiert, die es beide dringend zu verändern gelte.

Begonnen hat es mit Gott. Gott war ein Agent und Spion meiner Eltern. Der Mother sah einfach alles, wusste alles, und vor allem: er strafte sofort. Kleine, lässliche Sünden wurden durch schmerzhafte Ungeschicklichkeiten vergolten. Ich war noch keine fünf Jahre alt, als ich mir das nicht mehr gefallen ließ. Ich marschierte ins Elternschlafzimmer, griff mir ein Jesus-Bild hinter Glas, warf es zu Boden und zertrampelte es. „So, jetzt hab ich Gott auch mal gestraft“, soll ich gesagt haben.
Dass ich nur den Sohn drankriegte, war ein bisschen schade, aber Gott ließ sich ja, feige wie er ist, nie blicken.

Später trat Gott etwas in den Schatten von allgemeinen gesellschaftlichen Wertevorstellungen: Keine langen Haare (ist unmännlich), keine Jeans mit Schlag, keine Rockmusik, kein Hippizeugs, und ja keine Drogen.

Und genau das war es, was ich wollte – und was ich tat. Lange Haare, Jeans, Rock, Hippiezeugs, Drugs.

Ich war sechszehn oder siebzehn, und meine Freunde aus dem Lehrlingsheim waren Kommunisten, und sprachen mehr und mehr nur noch in abgepackten Sätzen. Zusehends redeten sie mir ein, dass mein Lesestoff, meine Musik, mein romantisches Wesen, einfach nur falsch war, und dem Klassenfeind nutzte; dem amerikanischen Hegemon und seinem zionistischen Büttel Israel. Atomkraftwerke (es war Anfang der70er) waren nur schlecht, wenn sie im Kapitalismus betrieben wurden. Ansonsten waren sie ein Segen für das Proletariat.

Ich entzog mich durch Ortswechsel. Aber nur etwas später fand man es kaum tragbar, dass ich nicht an den Anti-Atom-Demos auftauchte. Ich hielt und halte AKWS nicht für Teufelszeug, und man kann mir jederzeit ein Fässchen Atommüll zur Aufbewahrung vorbeibringen. Ich war nicht Technikfeindlich. Ich hatte einen technischen Beruf erlernt.

Dann ging es darum die RAF gut zu finden, und die BRD als faschistischen Staat zu begreifen. Ich gestehe, dass ich so halbwegs dieser Meinung war. Nicht, dass es mich durchdringend interessiert oder ich mich ausgekannt hätte, aber meine Stimmung war gerade radikal und mein Blickfeld verengt. Man war der Meinung, dass ich nicht mehr Bob Dylan hören sollte, und das Johnny Cash sowieso ein rechtsradikaler, bigotter Pimpf war.
Ich tat es trotzdem. Vorwiegend heimlich.

Dann ging es gegen die Stationierung von Pershing-Raketen in der BRD. Peace, Peace, Peace. Dass die Russen ihre Raketen gegen uns gerichtet hatten, war okay. Schliesslich bedrohte die NATO die guten Kommunisten hinter dem Vorhang. (Hat sich kaum was geändert, im Mind von vielen Linken und nun auch Rechten.)

In den späten neunzigern und frühen Zweitausendern, in der „Haider-Ära“ Österreichs, durfte niemand mehr kritisiert werden der links stand. „Das nützt nur Haider“, hieß es. Aber es hätte da einiges zu bekritteln gegeben.

Allmählich dämmerte mir, dass es immer jemand geben würde, der sich berufen fühlte, mich (und andere) zu korrigieren, Vorschriften zu machen, und mir meine/unsere vermeintliche Torheiten aufzuzeigen.

So wie es heute die autoritären Woken versuchen.

Junge schwarze, reiche, privilegierte Absolventinnen von Eliteunis, sehen sich berufen mir und anderen zuzurufen, dass wir alte, weiße Cis-Männer gefälligst die Fresse zu halten haben, weil wir (wie es die reiche, privilegierte, unendlich geschäfsttüchtige, weiße Cunt namens Robin DiAngelo in ihrem Buch „White Fragility“ behauptet), schon von Geburt an Rassisten sind.
Dabei hat die schwarze junge Lady mit einer gleichaltrigen Schwarzen in irgendeinem Flüchtlingslager soviel zu tun, wie ein 70 Jahre alter, weißer, in seiner Seiche liegender obdachloser Bulgare, mit den Weißen-Mann Privilegien eines Donald Trump.

Und dieser Meinung schliessen sich auch Linkskapitalisten an, die alle Hände voll zu haben, Besitz zu erwerben.

Und schon haben wir wieder jemand, der darüber bestimmen will, was ich zu denken, zu sagen, zu lesen, zu sehen, zu tun habe.

Schätze, es wird nicht das letzte Mal sein.
Und es ist auch bestimmt nicht das letzte Mal, dass ich sage:
Go fuck your self!

Aber in einem haben die Woken sicher recht.
Ich sage es mit den Worten eines meiner Lieblings-Comedians, dem Briten Jimmy Carr:

„Schwarze dürfen Witze über Schwarze machen. Juden über Juden. Lesben über Lesben, Schwule über Schwule. – Gehn zwei Päderasten in den Park …»

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert