Überleben in der Bauschlochlokratie

Seit gut zwei Jahren bin ich ein Gefangener der Bauschlochlokratie. Ich kämpfe, sozusagen, um mein Überleben, ich fighte um meine geistige und physische Gesundheit. Die geistige betrifft das, was viele Kollegen als Arbeit bezeichnen würden, das Schreiben; die physische Gesundheit ist durch den täglichen, stundenlangen, mitunter infernalischen Lärm gefährdet. Blutdruck. Apathie. Wutausbrüche. Gehörschäden. Nervenschäden.

Was geschieht mit mir, mir, der von Gesetzes wegen dazu verdammt ist, diese Lärmhölle zu ertragen? Ja, von Gesetzes wegen. In einem Land, wie Österreich, wo rechte und sogenannte konsevative Politiker allen vorleben, dass was legal, auch legitim ist, hat einer wie ich keine Chance.

Es ist legal, ohne jede zeitliche Begrenzung, eine 80qm Wohnung einer Renovation zu unterziehen, eine Renovation, die nur unter Verwendung von Kangohammer und Fäustel – ich würde gerne das Wort „vorangetrieben“ verwenden, aber tatsächlich passend ist – „verzögert“ wird. Seit Juni. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Wer mich mit einem Kangohammer vor ein Einfamilienhaus stellt, dessen Dachstock entfernt wurde, der würde in wenigen Wochen nur noch einen zerhämmerten Beton-und Steinhaufen vorfinden. Die Bauschlöcher über mir würden, zu viert, Jahre brauchen.

Nun gut. Was geschieht mit mir, unter dieser fortgesetzten Lärm-Folter? In mir wächst Hass. Ein Hass, der mich durch die Straßen begleitet, wenn ich den Gym, den einzigen Ort, wo gerade nicht gelärmt wird, besuche, und auf dem Weg dorthin nur stumpfgesichtige Bauschlöcher antreffe. Ausschließlich. Sie quellen aus Hauseingängen, aus Firmenautos, aus Taxis (wirklich!), aus Bussen, Supermärkten, SUVs, aus Kellern, aus der Apotheke.
Ohnmächtiger Schmerz gebiert Hass.

Ich bin soweit, dass ich über jeden Unfall auf Baustellen eine gewisse Genugtuung empfinde. Und ich würde, wie es so schön heißt, ein brennendes Bauschloch nicht mal anpissen um es zu löschen.

Ja, ich weiß: Sie können nichts dafür.
Aber was bedeutet das in einer Welt, in der niemand für irgendwas verantwortlich ist? Es ist der Computer, die Wirtschaft, der Ami, die Juden.

Was meinen Hass noch mehr entfacht, ist, dass sie mich dahin gebracht haben, überhaupt zu hassen.

Manchmal stelle ich mir vor, wie es sein wird, wenn irgendwann mal, in vielen, vielen Monaten, die Besitzerin dieser Wohnung eingezogen ist, und ich meine E-Gitarre voll aufdrehe, und sie herunterkommt um sich zu beschweren, und ich ihr sagen werde, dass ich zwar Schriftsteller bin, aber ich trotzdem keine Worte dafür habe, wie unendlich egal mir ihre Reklamation ist.

Krieg wird sein. Ganz legal.

Und dann denke ich an die armen Menschen in der Ukraine, die, falls sie diesen dreckigen Russenkrieg überleben, sie direkt, des Wiederaufbaus wegen, in der Bauschlochlokratie landen.

Tortur never stops …

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