Das Leben nach dem Tod

Gestern kam ich mit meiner derzeitigen Ergometer-Lektüre zum Ende. Die gesammelten Briefe von Ernest Hemingway. Ein umfangreiches Ding, das keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Sehr interessant. Und auch lehrreich. Man könnte sagen, dass der Band eine Art Biographie von Hemingway ist. Sie endet, wie kann es anders sein, mit dem Tod.
Hem drückte den Lauf seiner Schrotflinte gegen seine Stirn, und fetzte sich die Schädeldecke weg. Nun gut. Ich verstehe seine Suicid-Gründe, hätte ich an seiner Stelle vielleicht auch gemacht, so fuckin krank, keine Drinks mehr, verwirrt, verletzt von Flugzeugabstürzen und eine Genesung ferner als Afrika.

Was mich aber stört, ist der gewählte Ort der Tat. In einem Flur seines Hauses, in dem auch seine Frau und Personal lebten.
Ich kannte einen Mann, der sich vor den Zug warf, und danach von seinem kleinen Sohn gefunden wurde.
Wer sich entleibt, sollte doch auch jene denken, die ihn finden werden. Oder ist das in so einer Situation zuviel verlangt? Sind dies letzlich Suicide im Affekt?
Im Film „Three Billboards outside Ebbing“ schießt sich der krebskranke Sheriff (Woody Harrelson) in der Scheune? eine Kugel in den Kopf, über den er aber zuvor einen Leinensack gestülpt hat, versehen mit einem Zettel für seine Frau die ihn vermutlich finden würde. Sie soll den Sack ja nicht runterziehen.
Das ist, finde ich, rücksichtsvoll, und genau so sollte es sein, wenn man sich aus dieser Welt befördert.
Denn, wie schon Ottfried Fischer einmal bemerkte: Es gibt ein Leben nach dem Tod. Das Leben der anderen.