Arbeitsscheu

Ein freundlicher Kollege schrieb mir kürzlich, dass ich „ein reiches Leben führe“ (im Gegensatz zu anderen Schriftstellern). Er meinte damit – auf einen meiner Texte bezogen, in dem es ums Schreiben geht – meine vielen Jobs.

Ja. Ohne anzugeben, kann ich sagen, dass ich mein Geld in ziemlich genau 50 Berufen verdient habe. Da ist so einiges dabei, wie man sich vorstellen kann. Ein paar Einsätze dauerten Tage, andere Wochen, Monate und ganz selten, Jahre.

Nun, all diese Jobs hatte ich nicht, weil ich neugierig auf sie war oder weil ich etwas suchte, bei dem ich bleiben könnte (das hatte ich ja schon), sondern aus Notwendigkeit.
Es mag sich paradox anhören, aber es ist wahr: Ich bin absolut arbeitsscheu, und es gibt trotzdem kaum jemand, der besser weiß wie arbeiten geht, als ich.
Ich habe eine bestimmte Vorliebe für Zimmermannsarbeiten, mag Holzrücken, würde aber niemals als Mauerer arbeiten oder im Feld.

Ich war gerne Hirte, als ich die Tiere endlich im Griff hatte. Das liebte ich. Frühmorgens 500 Höhenmeter aufsteigen und nach den Rindern sehen, Kaffeetrinken vor der winzigen Hütte, und die Sonne beobachten, wie sie über die Grate klettert und die Schatten über die Weiden scheucht. Stille. Und jeder Tag, war wie der erste Tag der Schöpfung. Jeder. That’s love!

Ein einziges Mal wurde ich entlassen. Ich hatte zuviel gearbeitet, und die vier Oldies, kurz vor der Pension, hatten sich beschwert, dass sie nun den ganzen Tag Schachteln heften mussten. Ja. Arbeiten, um der Langeweile zu entkommen.

Und so wie’s aussieht, ist die Arbeitssache noch nicht ausgestanden. Es geht weiter. Bis ich dereinst dahinsinke, wie weiland mein Großvater, der in einer Arbeitspause mit 80 Jahren neben dem Ofen einschlief und nicht mehr erwachte.

Wie schrieb Jörg Fauser über den Tod von Joseph Roth: „Gott gebe uns allen, einen so gnädigen Tod.“ Amen.