Mein Leut

Abgesehen davon, dass immer mehr zum Teufel geht, und es vor allem nur immer mehr von allem gibt, ist es kein Wunder, dass auch die Arschlochdichte zunimmt.
Immer öfter denke ich an den Kollegen Palzer, der nun nicht mehr in München, sondern in Leipzig lebt, und der mir an unserer letzten gemeinsamen Lesung gestanden hat, dass er nun wandert und dass er in Leipzigs Straßen nie ein interessantes Gesicht sieht. Er führte das auf die Nichtexistenz eines Bürgertums zurück.

Ich fand damals, vor zwei Jahren, dass dies eine bedenkenswerte und auch etwas irritierende Aussage war. Eigentlich waren es beide. Wandern? Isses wahr? Er, der feinsinnige, kluge Intellektuelle, wandern?
Inzwischen tu ich es auch. Seit Anfang Jahr. Wobei ich es nicht als Wandern bezeichnen würde. Es sind kleine Touren, die mich in die Wiener Berge, in die Rax, den Semmering, zum Gebiet des Schneebergs führen. Oder auch nur der Donau entlang. In Wengen. Gehen, halt.

Und ich gestehe es gerne ein, dass auf meinen „Touren“ die Arschlochdichte so gering ist, dass sie zu vernachlässigen ist. Ich sehe alte Männer, in ihren 80-ern, den steilen Nasenweg auf den Leopoldsberg hinaufmühen, Männer mit guten, freundlichen Gesichtern, und andere, alte graue Kerle, die an mir vorbeiziehen, als träte ich auf der Stelle.
Manchmal ergibt sich ein freundliches Gespräch. Wir alle haben etwas gemein. Wir sind gerne allein, wir lieben es zu gehen, wollen draußen sein, sind früh auf den Beinen, wenn die Arschlöcher noch schlafen.

Einmal unterhielt ich mich mit einem dieser Alten, kurz vor Zwentendorf an der Donau. Er erzählte mir, dass er in den letzten Jahren acht tausend Kilometer gegangen ist. Das ist eine Menge. Er geht jeden Tag ein paar Kilometer auf dem Donautreppelweg. Bei jedem Wetter.

Ich habe schon immer die alten Männer bewundert, die nicht klein beigeben. Die auch mit 80 Jahren noch formvollendet vom Dreimeterbrett hechten.

Oder wie Julian Schnabel, der von einer Klippe – wie ein Torpedo – ins Meer springt.
Makes me happy.

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