Covi-Diary (12)

Auf der Bank war man über meinen Auftritt geteilter Meinung. Sie reichten von: «Hahaha-das-ist-gar-keine-echte-Pistole» (ist sie doch!), über „Sie kommen zu spät, mein Guterle, der Kollege Turrini war schon vor ihnen da“, bis „Die Atemschutzmaske kann einem ja Angst machen“.
Man glaubte an einen Witz. Und wie ein Witz ohne Pointe schlich ich wieder zurück in meine Quara, und bestrafte mich mit einem alkoholfreien Abend.

Am Morgen erwachte ich mit dem Blues. Es war das erste Mal, dass mich die Erinnerung an vergangene Tage, etwas traurig stimmten. Damals, als man noch nichts von Covi-Arschloch wusste. Und ich dachte ein wenig an die Siebzieger Jahre, an die ich so gerne denke, und vor allem daran, wie die Mädchen damals waren, als der Sex gerade erfunden worden war.

Überhaupt. Erinnerungen. Als ich neulich auf einer meiner Stadtwanderung unterwegs war, fiel mir ein, dass jede Ecke dieser Stadt eine kleine Geschichte mit mir hat. Wohin ich auch blicke: Mir fällt eine Story ein oder ein bestimmtes Gefühl wird wieder lebendig. Ja, so wie der 1. Bezirk voller Erinnerungen an jene erste Zeit ist, in der ich einsam, völlig abgebrannt und hungrig auf der Suche war. Nach irgendwas. Bis hin zu weggeworfenen Zigarettenkippen. Far away from home, das ich nicht mehr sehen wollte.
Und dann denke ich, welch ein Romantiker ich doch war und bin, und wie gut es ist, dass ich es war und bin, denn es ließ mich all die Scheiße unbeschadet durchstehen, denn ich hatte die Literatur, die Mythen, die Vorbilder, den „Zwang zur Prosa“, wie es Fauser mal ausdrückte.

Nun denn. Heute las ich, dass man auch hier in Vienna, dem Vorbild Italiens folgen möchte, und in den offenen Fenstern musizieren wolle.
Yeah, Scheißerles, ich hab doch geahnt, dass ihr einen verdammten Weg finden werdet, mir trotz Qurantäne auf den Sack zu gehen.

Oder wie es im tollen Berlin-Roman „Gehwegschäden“ heißt: „Musik gegen Terror? – Die Musik ist der Terror!»