Der Autor bei der Arbeit

Gestern hätte ich öffentlich lesen sollen, aber ich musste absagen. Es war wieder mal kompliziert und hatte, wie so oft, mit Zeit und Geld zu tun. Die Lesung hätte um 15h30 begonnen, und aus irgendeinem Grund, sah ich genau um 15h30 auf die Uhr. Ich hatte gerade begonnen mit der Kettensäge Holz zu schneiden, die Scheite in den Schuppen zu tragen, und dort zu spalten.
Der Autor bei der Arbeit, dachte ich, und lächelte.
Dann begann ich, die beiden Tätigkeiten, Lesen und Holzspalten, zu vergleichen. Was bringt mehr? Finanziell, gespendete Freude, Befriedigung, Gesundheit, Reputation, Ehre und Ruhm.

Es war nicht einfach. Ich kam zu keinem eindeutigen Schluss.

Nach zwei Stunden hatte ich etwa 2 Ster Holz geschnitten, gespalten, gestapelt. Ich hatte leichte Kreuzschmerzen (die gleich wieder weg waren), und ich hatte bemerkt, dass ich immer noch einen verdammt guten Axt-Punch hatte, und zwar ohne mächtig ausholen zu müssen. Sehr trocken und dynamisch, wie ein linker Haken.

Und ich war noch immer auf der Suche nach dem perfekten Holzspalt-Schlag: Nur soviel Power aufzuwenden, dass das Scheit gespalten ist, aber die zwei noch an einer Faser verbunden, auf dem Scheitstock bleiben und nicht zu Boden fallen. Das ist der perfekte Schlag. Man muss sich dann auch nicht bücken.
Dieser Schlag ist wie die beste Prosa, sie gelingt wenigen.
Ich hatte ein paar. Das freute mich jedes Mal.

Als ich danach ein Bier aufmachte, und den ersten Schluck nahm, wusste ich, wer gewonnen hat. Lesung oder Holzspalten.
Und ihr wisst es auch…