Die Knallbar Diaries (11)

Glück ist Abwesenheit von Schmerz.
Ich bin glücklich, heute morgen. Es ist still. Ich seh mir im TV ein Sophie Hunger Konzert an. Ohne Ton. Das Konzert als Pantomime. Ich kannte mal einen Musiker, einen Akkordeonisten, bei dessen Art zu spielen ich die Musik hörte,  auch ohne Ton. Klasse.
Einmal sah ich mir die Lesung eines berühmten Kollegen auch ohne Ton an. Die Lesung war scheiße. Mittendrin ließ er sich von einer Frau eine Querflöte bringen, und ich sah, wie die Finger seiner rechten Hand Triolen spielten und die Melodie ausschmückten, musikalische Adjektive: Kitsch.

Bei Hunger machte ich dann doch mal den Ton an. „Arbeitslose“, war das erste Wort, was ich hörte. Ein zweites gab es nicht mehr, da ich den Ton gleich wieder wegdrückte.
Arbeitslose. Pubertär. Leute, die nie einen Tag in ihrem Leben gearbeitet haben, singen von Arbeitslosen. So einer war ich auch einmal. Aber wenigstens wusste ich, von was ich schrieb. Obschon ich Arbeitslosigkeit immer als Glück verstanden habe. Als Abwesenheit von Schmerz.

Gestern hat mich N. überredet auf eine Party zu gehen. Ein Fehler, klar. Die Leute meinen, weil ich ein Bestseller Autor bin, dass ich mich für ihre spießige Lektüre interessiere. Sie kommen und sagen: Hast du Jonas Jonassen oder so gelesen? Toll, wa? Oder den neuen Krimi von ArschmitOrn? Super, stimmts?
Sie wissen nicht, dass ich nur die Bibel lese und ein paar finstere, illusionslose Philosophen. Sie können sich nicht vorstellen, dass ich mich nicht für Literatur interessiere. Sie glauben, dass ich, weil ich in einem Gewerbe erfolgreich bin, der Branche was schulde. Weit daneben, Freunde…

Jetzt seh ich mir eine Sendung mit 4 Philosophen an. Natürlich ohne Ton.
Derweil staple ich die Konkurrenz-Bestseller, die man mir zugeschickt hat, in der Zimmermitte, starre sie an, lasse sie auf mich wirken und werfe sie dann in den Papiermüll.

Glück ist Abwesenheit von Schmerz.