„Erweiterter Selbstmord»

Zweimal im Jahr geb ich mir einen „Tatort“. Zum einen, um die Bestätigung abzuholen, dass ich die anderen 50 nicht zu sehen brauche, zum anderen, um mich zu wundern. Und zu wundern gibt es immer genug.
Diesen Tatort habe ich mir gegeben, weil der Regiesessel von einem Schulfreund von mir (jawohl, auch ich bin mal zur Schule gegangen!) besetzt war.

Ich fands lustig, dass die beiden Kommissare in jeder Szene zu zweit waren und wie eben getrennte siamesische Zwillinge genau das Gleiche taten. Einer sprang ins Wasser, der andere hinterher und so weiter und so fort. Die haben noch Kohle beim Tatort, dachte ich, – schön. Irgendwo muss sie ja sein, denn bei mir ist sie nicht.

Dann war immer wieder mal vom „erweiterten Selbstmord“ die Rede. Gemeint ist, dass einer die Mitglieder seiner Familie ermordet und danach Suizid begeht. Warum das „erweiterter Selbstmord“ genannt wird, verstehe ich nicht. So wenig wie den Terminus „Doppelselbstmord“. Da erschießt einer (meist ist es ja der Mann) seine Frau/Freundin und danach sich selbst, und in der Presse ist es dann ein „Doppelselbstmord“. Bullshit! Es ist wiederum Mord und Selbsttötung. Denn die Freundin/Frau, die Kinder, die wollten in den wenigstens Fällen sterben.
Im „Erweiterten Selbsmord“ schwingt mit, dass der Papa ja irgendwie das Recht hat, seine Familie auszulöschen, wenn er es für angebracht hält. „Erweiterter Selbstmord“ ist der Bruder des „Ehrenmords“.

Also: Ich will den Scheiß nicht mehr hören oder lesen. Capisce?

Aftersommer

Neulich hatte ich das Gefühl, dass der Sommer vorbei ist. Aber es war ein falsches Gefühl. Der Sommer machte nur ein bisschen Pause, zog sich zurück, um Anlauf zu nehmen.
Es gibt Individuen die Temperaturen  von 15 Grad im November und Dezember,  dem Herbst und dem Winter zurechnen. Nichts könnte falscher sein. Denn es gibt keinen Herbst mehr, keinen Winter. Wir leben den feuchten Traum des durchschnittlichen Mitteleuropäers, für den die Wärme des Südens das einzig akzeptable Klima ist. Sein Traum wurde wahr.
Der Frühling oder das, was von ihm übrig blieb, heißt nun Präsommer, der Winter Aftersommer. Wie immer man es nennen mag: Es bleibt Sommer.
Es gibt allerdings eine Art Ausnahme: Der brütenden Hitze des August folgt die Wallung verursachende Vorweihnachtszeit, eine Zeit, die dadurch charakterisiert ist, dass man immer die falsche Jacke trägt und einem alles zum Halse raushängt; eine Zeit, in der einer wie ich, nur mehr Filme ansieht, in denen Schneestürme durch einsame Landschaften heulen, und wo die Akteuere Mäntel mit hochgeschlagenen Kragen tragen und lustvoll das Eis von der Windschutzscheibe schaben.
Mein Sehnsuchtsort.