Der Park, meine Haare und das baldige Ende meines Friseursalons

Das Gras unter den schönen Bäumen des Parks von Schönburg ist frisch geschnitten, wie meine Haare, wir passen gut zusammen, heute, der Park und ich; wobei ich ein wenig neidisch bin, da er fraglos besser aussieht, bestimmt etwas mehr Würde, Stil und „In-sich-ruhen“.
Die Bäume haben noch fast all ihre Blätter, aber nicht mehr lange, und da endlich hab ich ihnen was voraus: Denn meine Haare sind noch fast alle da, nur die Friseurin meckerte, weil sie wieder einige graue entdeckt hatte. Verdammt, ich bin schon etwa 15 Jahre bei ihr, ihr Rücken wird immer krummer und ihre Figur nähert sich der eines spähenden Raubvogels auf einem Ast.
Gestern sprach sie von Aufhörenund was dann aus meinem Kopf würde, wenn sie sich mal nicht mehr um ihn bemühen könnte? Sie befürchtet das Schlimmste. Denn die Kunst des Haareschneidens sei am Verlottern, und sie eine der letzten, die  wissen, wie’s richtig geht.

So muss ich mir jetzt Gedanken über meine Haare machen, und wohin ich meinen Kopf tragen werde, wenn sie ihren Laden für immer schließt. Noch ist es glücklicherweise nicht so weit. Und ich denke, ich werde die Sitzungen bei ihr nicht so richtig vermissen. Ihre Ansichten, ihre Wut, ihr Furor sind mehr als rustikal, ihre Direktheit würde in anderen Ländern vor Gericht enden. Sie lehnt so ziemlich alles ab. Nichts ist gut genug. Alles zu dumm. Zu ungebildet. Zu faul. Zu blöd. Zu jüdisch. Zu dunkel. Zu zigeunerhaft. Zu islamisch. Zu fett. Zu alt. Zu jung.
Da bleibt nicht mehr viel. Vielleicht noch ihre Mutter, aber die ist nun auch tot. Oder ihre harte Kindeheit bei den Kommunisten, vor denen sie geflohen ist. Und wie jede erfolgreich Geflüchtete und Assimilierte hat sie was gegen die Neuen. So ist das.
Nach 15 Jahren hält sie sich bei mir ein wenig zurück. Ich sage ostentativ nichts. Dann legt sich das und wir reden übers Wetter, und über unsere Gemeinsamkeit: die Liebe zu kaltem und nassem Wetter.
Und wenn Sie jetzt meinen, ich hätte mir längst eine andere Friseurin suchen sollen, sage ich nur: Finden sie mal eine mit einer Vorliebe für kaltes und nasses Wetter.
Na? Sehen Sie!

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