Emotion

Alles nur noch Emotion.
Zwanzigtausend demonstrieren in Wien „gegen unmenschlichen Umgang mit Flüchtlingen“.
„Gebt uns endlich Frieden“, singen sie den alten Danzer-Hadern, in dem gegen die Macht der Mächtigen protestiert wird. Der perfekte Untertanensong. Denn nur der Mächtige hat die Macht zu geben. Etwas strange, aber wurscht. Die Kirche ist auch voll. Von Mächtigen und Selbstermächtigten. Die Kirche ist sonst nicht gerade überpräsent in der Flüchtingssache, aber der Kardinal hat einen Kronenkolumne und Worthülsenkitsch.  Sowas kommt gut an. Ist schon die halbe Miete.

Ich weiß nicht, wer hier die Flüchtlinge mit Absicht unmenschlich behandelt. Ich glaube, niemand. Und auch die 71 im Lastwagen, die darin soviel Platz hatten, wie ein Huhn in einer Legebatterie, sind nicht gestorben weil sie verfolgt, mit dem Tode bedroht und unsicher waren. Sie starben, weil sie nicht dort um Asyl ansuchen wollten, wo sie gerade waren. Das Erschütternde ist die vollkommene Sinnlosigkeit ihres Todes. Werden alle Überlebenstriebe außer Kraft gesetzt, wenn es darum geht, nach Deutschland zu kommen?

Das Ende der Ironie, schrieb Georg Diez. Na gut. By by Ironie, hello Emotion?
Geht nun gar nichts mehr ohne?
Emotion ist geil. Emotion ist der neue Geiz. Hass. Oder Mitgefühl. Und die Millionen Empathischen haben auch noch die Gewissheit, dass sie die Guten sind. Ist das so sicher?

Enttäuschung ist die hässliche Tochter der Empathie.

Vielleicht etwas mehr gedankliche Kühle, Pragmatismus?
Oder ist das bereits Ketzerei?