Die ziemlich lustige Story für alle „Gränni»

Falsche  Fehler

Für Torben lief es richtig gut. Nicht nur mit Henriette, nein, er wurde auch unter hundert Bewerbern ausgewählt, den Job des Artdirectors einer renommierten Werbeagentur anzutreten.
Raus aus der piefigen Kleinstadt, rein ins brodelnde Leben der City. Das kam auch bei Henriette gut an, der Geschmack von großstädtischem Highlife, Hipness, von Gefahr und milder Verderbtheit.
„Zieh dich warm an, City! Wir kommen!“, pflegte Torben zu sagen und Henriette war diesmal ganz seiner Meinung.

In einem angesagten Viertel der Stadt fanden sie eine Wohnung. Überall Kulturcafés, Bioläden und vegane Restaurants. Einziger Wermutstropfen war, dass ihre Wohnung im noch nicht gentrifizierten Teil des Viertels lag und es ihnen nicht entging, dass die Alteingesessenen auf die Neuzugezogenen nicht gut zu sprechen waren.  Auf dem nächtlichen Nachauseweg kam es gelegentlich zu ungemütlichen Begegnungen.

Torben begann sich zu sorgen. Uneingestanden empfand er zunehmend Furcht vor dem nächtlichen Nachhauseweg.

Sie gingen nicht mehr so oft aus, was Henriette nicht so gut fand.

Als es dann eines Nachts zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen Torben und einem Betrunkenen kam, und Torben eine Ohrfeige kassierte die ihn zu Boden streckte, war klar, das etwas geschehen musste.

„Warum lernst du nicht Selbstverteidigung, anstatt dich schlagen zu lassen“, sagte Henriette. Torben sah es ein. Auch wegen Henriettes etwas verächtlichem Zug um den Mund.

Er meldete sich gleich am nächsten Tag in einem Dojo an, wo verschiedene Kampfsportarten angeboten wurden. Torben entschied sich für Karate. Ihm imponierten die weißen Kimonos mit den verschieden farbigen Gürteln, die für Aufstieg und Karriere standen. Er sah da Parallelen zu seinem Job.

Auch war er von Technik und Schnelligkeit der Karate-Kas beeindruckt. So einer wollte er auch werden. Dann sollten sie mal kommen, diese grantigen City-Aborigines!

Torben ging nun täglich zum Training. Er lernte, er übte. Er brannte für Karate. Bei Sparringkämpfen wurde ihm beigebracht, wie man mit jedem Angreifer fertig wurde. Mit Messerstechern und Knüppelbewerten, mit Pistolenhelden und Axtwahnsinnigen.
Henriette betrachtete Torbens Furor und Trainingseifer mit gemischten Gefühlen. Aber Torben strotzte nun vor Selbstbewusstsein und immer wieder sagte er: „Das Geniale ist, du brauchts keine Kraft anzuwenden, du nutzt nur die Fehler des anderen aus. Verstehst du? Die Fehler. Das ist alles.“

Henriette fands nun auch irgendwie genial.

Eines Nachts erhielt Henriette einen Anruf. Sie möge doch auf die Sanitätsstation kommen. Sie hatte gar kein gutes Gefühl. Auf der Station traf sie auf Torben. Er saß in einem Rollstuhl, die Nase blutete, Backenzähne wackelten, ein Auge war fast zugeschwollen und der rechte Knöchel war übel verstaucht.

„Dieser Mistkerl“, stöhnte Torben, „dieser linke Hund! Der hat einfach nicht die richtigen Fehler gemacht.“

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