Stimmt’s?

Es gibt keine richtigen Schriftsteller mehr, sagte er, und sein Freund daneben stimmte ihm zu, aber ich sagte, stimmt nicht, und da sagte er, keine guten Schriftsteller, Blödsinn, sagte ich, und er sagte, dann nenn mir doch welche – aber deutschsprachige, und dann nannte ich ihm welche und sagte, ich könne noch mehr nennen.

Dann wechselten wir das Thema.
Später dachte ich, dass es eine Zeit gegeben hat, in der ich seiner Diagnose zugestimmt hätte. Aber diese Diagnose war irgendwie postpubertär willfährig und hat vielleicht damit zu tun, dass wir nicht mehr jung sind, aber es gerne noch wären, wie damals, als es noch Bücher gab, die einem Angst einjagen konnten und aufwühlten, jenseits von Horror und Brutalität, sondern einfach, weil wir noch nicht genug wussten über das Leben, und manche Schriftsteller über die Dinge, von denen wir noch nichts wussten, berichteten.

Ich finde, wenn man das akzeptiert hat, gibt es immer noch eine Menge guter Schriftsteller mit guten Büchern, obschon die meisten zu lang sind.

Vor zwei Tagen las ich den Anfang von Daniil Granins Roman „Mein Leutnant“, eine vollkommen reine Prosa, so knapp und getränkt von Kenntnis des beschriebenen Gegenstands (ein Luftangriff der Wehrmacht) und so tief und wahr und aufrichtig, dass ich dieses innere Zittern verspürte, diese Gier nach Prosa und Magie.

Es gibt ne Menge guter Autoren, aber es gibt kaum noch gute Leser …