Madonnas Pussy Riot

In den weitläufigen Räumen unserer Redaktion hob ein Murren und Geunke an, als unsere Nachrichtenfuzzis vor ihren Bildschirmen aufblickend verkündeteten, dass Madonnas Pussy … also, dass Madonna Pussy Riot in New York mit den Worten «Hell motherfucking Yeah!» empfangen hatte. Selbst der stahlharte Blick unserer 16-jährigen Türsteherpraktikantin wurde für die Dauer eines Michael-Jackson-Schrittgriffs ratsuchend, bevor sie wieder ihren Job versah und sich den Presseausweis unseres Oldies «Jaisserdennnochimmerhier» Niedermann zeigen ließ.
«Madonna und Pussy Riot! Das kommt nicht gut. Das ist der Anfang vom Ende», unkte der Alte, während er den Ausweis wieder in die Jackett-Innentasche steckte. Die anderen Redaktionsmitglieder ignorierten den Alten gekonnt, ganz so, wie sie es auf dem Jung-Blogger-Seminar gelernt hatten.
«Das wird dem Putin mehr nützen als schaden, dös isch scho amol sicha», allemannte der Oldie vor sich hin. «Außer …» Und jetzt hörten alle hin, spitzten die Ohren. «Außer … außer…»
«Jetzt mach schon hin, Niedi», knurrte unsere Türsteherpraktikantin, «wir haben hier nicht den ganzen Tag Zeit.»
«Außer, es soll genau das bewirken. Eine Stärkung Putins. Denn wie sagte schon Viktor Jerofejew:

«Putin ist liberaler in seinen Ansichten als 80 Prozent der russischen Bevölkerung, die nationalistischer und fremdenfeindlicher ist als er. Man kann sagen, was man will, aber Putin ist ein Schutzschild gegen das Aufkeimen negativer Gefühle in einem im Wesentlichen armen Land.»

Da schwiegen sie alle still, alle hielten betroffen ihren subventionierten Mündchen, denn Viktor war nicht irgendjemand, Viktor war Viktor, und wenn Viktor was sagte, dann hatte Viktor was gesagt.

Nun gingen alle wieder an die Arbeit. Nachdenklicher, kritischer, verunsichert, manche ratlos, und der eine oder die andere überlegte sich nun, ob sie das Boykott-Gebot für Sotschi brechen sollte, um sich doch die jamaikanische Viererbobmannschaft reinzuziehen …

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