Songdog singt für: «Was tun?»

Ich habe eine Schwäche für Essays, vermutlich seit Michel de Montaignes «Essais» und seither zieht es mich magisch in die Nähe dieser vitalen literarischen Gattung, in der Autor so ungeniert «Ich» sagen darf, wie Céline in «Norden».

Und vor einiger Zeit habe ich so einen Essay in die Hände bekommen, ein geradezu wunderbares kleines Werk von gut 60 Seiten, aber nichts desto trotz eine ganz große Arbeit von einem ziemlich jungen Mann (1977), der sich einen Namen als «Theatermacher» gemacht, der in Moskau in beinahe beängstigender (und gefährlicher) Weise die «Pussy Riot-Prozesse» «simuliert» und in Zürich die Journaille der «Weltwoche» vor Gerichts stellte, nämlich der Regisseur und Autor Milo Rau. Sein kleines, wunderbares Buch heißt (nach der berühmten Fragestellung Lenins): «Was tun?»

Und damit ist bereits gesagt, um was es geht. Nämlich um uns, um uns «Linke» aller Couleur, die wir uns nicht mehr so ganz sauber und zweifelsfrei zurecht finden seit 1989, um die «Verbieterli-Parteien», und die subventionierten Stadttheater-Welt-und-Gesellschaftskritiker, um uns Pflaumenkuchenkünstler und halb verzagten Biohähnchenflügelbenager, um die Bono-Fans mit dem Afrikafimmel, kurz: Um jeden und jede, die sich – zumindest einmal -, als linksstehend verortet haben.

Dieses kleine Büchlein ist (wie Reich-Ranitzky gesagt haben würde) «glänzend geschrieben», in einer klaren und unterhaltenden Prosa, die Analyse hält, es ist durchzogen von einem nicht ungrimmigen Humor; und vor allem, durch was es mich – unter all den gefühlten Millionen von Schwarten in denen Autoren «keine Antwort haben, aber Fragen stellen» – ganz speziell einnimmt, ist: es gibt Antworten. Ganz konkret.
Ob sie uns schmecken, ist eine andere Frage …

Milo Rau, «Was tun?»,  Kein&Aber  € 7,90