Seele

Heute, beim Frühstück, saßen wir alle beisammen und beweinten den Hasen, der uns in der Nacht verlassen und die große Reise angetreten hatte. Die Kinder waren aufgewacht und hatten die immer matter werdende alte Häsin rumoren gehört, und dann habe sie zweimal gequickt und dann sei es wieder still gewesen.
Ich denke, «Spitzi» hat den Tod angeknurrt, wie es manchmal ihre Art war, wenn man sich ihr näherte, und sie wird nach ihm geschnappt haben. Bestimmt.

Draußen fällt und fällt und fällt der Schnee und wir hören das Scharren der Hausbesorgerschaufeln auf den Gehsteigen, die Stadt versinkt zu den Geräuschen sinnlosen Geschaufels, und Ella sagt, das sei das erste Mal dass sie mich habe weinen sehen, und das wird wohl stimmen, und ich kann mich nur darüber wundern, dass es mir nahe geht.
Mir wurde in den Religionsstunden beigebracht, dass Tiere keine Seele haben, aber ich mochte das nie recht glauben. Später zweifelte ich, ob überhaupt irgendjemand eine Seele habe, und heute trete ich innerlich einen Schritt zurück, wenn jemand von «Seele» spricht.
Was ich damit sagen will, ist, dass ich noch immer nicht Bescheid weiß.

Wir gingen dann alle unserer Wege. Ich stampfte traurig durch den Schnee, stemmte im Geisteszentrum Gewichte, ging einkaufen, und spielte auf der Gitarre «Simple twist of fate», dass ich mir gestern beigebracht hatte.

Dann wollte ich an einem Text weiterarbeiten, aber es ging nicht. Ich legte «Blood on the tracks» auf, schrieb diesen Block und wusste, dass dies noch nicht alles gewesen war. Mit oder ohne Seele …