Schwarten

Gestern abend war ich (rechtschaffen) müde. Als die Kinder im Bett waren, flippte ich ein wenig durch die Talkshows im TV.
Überall – so schien es zumindest- saßen Promis, die Bücher geschrieben haben. Zum Beispiel Maria Höfer-Riesch, die Schifahrerin. Voll das Buch! Oder Sky Dumont mit Frauchen, auch voll die Schwarte. Ich glaube, in ihrem geilen Buch verrieten sie uns, wie sie es so machten, in ihrem schwierigen Leben und so. Nur Bettina Wulff war nirgends zu sehen. Hat den Schwanz eingezogen, oder was. Auch Julia Schramm, Frau Weisband und die eine oder andere fünfzeheinhalb jährige Castingteilnehmerin, die gerade ihre Memoiren veröffentlicht hat, fehlten. Trotzdem. Voll Amok. Man schreibt Buch. Wer an sich hält, haut die Schwarte raus.

Tja. Und wir? Wir Professionellen oder Semi-Professionellen? Mit unseren Pimperlbüchern bei Pimperlverlagen und den Pimperlauflagen? Bücher, die eher langen Briefen an Freunde gleichen, als der Hammerschwarte einer J. Rowlings, die für ihren Romanillo einen 2-stelligen Millionenverschuss bekommen haben soll? Was tun wir hier noch? Sollten wir uns nicht langsam zurückziehen? Oder plötzlich?

Grundgütiger! Unsere Überflüssigkeit ist schon beinahe obszön. Wir sollten uns verkriechen und verstecken wie gschamige, übergewichtige, schweinebeinige Hartzer, oder so.

Der kindergesichtige Andreas Isenschmied portiert derweil den Roman des Stephan Thome «Fliehkräfte», der den Deutschen Buchpreis gewinnen wird. Ein Werk, das mit Sätzen wie: «Es fällt ihm schwer, den BH-Träger zu ignorieren, der unter ihrer Bluse zu erkennen ist.» Eindruck macht und alte verklemmte Männer verzaubert, ein Buch, das man nach dem ersten Absatz, bereits erschöpft, aus der Hand legt, eine Arbeit, die uns zeigt, wie es in der hehren Literatur zugeht, BH-Träger-Prosa, derweil einem die Welt jeden Tag aufs Neue das Herz bricht. Man mag es kaum glauben.
Nicht mal Rainald Götz› neuer Roman fand Gnade, nicht mal der darf dazu gehören.

Nun ja. Wir Überflüssigen machen weiter. Warum? Weil wir wissen: Irgendwann wird das Geschwafel zu einem Ende finden. Und wenn nicht, dann ist es eh scho wurscht. Stimmt’s?

7 Antworten auf „Schwarten“

  1. @Franz
    Nichts gegen die Bemerkungen von «Ruth», hier werden alle Meinungen zugelassen. Nur nicht anonym.
    und eine «spam-nein-danke@wasweißichwas.de Mailadresse ist zu wenig.

  2. Also Menschenskinder. Jetzt wollte ich den Kommentar von dieser Mrs «Ruth» kommentieren, aber jetzt ist er schon wieder abkommandiert worden.
    Ich wollte sagen, dass man ihre Bemerkungen auch wieder nicht so ganz in den Wind schießen sollte. Hm, ich habe meine Argumentationskette schon wieder ziemlich vergessen. Aber «Ruth» hatte doch ziemlich angedockt an Gudruns «wer schreibt, will gelesen werden». Was, finde ich, stimmt. Außer dass ein Ding davor kommt: Wer schreibt, will schreiben.
    Und wer, wie Capote, «Kaltblütig» geschrieben hat, kann doch keine Lusche gewesen sein.
    Okay, der Regen draußen geht bis in mein Kopf rein. Und d a s ist wirklich nicht Ordnung.

  3. an Gudrun: Wer schreibt, um gelesen zu werden, sollte erst gar nicht anfangen. Bücher mit diesem profilneurotischen Hintergrund sind so notwendig wie Tagesdecken. Dass andere lesen oder hören, was man schreibt, ist nicht mehr als ein Abfallprodukt. Mir ist es egal, was andere von mir denken. Aber vielleicht bin ich deswegen auch kein ernstzunehmender Autor. Und: Capote war ne Lusche.

  4. Jepp. Wobei ich die Gefallsucht nicht als Privileg von Buchpreisnominierten sehe. Welcher Autor kann schon von sich behaupten, es sei ihm egal, was andere von ihm denken? Wir wollen doch alle nur geliebt werden. Oder gehasst. Nur nicht übersehen. Hauptsache gelesen. Und wenn es ein Freund ist, der das Abgesonderte liest – entweder man holt sich Lob oder Watschen. Ich konstatiere: wer schreibt, will gelesen werden. Wir haben bloß manchmal Angst, als Nutten bezeichnet zu werden und geben uns dann schon mal lieber als Pimperl aus.
    Außerdem:
    Erfolg ist so ziemlich das letzte, was einem vergeben wird.
    Truman Capote

  5. Vielen Dank!
    Jetzt endlich, endlich habe ich einen herzvollen Begriff für das, was auch wir in Kiel machen: PIMPERLVERLAG, PIMPERLBÜCHER, PIMPERLAUFLAGEN. Als Nordbewohnerin kommt man nicht drauf. Ich liebe diese Wörtchen aus dem Lande Ö. und habe für mein Buch, das teils in Wien, teils in Kiel spielt viele gesammelt, aber Pimperlverlag ist genial. Wörtlich und inhaltlich. Mit dem oben Beschriebenen stimme auch ich voll überein. Lieber lange Briefe an gute Freunde veröffentlichen – weil sie echt sind – als gekünstelten, gefallsüchtigen Krams!
    Liebe Grüße von Ilona Wu Dao Wang

  6. …übrigens: Ich lese gerade «Goldene Tage» von einem gewissen Andreas Niedermann und bin sehr froh, dass dieser sich nicht entmutigen lässt.
    Auf jedem Autorinnentreffen unseres kleinen Verlages hier in Kiel, fragen wir uns: Hat es Zweck gegen die Hirnwichserei der Buchindustrie anzuschreiben und kommen zu dem Schluss: Keine Ahnung! Aber wir machen weiter.
    Alles Liebe Karin

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