Alte Bäume

Ich sah mir einen Film an, nur weil darin schöne Bäume zu sehen waren. Und weil mein Liebling, Albert Finney, ein paar Minuten Auftritt hatte. Alte Bäume und Albert Finney, das ist unwiderstehlich. Ich finde, in allen Filmen, die Liebesgeschichten als Grundlagen haben, sollten wenigstens schöne, große, alte Bäume ihre Auftritte haben, damit ich sie in den Kussszenen beobachten kann, das Windspiel in den Blättern und das Rätsel ihrer Größe.

Und ja, eine Wahrheit hatte der Film auch noch zu verkünden: Als Kind muss man erfahren haben wie es ist, wenn man tagelang, ferienlang, machen kann was man will, und nur zum Schlafen und Essen nach Hause kommt.

Selbsternannt

Die Hitze ist durch, und ich sah eben den Ösi in deutschen Diensten, den großartigen Matthias Steiner, wie er beim Reißen unter die 196 Kilo Hantel geriet. Sehr unschön, man konnte sehen wie die Hantelstange sich bog, als sie dem Athleten ins Genick prallte. Aber er nahm keinen Schaden. Danke, Apoll!

Aber ich nahm beinahe Schaden, als ich wieder einmal  in einen Artikel von meinem Lieblingsphilosophen-Darsteller Ritschi Davy Precht kuckte, und gleich zu Beginn ( zum Glück) auf die Formulierung: » … selbsterklärte Realisten …» stieß. Nun, «selbsterklärte» entspricht in etwa dem bekannteren und sehr beliebten «selbsternannt», ist nur ein wenig «more sophisticated» und passt gut zum unserem Precht. Steht ihm.

Nun ja, das ist so eine Sache, man liest es immer wieder: selbsternannte Kritiker, selbsternannte Schriftsteller, selbsternannte Önologen, selbsternannte Linkslinke, selbsternannte Anarchisten, selbsternannte Konsumverweigerer, selbsternannte Satiriker, selbsternannte Blogger, selbsternannte Eltern, selbsternannte Claqeure, selbsternannte Selbsterklärer und so weiter und so fort.

Was soll das?

Muss ich mir, wenn ich Precht kritisiere oder die Politik, einen Schein ausstellen lassen? Einen «Permis critique» sozusagen, der mich von Amtes wegen berechtigt, meine Meinung kundzutun? Und wer sollte den ausstellen? Und ist unser Philosophendarsteller Precht, der «die selbsterklärten Realisten» in die Mangel nimmt, nicht auch ein selbsterklärter Kritiker der selbsterklärten Realisten?

Tja, das sind so Fragen, die einem «Selbsternannten» an einem etwas kühleren Abend, nach dem selbstabgesteckten Tagwerk, so durch die Marille rauschen.

Es wäre interessant zu erfahren, ob dieser Terminus auch in anderen Ländern, außer den deutschsprachigen, so oft und so negativ konotiert, in Gebrauch ist? Oder ob es nur den Untertanen von Austria, Germanien und Helvetien vorbehalten ist, sich über jene zu ereifern die für sich selber denken, tun und lassen?

Was meint ihr, ihr selbsternannten Blogleser?

Warten auf Gewitter

Die Hitze und die Schwüle haben sich heute wieder über die Stadt gelegt und bescheren uns einen vierunddreißiger. Wie zwei kopulierende Heizdecken unter einer Frisörhaube. Was macht man da? Das ist die Frage, die mich beschäftigt. Man kann nicht rausgehen, also bleibt man drin. Aber man kann nicht den ganzen Tag schreiben und man kann nicht den ganzen Tag schwitzen oder vor dem Ventilator sitzend lesen oder unter der Dusche stehen. Gut, immer noch besser als im Häfen (bei gleichen Bedingungen).

Ein bisschen Unterhaltung bietet die Realsatire der österreichischen Politik, da unten im Süden, im Gericht zu Celovec, diese Mischung aus autoritärem Eltern-Kindgespräch, unverhohlenen Lügen und Ausreden für die man früher zu Recht ausgepeitscht wurde, aber, so sage ich mir, das ist euer Ding, ihr mögt es so, sonst würdet ihr es abdrehen, oder? Man könnte auf die Idee kommen, dass die Österreicher einfach auf ihre Portion Korruption bestehen, und sich die süße Kugel nicht aus dem Becher nehmen lassen wollen.

Aber es kann auch so sein, dass ich, als Kulturfremdling, ein Mensch, der an die Veränderbarkeit von Verhältnissen glaubt, die Eingeborenen einfach nicht verstehe. Aber bei dieser Hitze ist beinahe alles wurscht.

Und während ich auf das erlösende Donnern und Blitzen warte, sehe ich mir die Kunstturner an, wie sie die Schwalbe machen und den Kreuzhang, und versuche zu berechnen welchen Oberarmumfang ich haben müsste – im Verhältnis zu den Athleten – damit ich mit meinem derzeitigen Gewicht auch in die Schwalbe käme (wenn ich die Fähigkeit dazu hätte, nona!).

So an die 85 Zentimeter.

Ich hoffe, das Gewitter kommt bald.

A däm gwöhnlichä Tag (nach Polo Hofer. Oder auch nicht.)

Es ist kurz nach 18 Uhr, in der «Inneren Stadt» hat es noch 32 Grad Celsius, und mein braver, alter Ventilator dreht sich geräuschvoll, und vorhin zog der Rom mit seiner Braut durch «meine» Gasse – wie fast jeden Sonntag – und orgelte auf seinem Akkordeon das ewig gleiche Musette-Stück runter, tja, traurig, denn natürlich war bei der Hitze niemand da, den die Braut um einen Obulus anhauen konnte. (Ich würd ihm ja was runterwerfen, wenn er nur das Stück wechseln würde. Tut er aber nicht. Kriegt er nix.)

Ich trank ein Glas «Mas des Montagnes», ass den Rest der Pizza von gestern, eine (von mir) mieserabel fabrizierte  Calzone mit Ruccola, Mozarella di buffala, Champignons und Habanero-Chilies, sah ein bisschen zu, wie Roger Federer seinen Olympiatraum nicht wahr machen konnte, und überlegte mir, wie ich an seiner Stelle im Interview reagieren würde:  «Ja, ich bin enttäuscht. Ich bin sowas von enttäuscht. Es ist entsetzlich, wie mir das auf’n Sack geht! Wirklich. Ganz fürchterlich!»

Dann schrieb ich noch an einem Artikel über einen berühmten Filmemacher, und das war auch entsetzlich.

Nur der frühe Morgen war süß, als ich im Geisteszentrum zugange war. Es ist immer wieder erstaunlich, wie ich ich mich selber überlisten muss: Ich mag eigentlich nicht trainieren (Ich bin eine faule Sau!), aber ich weiß, wie gut ich mich nachher fühle, und wie es meine Faulheit und meine Missgriffe für den restlichen Tag absolutiert.

Ich bin schon ein verdammt guter Kathole, n› est ce pas?

«Putain fordert Gnade für Pussy Riot»

Nun, Putain mag einiges sein: ein gerissen frettchenartiger, im KGB geschulter Hinterfotzler, ist er allemal.
Aber seine Tricks sind auch leicht zu durchschauen.
Wenn ich mich einmal als Hobby-Prophet betätigen darf: Pussy Riot wird richtig was eingeschenkt bekommen und in den Knast gehen. Putain wird dann feixend auf die Unabhängigkeit der russischen Justiz hinweisen, die sich auch nicht von Zurufen und BItten des Zaren beirren lässt.
Falls die Strafe mild ausfiele, wäre dies nur ein Beweis für die Korrumpiertheit der Justiz.

Also.

Geräusche

Heute war’s im Geisteszentrum plötzlich nicht mehr schön.
Mir war, als hätte ich einen Joint geraucht. Alles ein bisschen intensiver, paranoider.
Mit mir, waren 4 alte Kerle an den Maschinen zugange. Drei machten Geräusche. Eigentlich waren es zuerst 4, aber ich hörte mit den Geräuschen auf, als ich die der anderen hörte. Es waren nicht die Schreie und Testosteronseufzer der Anstrengung die ich vernahm, sondern einfach: Geräusche. Grochzen und verhaltenes Ächzen, lautes, unnötiges Schnaufen, schniefen und prämortales Röcheln. Es war ungut. Ich verzog mich. Ich riss vor der Wahrheit aus.
Die bittere Wahrheit ist: Irgendwann beginnt man Geräusche zu machen. Wie ein alte Treppe. Ein alter Ventilator. Ein Röhrenfernseher.
Man kann nichts dagegen tun. Ist das fair?
Ich finde nicht.

Zu Hause guckte ich ein wenig Tennis. Frauentennis. Die beiden Girls waren nicht alt. Aber eine gab Laute von sich, die mich an heute morgen erinnerten. An die alten Kerle. Ich fand’s eben so schlimm. Die jungen Geräusche einer 21-Jährigen. Es nervte gewaltig. Während die Alten ihre noch variiert hatten, ließ die Junge bei jedem Rückschlag immer den gleichen seppldämlichen Laut ab. Nicht zum Aushalten.

Ich wechselte zu den Kanadiern. Männer ohne Unterleib, in Plastik eingeschweißt, die einen Fake-Wildbach runter slalomierten. Aber die hielten ihren Mund. Und die Gischt sah schön kühl aus. Super.

Wieder mal Satire

Nun ist es raus: Die Website «Haider Gebetsliga« war ein Hoax. ( http://heiligerhaider.wordpress.com/ )

Satire, nennt der Betreiber das Ding, das er seit 2009  – auch international viel beachtet – mit bigottem und wahnwitzigem, mit dämlichem und herrlich-heiligem Haidermüll befüllt hat.

Satire? Niemand hat’s bemerkt. Aber wie denn auch?
Hier sieht alles aus wie Satire: Verurteilte Straftäter im Parlament, schmissfressige Rosstäuscher als Nationalratspräsidenten, Meineidseppeln und Beutelschneider als Finanzminister, Richterinnen und hohe Beamte als Serien-Erbschleicher, eiercoupierte Schäferhunddarsteller als Landeshauptleute, als adlige Bauern verkleidete Schmiergeldverteiler, menschlich enttäuschte Viezkanzler, die eigentlich ob der großen Zahl der Enttäuschungen längst an gebrochenem Herzen gestorben sein müssten (hätten sie denn eines…),  Ex-Politiker und Manager von Staatsbetrieben mit Gedächntnislücken die einer absoluten Demenz ähneln, und für die sie eigentlich entmündigt gehören; und über allem schwebt die «Unschuldsvermutung», ein Zusatz, den die Nachrichtensprecher schon vor beinahe jeden Politikernamen schmieden müssen.

Wie, bitte, soll man da Satire erkennen?

Es ist ein Beweis des kompletten Irrsinns, dass in diesem Land die professionellen Satiriker noch nicht Hungers gestorben sind oder bei Billa die Regale auffüllen müssen.