«Heidi»

Wir redeten über die alten Zeiten, Erinnerungen aus der Kindheit, was macht’n der?, und was wurde eigentlich aus jener?, und ich fragte nach einer Nachbarin von damals, die auffiel weil ihre Eltern Jenische waren und Ziegen hatten und Hunde und in einem kleinen Häuschen mit Garten wohnten, so ganz anders als wir. Sie waren laut und stritten sich herum, so dass es alle mitbekamen, und so, das wir uns fremdschämten, und das Mädchen, nennen wir es Heidi, wurde so eine richtige Schönheit, und zwar eine, die es wusste und es auch einsetzte, und die mit älteren Jungs rumkarisierte und frech war und schlecht in der Schule und aufgeziegelt, wie eine Coiffeuse, toupierte Haare, greller Nagellack, Wimpertusche und Lidschatten, und wir wussten alle, das wird mal eine.

Eine was? Wussten wir nicht, aber sicher, eine.

Sie arbeitet schon länger in einem Kiosk, noch genauso aufgebrezelt, nicht mehr frech, nur noch pampig, und verkauft den Oldies den «Blick» und die «Neue Post», Zigaretten und Schokolade.

Ist nicht fair, so ein blödes Leben.  Sie hat noch 7 Jahre bis zur Pension, ich noch 9. Ist echt nicht fair…

Z’Nüni und Highnoon

Auf meinem Weg zur Station Wengwald passierte ich einen Schafstall, vor dem eine Gruppe Männer und Frauen in der ortsüblichen Ausrüstung lagerte. Es war 9 Uhr und 2 Minuten und sie mampften. Ab 9 Uhr wird in der Schweiz gemampft. Zumindest bis 9 h15. Um diese Zeit findet man in keiner Kneipe des Landes einen freien Sitzplatz. Warum ? Es ist Z’Nüni, und da muss landesweit die Brotlaube befüllt werden.

Gerade neulich stieß meine betagte Mutter einen Schrei aus. Es hörte sich an, als wäre sie dem Geist ihres verstorbenen Mannes begegnet. Sie schrie: «Jessas, es ist zwölf!»

Es war 12 Uhr mittags, Highnoon, und sie war mit dem Mittagessen noch nicht ganz zu Rande gekommen. Es könnte, das drückte der Schrei aus, gar 12 h 03 werden, bis das Papperl auf dem Tisch steht.

Freunde von mir erzählten, dass es in der Schweiz nicht mehr möglich ist, außer Haus Mittag zu essen. Alles voll. Jede Parkbank, jede Bordsteinkante, jede Hühnerstange, jeder Platz im Migros. Voll von Oldies die genau um 12 Uhr ihr Papperl brauchen, und Bürolisten die es brauchen, weil sie genau zu dieser Zeit eben Mittagspause haben.

Das hat mich schon genervt als ich noch hier lebte, diese Paralyse um 9 Uhr morgens, diese 15 Minuten Pause in der Evolution. Selbst der Weltuntergang müsste warten, bis der Schweizer seinen Z’Nüni Cervelat runtergewürgt hat.

Und mein Bruder stöhnt über die Rentner, die an Highnoon spachteln müssen, wie Vampire, die nur nächtens Adern anzapfen können.

Wenn man sich überlegt, dass dies  vielleicht der Endpunkt der Evolution ist: Menschen die nur um 9 -und 12 Uhr essen können. Und die dafür jeden Unbill in Kauf nehmen wollen oder müssen. Mamma mia!

Mich friert ein wenig, compadres!

Kein Kommentar (2)

Kein Kommentar zur Tatsache, dass Österreich faktisch, juristisch, praktisch und auch zukünftig aus dem Knast regiert werden kann. Wer nicht mehr als 11 Monate und 28 Tage unbedingten Knast – wegen  Wiederbetätigung, z.B. – fasst, kann weiter Bundeskanzler, Landeshauptmann, Landeshauptmannvize sein.

Kein Kommentar

Diese Dauerwerbeveranstaltung mit den Boxeinlagen der beiden Schwergewichtsboxerdarsteller Klitschko und Thompson, kommentiere ich nicht. Nur so viel: Die Euro-Krise ist nicht das Hauptproblem in diesem Europa!

Hitze-Hikikomori

Wien ist die heißeste Stadt Europas. Da haut sich selbst der Alm-Öhi vor Lachen mit der Hacke ins Bein. Aber es stimmt: Tag für Tag 37 Grad. Und jetzt, kurz vor halb 10 hamma noch 34, und wenn das irgendjemand «geil» findet, mag er sich doch hier einfinden, und sich von mir die Fresse polieren lassen.

Man sitzt zuhause vor dem Venti, schwitzt und grantelt und balanciert am Rande des Rappels. Aber ich hab’s ja geahnt: in Wien kann man Sommers nicht mehr leben. War schon vor 2003 schwierig, aber seither, als wir das erste Mal 39,9 Grad hatte, ist es aus. Schwer erträglich, sag ich. Aber in Österreich ist «unerträglich» ja steigerbar, was einem halb um den Verstand bringen kann. Wenn man nicht aufpasst. Bei der Gluhitze. Man würde dann z.B. sagen: Am aller unerträglichsten ist die Hitze in der Nacht. Das gilt hier als gutes Deutsch. Sehr schwer erträglich. Bei dieser Hitze.

Aber morgen fahre ich in die Berge. Dort schreibe ich dann ein «Bergtagebuch». Das wollt ich schon immer mal tun. Mit lustigen Geschichten aus dem Berner Oberland, wo’s den ganzen Tag regnet, und wenn’s nicht regnet, der Föhn einem das Resthirn aus den Ohren pustet.

Ich bin strikte gegen jegliches Wetter.
In einer gerechten Welt gäbe es kein Wetter.
Und es gilt immer noch der Spruch meiner Lieblings-Janis: «No feeling, is the best feeling.»

Mein Gott, wie recht sie hatte …