«Heidi»

Wir redeten über die alten Zeiten, Erinnerungen aus der Kindheit, was macht’n der?, und was wurde eigentlich aus jener?, und ich fragte nach einer Nachbarin von damals, die auffiel weil ihre Eltern Jenische waren und Ziegen hatten und Hunde und in einem kleinen Häuschen mit Garten wohnten, so ganz anders als wir. Sie waren laut und stritten sich herum, so dass es alle mitbekamen, und so, das wir uns fremdschämten, und das Mädchen, nennen wir es Heidi, wurde so eine richtige Schönheit, und zwar eine, die es wusste und es auch einsetzte, und die mit älteren Jungs rumkarisierte und frech war und schlecht in der Schule und aufgeziegelt, wie eine Coiffeuse, toupierte Haare, greller Nagellack, Wimpertusche und Lidschatten, und wir wussten alle, das wird mal eine.

Eine was? Wussten wir nicht, aber sicher, eine.

Sie arbeitet schon länger in einem Kiosk, noch genauso aufgebrezelt, nicht mehr frech, nur noch pampig, und verkauft den Oldies den «Blick» und die «Neue Post», Zigaretten und Schokolade.

Ist nicht fair, so ein blödes Leben.  Sie hat noch 7 Jahre bis zur Pension, ich noch 9. Ist echt nicht fair…