Z’Nüni und Highnoon

Auf meinem Weg zur Station Wengwald passierte ich einen Schafstall, vor dem eine Gruppe Männer und Frauen in der ortsüblichen Ausrüstung lagerte. Es war 9 Uhr und 2 Minuten und sie mampften. Ab 9 Uhr wird in der Schweiz gemampft. Zumindest bis 9 h15. Um diese Zeit findet man in keiner Kneipe des Landes einen freien Sitzplatz. Warum ? Es ist Z’Nüni, und da muss landesweit die Brotlaube befüllt werden.

Gerade neulich stieß meine betagte Mutter einen Schrei aus. Es hörte sich an, als wäre sie dem Geist ihres verstorbenen Mannes begegnet. Sie schrie: «Jessas, es ist zwölf!»

Es war 12 Uhr mittags, Highnoon, und sie war mit dem Mittagessen noch nicht ganz zu Rande gekommen. Es könnte, das drückte der Schrei aus, gar 12 h 03 werden, bis das Papperl auf dem Tisch steht.

Freunde von mir erzählten, dass es in der Schweiz nicht mehr möglich ist, außer Haus Mittag zu essen. Alles voll. Jede Parkbank, jede Bordsteinkante, jede Hühnerstange, jeder Platz im Migros. Voll von Oldies die genau um 12 Uhr ihr Papperl brauchen, und Bürolisten die es brauchen, weil sie genau zu dieser Zeit eben Mittagspause haben.

Das hat mich schon genervt als ich noch hier lebte, diese Paralyse um 9 Uhr morgens, diese 15 Minuten Pause in der Evolution. Selbst der Weltuntergang müsste warten, bis der Schweizer seinen Z’Nüni Cervelat runtergewürgt hat.

Und mein Bruder stöhnt über die Rentner, die an Highnoon spachteln müssen, wie Vampire, die nur nächtens Adern anzapfen können.

Wenn man sich überlegt, dass dies  vielleicht der Endpunkt der Evolution ist: Menschen die nur um 9 -und 12 Uhr essen können. Und die dafür jeden Unbill in Kauf nehmen wollen oder müssen. Mamma mia!

Mich friert ein wenig, compadres!