Jawoll. Wien ist schön.

Wieder mal in der Schweiz. Aus verschiedenen Gründen. (Als brauchte man Gründe, um in der Schweiz zu sein?) In den Festivitäten begründet: Eine Menge unbekannter Leute. Und wenn sie erfuhren, dass ich in Wien lebe, so kam es immer gleich (entzückt): «In Wien? Schön!»

Jawoll! Wien ist schön. Recht hamse. In ihren leuchtenden Augen drehten sich die Riesenräder vor denen Fiaker weinselige Touristen durch die Ringstraße zum nächsten Heurigen kutschierten.

Jawoll. Wien ist schön. Jetzt lebt auch noch der tolle, piefkinesische Schriftsteller Herr Lottmann in Wien und findet die Wiener so überhaupt nicht deutschenfeindlich. Tja, sag ich da nur.

Aber in Sachen Fremdenfeindlichkeit sind die Schweizer gerechter als die Wiener (was man so hört…). Der Deutsche genießt in Helvetien keinerlei Privilegien, und ihm werden die guten Wohnungen ebenso verwehrt wie dem Albaner und den anderen Tschuschen. Nicht so wie damals, als mein Freund, der tschechische Wirt des «Nachtasyls» Jiri Chmel, auf meine Bemerkung, dass wir beide doch Ausländer seien, antwortete: «Ja. Aber du bist der bessere.»

Jawoll. Wien ist schön. Ich schätze die Schönheit, die es mir ungestraft gestattet meine Soziophobie so exzessiv auszuleben und trotzdem eine Menge Leute zu kennen. Ich liebe Wien dafür, dass es allen wurscht ist wie man sich hier fühlt, ich liebe es, weil ich im Geisteszentrum freundliche Menschen kenne, mit denen ich nicht sprechen und Banalitäten tauschen muss, und denen es, gleich mir, genügt, zu grüßen. In Wien kann man sich «verstecken und entdecken», wie der Dichter Thomas Brasch über Berlin sagte.

Jawoll. Wien ist schön. Wenn der Flieger die Räder in Schwechat auf die Piste setzt, kriege ich eine Wut. Ohne jeden Anlass. Mein Hirn beginnt Schmähschriften zu verfassen. Wo, meine Lieben, kriegt man so was schon geboten? Und wo, außer in Wien, kann man jeden hingebungsvoll und ohne schlechtes Gewissen so hemmungslos hassen? Na ja. So ein bisserl hassen, halt. Und wo, außer im schönen Wien, weiß kein Arsch, warum das überhaupt so ist?

Jawoll, liebe Schweizer, Wien ist schön.

(Diesen Block schrieb der Autor wie Thomas Bernhard)

2 Antworten auf „Jawoll. Wien ist schön.“

  1. Was soll das? Am schönsten ist es immer da, wo du gerade nicht sein mußt! War grad am S-Bhf Friedrichstr. … fuck… 32 Leute mit Nerdbrillen (kein Scheiß) die sich bei Edeka Flaschenbier zum Rumlaufen holten… die rauchen auch auf Pustebacke… shit, ich zieh nach Wien und nerv den Níedermann beim Training…..beim Schrägbankdrücken mach ich 10er Wiederholungen mit 80 Kilo…aber ich sag einfach ich hab was in der Schulter und zi(t)tiere Heine!

  2. jawoll, wir schweizerinnen und schweizer finden staedte wie new york, paris, berlin, wien ein wenig schoener als genf, zuerich, bern oder basel, weil sie ein bisschen kosmopolitischer sind als unsere kleinen staedte, und weil wir sie, die andern, nicht wirklich kennen, sondern nur so als touristen bereist haben… also ist die einschaetzung nicht wirklich ernst zu nehmen. da ist eine romantik des fremden, welche spricht. du kennst wien weit besser und bist somit ein einheimischer, dem zu hassen, wo er wohnt, vergoennt ist. ich koennte mir dies nie erlauben… ich habe einaml ein hassbuch gegen paris geschrieben. kein verlag wollte es mir abnehmen. paris ist die stadt der liebe. auch wenn es ueber diese stadt einen film namens «hass» gibt. ein fremder darf diese stadt nicht hassen. so ist nun mal die lage…

Schreibe einen Kommentar zu christoph bauer Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert