Nachlese

Henk jedenfalls ließ sich am Mittwoch in der «Roten Bar» bei Rock’n’Crime nicht blicken. Schade. Sein jugendliches Aussehen hätte den gefühlten Altersdurchschnitt von 63,5, um gefühlte 20 Jahre gesenkt. Rock ist alt geworden. Selbst Hard Rock. Oder Death Metall. Vermutlich ist sogar der Tod alt geworden und siecht seinem Ende entgegen. Kaputte Nieren, futsche Leber, und Spenderherz eines in Gaddafis Kellern gefolterten Oppositionellen.

Am nächsten Abend hing der Autor ab. Zappte so ein bisschen rum. Literaturmäßig. Und stieß zufällig auf die Kärtner Boxkabarettistenautorfernsehplaudertasche Schneyder, in einem typisch österreichisch zurechtgemüllten Bücherambiente. Büchertürme allerorten, wie von fleißigen Requisiteuren – auf unheilbar an Leserattismus und Antiquarmanie erkrankt – getrimmt. Vermutlich war selbst das Klopapier mit Texten von Doderer bedruckt. Schneyder schenkte dem toten Thomas Bernhard ein, und nannte ihn einen «großen Irrtum», und Jelineks Arbeit hält er nicht für Literatur. Das ging zu Herzen. Der geschockte Zuseher war heilfroh, dass ihm wenigstens der Schneyder blieb, an dem er sich orientieren konnte; jener Mann, der jahrelang gefühlte 220 letzte Vorstellungen gab.

Zapp.

Schon wieder Literatur. Die Autorin und Kolumnistin Doris Knecht zu Gast bei Grissemann und Stermann. Da hatte sich der Sendungsmacher Grissemann jene Autorin zu sich in die Sendung geladen, aus deren Buch er vor zwei Wochen im Zuge der Buchpremiere im Rabenhoftheater gelesen hatte. Das gelungene Networking von Hofschranzen.

Zapp.

Inzwischen ist beim Boxabschiedsvorstellungsemphatiker und Heinz Sichrovski Krimitime. Eingemauert in Bücherwände, Rotwein mümmelnd (Die Alternative «Rivella» wurde verschmäht, weil man’s nicht kennt), wurde nun einer Autorin und Buchhändlerin gehuldigt, die ihren Krimierstling bei Diogenes untergebracht hatte. Bei Diogenes! Respekt! Wer denkt da nicht gleich an Dürrenamtt und Co.?! Wär da nicht ein Preis fällig? Der österreichische Staatspreis für das prestigeträchtigste Debut? Dann gesellte sich der «Polt»-Autor Komarek zur Runde, und man zeigte Aufnahmen einer seiner Lesungen. Erschütternd. Der Rock war also doch noch ein halbes Jahrhundert jünger als der Krimi, denn hier gab’s von hinten nur Platte oder grauer Wolf.

Zapp.

Graubärtige Harley Fahrer.

Umzingelt. Aus.

Dann las ich in der «Zeit» was über den neuen Literatur Bad Boy, James Frey, der das neue Testament umgeschrieben hatte. Oder so. Das hatte immerhin Zug. Licht aus.

Und heute ist Karfreitag.

Vor der Lesung schleppte der Rocker Famler den Crimeautoren Gerstenberg in den Stephansdom. Keine Ahnung, was der ihm da zeigen wollte. Ich jedenfalls blieb draußen, lehnte mich an eine Bauplane die mit einer Fotografie jener Maueransicht bedruckt war, deren Original sie vor den Blicken der Touristen verbarg.

Irgendwie fand ich das passend.

2 Antworten auf „Nachlese“

  1. Ist mir auch augefallen, lauter alte Säcke in der Roten Bar – sogar die Protagonisten! :-)Ausgenommen Puch Cobra. Ich bin auch nicht mehr ausgenommen, fürchte ich.
    Es war gut, so what? Infantiles ewig jung sein und statt in die Rote Bar in die Disco? Kann ja auch nicht die Alternative sein.

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