Positives Schreiben ll.

Ich sehe das Fernsehen positiv. Für einen Durchnittsmenschen wie mich – einen, der tagsüber seine Arbeit tut (was mag die wohl sein, wird sich jetzt der eine oder andere fragen?) und sich Abends rechtschaffen weichgekocht in die Polster sinken lässt, darauf hoffend, dass auch die Kinder bald in ihren Betten verschwinden und Ruhe einkehre, und das Nichts des Nirwana aufgehe wie ein dummgesoffener Mond und auch der schwere Cotes du Rhone seiner Pflicht nachkomme und sein Gift meine Muskeln entspannen und meinen Geist entleeren möge -, für so einen, ist das Fernsehen einfach ein Segen.

Und als Positivling sah ich mir eine Sendung an, in der der Drogendealer Stefan Matschiner sich mit seinen Taten brüstete. (Er war seines Zeichens Sportmanager von österreichischen Sportlern die des Dopings überführt wurden.) Matschiner hatte ihnen den Stoff besorgt und finanziell an Siegen und Betrug mitgeschnitten. Dafür wurde ihm eine Buße von gefühlten sieben Euro aufgebrummt, und er fasste zudem einen ganzen verdammten Monat Knast aus. Diese harte Zeit ließ der Gewiefte natürlich nicht einfach verstreichen, sondern -Carpe diem-, er schrieb ein Buch.

Dafür durfte er gestern im ORF werben. Als positiver Schreiber finde ich so was natürlich äußerst positiv. Das ist echte, gelebte Rehabillitation. Und wenn beinahe jeder des Doping überführte Sportler beim ORF eine Kommentatorenstelle bekommt, so sollten auch die Dealer nicht leer ausgehen. Mit Fug und Recht. Wer, wenn nicht der Dealer selbst, weiß am Besten Bescheid über die Machenschaften der Dealer? Und was wäre besser geeignet Nachahmer abzuschrecken, als ein gut verkäufliches Buch über diese Machenschaften? Eben. Und man kann diesen Verführten ja nicht der Existenz berauben. Wie man es bei Straßendealern tut, die, um nicht zu verhungern, ein bisschen Dope verchecken. Schließlich, wenn man es positiv sieht (und das tu ich, mein Lieber, das tu ich!), ist so eine Doperei schon irgendwie nicht ganz in Ordnung, aber wenn wir alle gemeinsam behaupten, dass es alle anderen auch tun, dann geht’s doch. Irgendwie. Und wir können als Gesellschaft ja nicht unsere Leistungsträger und Vorbilder für die Jugend, ohne Auskommen lassen. Nur weil die gedealt und betrogen haben. Ist doch klar: Die Jugend muss sehen, dass sich Leistung lohnt. Und das man auch als Dealer ins Fernsehen kommen kann, und als respektables Mitglied dieser positiven Gesellschaft gilt.

Natürlich ergeben sich da auch Fragen. Positiv gesehen. Z. B. die: Was genau ist der Unterschied zwischen dem Dealer aus Afrika, der, um zu überleben ein bisschen Stoff verdealt, und Stefan Matschiner?

Liegt auf der Hand: Der eine ist in Ausschaffungshaft und der andere verdient im Fernsehen. Logo,oder? Positiv gesehen.

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