Reizbar und leicht verstimmt

Heute bin ich etwas reizbar und leicht verstimmt. Das ist natürlich vollkommen uninteressant, und gehört nicht hierher. Aber andererseits, irgendwie doch. Denn was mir immer öfter auffällt, ist, wie schlampig in Kultursendungen die Texte zusammengezwieselt werden. Oft nur noch eine Kette von Stehsätzen, abgepackten Redewendungen mit abgelaufenem Datum, Redundanz aller Orten, als lege man es mit Gewalt darauf an, auch diese fragile Minderheit, die sich noch solche Sendungen anschaut, auf das deftige Schweinsbraten-mit-Knödel-Niveau runterzudrücken. Nicht, dass ich selber immer tolle, sinnfrohe Sätze hinschreibe, beileibe nicht – das ist in den paar Minuten auch nicht möglich und außerdem völlig honorarfrei -, aber bei den Kultis wird es immer schlimmer. Ob es sich um einen Bericht über eine Georg Groß Ausstellung oder den Nachlass von Hundetrwasser handelt, der Text bleibt sich in etwa gleich. Gestern sagte die Sprecherstimme, die einen Comic vorstellte: «Das sind Situationen, wo man sich entscheiden muss. Man hat keine Wahl.»

Ja, was nun? Wenn man sich entscheiden muss, hat man eine Wahl. Und wenn man keine Wahl hat, muss man sich auch nicht entscheiden. Ist eigentlich einfach. Aber so sinnfreies Zeug rutscht einfach durch. Oder lässt 3Sat seine Texte auch schon im billigeren Bulgarien fertigen? Oder bin ich einfach mies drauf?

Dann öffnete ich ein Mail mit einem Autorenbrief, in dem die folgenden 10 Gebote standen. Grundgütiger! Wen wundert’s, dass ich heute ein wenig reizbar bin?

Dazu passen die zehn Gebote, die der Maler Otmar Alt aufgestellt hat und
die auch für Schriftsteller gelten:

 1. Folge Deiner Kreativität
 2. Lass Dich inspirieren
 3. Denke quer
 4. Probiere etwas Neues
 5. Schöpfe aus Deiner Fantasie
 6. Lache viel und gern
 7. Schätze Schönes
 8. Liebe die Natur
 9. Gib etwas weiter
10. Fühle Dich frei

2 Antworten auf „Reizbar und leicht verstimmt“

  1. @Professor Gegenglück,
    wer sich je kreativ betätigt hat, stößt irgendwann auf jene Gebote, die einem helfen sollen, sich von Zwängen zu befreien und das Fließenlassen begünstigen. Wenn man mal nicht weiter weiß, feststeckt, unter einer so genannten Schreibhemmung leidet (ich habe nie verstanden, warum man schreiben will, wenn man eine Hemmung hat. Man schreibt doch, weil man schreiben will und nicht, weil man nicht schreiben kann?!), hilft es oft, nichts zu tun. Das ist umso ärgerlicher, wenn man keine Zeit hat, um nichts zu tun. Nichts tun heißt, nichts tun. Auch nicht quer denken, nicht schöpfen, nicht etwas Neues probieren und schon gar nicht: geben. Wir aber müssen immer mehr ans Geld verdienen denken, denn „sinnlos“ Kunst machen ist nicht. Einen Künstler leben lassen, weil er den Sinn erfüllt, durch sein sinnloses Produzieren den Menschen zu dienen, ist nicht Sinn der Sache. Wir müssen uns anmelden, Versicherungen löhnen, unseren Kindern nebst Brot auch noch Musikstunden bezahlen, selber stillen, spielen, kochen, putzen, von() bis() arbeiten, Steuererklärung ausfüllen – und sich dann frei fühlen?! Leckts mich am Arsch, aber solche Gebote sind kein Motor, das ist Vaselin!

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