Das beliebteste (Streit)Thema aller Zeiten

Wenn ich mich noch vor einigen Monaten anschickte meinem Lieblingslokal (Anzengruber) einen Besuch abzustatten um dort Freunde zu treffen und mir die Lampe zu füllen, so legte ich größten Wert auf mein Outfit. Es sollte möglichst schon lange getragen und bereits leicht muffig sein. Und jene Jacke musste mit, bei der ich seit längerem eine Generalreinigung angedacht hatte (aber es dann doch nicht machte). Denn, wir pflegten (und pflegen) im Anzengruber zu sitzen, Stunde um Stunde, und zu löten was Kolben und Zinn so hergeben. Und wenn ich dann frühmorgens die Wieden hochtrampelte wie ein Flachlandsherpa nach dem Zahltag, und mich zu Hause aus den Kleidern schälte, fragte ich mich immer: Soll ich die noch waschen oder gleich verbrennen?

Der Duft war betörend. Als hätte ein betrunkener Koch ein Schnitzel im Aschenbecher paniert und dann in Budweiser gegart. Wobei der kalte Rauch-Geruch alles andere übertünchte.

Nun darf man nur noch im abgeteilten Billardzimmer und Fernsehzimmer pofeln. Das Lokal ist jeden Abend so voll wie zuvor. Es ist große Klasse. Man könnte ins Anzengruber gehen und danach in der selben Kluft, gleich in den Kreißsaal wechseln, um dort das Baby einer fanatischen Nichtraucherin zu entbinden. Nur zum Beispiel.

Ich habe selber etwa dreißig Jahre geraucht, bis ich vor 10 Jahren aufgehört habe. Es ist unglaublich, wie sehr einem der Rauch auf die Nüsse gehen kann. Ich muss gestehen, dass ich mich heute manchmal dafür schäme, was ich den Nichtrauchern damals angetan habe. Aber weder damals noch heute gilt dies bei Rauchern als Argument. Sie verstehen nicht, dass ihre Sucht den anderen einfährt, wie ein olfaktorischer Tinnitus. Ihre Argumente sind meist ein wenig kindisch. Abgase sind noch schlimmer etc. etc.

Ich schätze, wenn wir ihnen ihre Sucht nachsehen und uns einschwallen lassen, werden wir sie auch – ein wenig zumindest, nicht mehr ganz ernst nehmen und vielleicht auch verachten. Ich glaube, sie wissen das. Und das macht sie muffig. Versteh ich. Aber es gibt keinen Genussraucher, der jede Stunde eine Zigarette braucht.