Passt mir nicht

Der Schriftsteller Harry Mulisch ist tot. Ich habe keines seiner Bücher gelesen. Ich könnte es nachholen, wenn ich wollte. Aber er sagte etwas, dass mir nicht gefiel, etwas, das viele erfolgreiche, reich gewordene Autoren in die Mikrofone diktieren: «Ich würde auch schreiben, wenn ich damit keinen Erfolg hätte.»

Daniel Kehlmann sagte es auch. Das passt mir nicht. Ich frage mich, warum sie es sagen? Wollen sie uns versichern, dass sie keine Hochstapler sind? Dichter, die nur so tun, als würden sie mit Blut schreiben, derweil ihr Füller mit billiger roter Tinte gefüllt ist? Dass ihre Lügen nicht vom Herzen, sondern aus der Buchhaltungsabteilung ihrer Schreibfirma strömen?

Der große amerikanische Romancier Raymond Chandler sah die Sache völlig anders. Er wollte gewissermaßen ein Amateur bleiben, jederzeit in der Lage, mit dem Schreiben aufhören zu können. Falls es ihn zu ruinieren drohte. Und leicht hatte er es nicht. Er hockte irgendwann, nach einer abverreckten Karriere als Manager einer Ölfirma, in Hollywood und schrieb an Drehbüchern idiotischer Geschichten, wie «Der Fremde im Zug» von Patricia Highsmith, Stories, die sein Gespür für Charaktere und und seinen Sinn für Kausalität beleidigten. Auch John Fante erschrieb sich seine Miete mit Drehbüchern, und seine wunderbaren Romane wurden erst entdeckt, als Charles Bukowski die Trommel dafür schlug. Aber da lag Fante bereits schwer zuckerkrank und blind im Hospital und diktierte seinen letzten Roman.

Charles Willeford, der seinen Durchbruch kurz vor seinem Tod mit den 4 Hoke-Mosley-Kriminalromanen hatte.

Vielleicht ist Schreiben ein Laster.

Im wunderbaren, kleinen Film «Pofonok» von Men Lareida, wird uns die Welt von ungarischen Preisboxern nahe gebracht, der hermetische Kosmos von Jungs, die täglich in den Gyms trainieren und auf Kämpfe hoffen, auf Einladungen aus Wien zum Beispiel, um sich so den einen oder anderen Schein zu erkämpfen. Es sind Kämpfe, die sie nicht gewinnen werden. Bleiben sie auf den Beinen (und das werden sie!), verlieren sie nach Punkten gegen einen oft schlechteren Mann, der sein Heimpublikum im Rücken hat. Das alles hat nichts mit dem Klitschko-Fernsehboxen-Gedöns zu tun. Aber der Schmerz ist echt. Und auch das Blut und der Schweiß, die mitunter bis in die Bierbecher der Zuschauer spritzen.

Ich glaube, ich werde keines der wichtigsten Bücher von Harry Mulisch lesen.

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