Phantomschmerz

Über deutsches Fernsehschwergewichtsboxen zu schreiben, lohnt genau so wenig, wie es sich anzusehen. Zumal es sich um die KlitschkO’s handelt. Warum ich es trotzdem tue? Keine Ahnung. Phantomschmerztherapie, vielleicht.

Dass ein Boxer wie Vitali «Eisenfaust» Klitschko, der alle physischen Vorteile auf seiner Seite hat, es nicht schafft, einen Mittelklasse-Mann wie Shannon «The Cannon» Briggs auszuknocken, liegt vermutlich auch daran, dass Eisenhändchen das Risiko scheut wie ein Autor den Blick auf den Kontostand. Gestocher mit Links, Kipphaken. All day long. Keine oder kaum Serien, bis dann endlich jener – von Cus D’Amato immer wieder besungene, unsichtbare Hammer einschlägt, den der Mann nicht kommen sieht, und der alle Lichtschalter umlegt.

Ich bin leider zu alt, um mich nicht mehr daran zu erinnern, dass wir uns nächstens wecken ließen um Ali, Hagler und Iron Mike bei der Arbeit zu sehen, Männer, die noch in Bademänteln in den Ring stiegen, ruhig und ohne das Erschallen von Zimbeln und das Aufwallen des TV-Weihrauchs, Männer, die sich aber einschenkten, austeilten und einsteckten, bis auch die hinterletzte Uschi Glass am Ring ein Ziehen in den Liftingnarben verspürte und begriff, dass es hier um Leben und Tod ging, um Sieg und Vernichtung, ja, um das Leben selbst.

Nun, denn, sei’s drum. So ist das eben in Hartz lV-County. Gedöns, für ein Publikum, dass soviel Ahnung vom Boxen hat, wie ich vom Kühemelken: Oft zugeschaut, nie selber gemacht.

Aber eines tut mir immer noch leid: Dass damals der Fight Klitschko-Lewis wegen eines Klitschko-Cuts abgebrochen wurde. Es wäre, und da bin ich mir sicher, alles anders gekommen…