Das Ende einer Fata Morgana

Mein Leben ist langweilig. Ich verlegere so herum, tagsüber, schiebe auf meiner weißen Apfel-Kachel Pics, Textkästchen und Farbflächen herum. Stunde um Stunde, und vermutlich noch lange. Am Abend sehe ich mir die mediale Fata Morgana um Sarrazin an. Sie ist nun vorbei. Hat sich ausgespiegelt. Alles wieder in Ordnung. Die Kanzlerin, ihres Zeichens 1. Liteaturkritikerin Deutschlands, stellt sich schützend vor die Türken in ihrem Land. Everthing is allright. Die Bundesbank entsorgt den Burschen, von dem nun keiner mehr wissen will, wer ihn eigentlich in diese Position gehievt hat. Die SPD? Same game, other room. Wir atmen auf. Einige fragen sich, wie sie nur auf diesen Wirbel hereinfallen konnten, wo doch eh alles okay ist? Eine Fata Morgana eben.

Dann sah ich noch den Schweizer Krimiautoren Hansjörg Schneider im Interview. Ob er noch ein Linker sei, wurde er gefragt. Na klar, sagte er, er habe noch immer Umgang mit den einfachen Leuten. Dann schimpfte er ein bisschen auf Max Frisch, den er für keinen Linken hielt, weil der keinen Umgang mit dem «kleinen Mann» hatte. Na gut, sagte ich zu mir, Schneider ist Schriftsteller, da kann man nicht alle Welt erwarten. Und wie wir wissen, haben unsere Rechten und Rechtsextremen keinen Umgang mit den einfachen Leuten, bewegen sich zu unserem Glück nur im dünkelhaften Zirkel der Elite. Da ham wer aber Schwein ghabt.

Ich habe auch keinen Umgang mit dem einfachen Volk. Ich bin arm, und muss mit ihm leben. Und sie mit mir. Aber ich gebe nichts auf die Meinung eines Taxifahrers. Ich gebe auch nichts auf die Ansichten von Herrn Strache. Ich finde, das Volk stinkt öfters aus dem Maul als alle denken. Ich habe in fast 50 Jobs gearbeitet. Überall. Mit dem einfachen Volk. Wir kamen miteinander aus. So la la. Aber ich fühlte mich in seiner Gegenwart meist wie eine Parallelgesellschaft.

Gestern war ich mit meiner Tochter in einem asiatischen Laden. Winzig, winzig. Beste Sushi Bento in town. Vegetarische Menüs. Ein Familienbetrieb. Vater, Schwiegervater, Tochter. Freundliche, arbeitsame Migranten. Unternehmer, im eigentlichen Sinn des Wortes. Sie winken einem zu, wenn man ihr Lokal verlässt. Alle. Ich winke zurück.

Das sind meine Leute.