Kritikerpass

Gestern sagte Thilo Sarrazin Michel Friedmann ziemlich unverblümt, dass dieser dumm sei. Das hat Herr Friedmann wohl noch nie vernommen. Seine Replik war unterdotiert und schal. Überhaupt seltsam, dieser Michel Friedmann: Er scheint all seine Power eingebüßt zu haben, sie ist gleichsam auf der Strecke geblieben, auf dem langen Weg zwischen dem Ankauf von Zwangsprostituierten und dem etwas verkrampften Comeback. Sein moralischer Furor zündet nicht mehr. Wir mögen ihm nicht mehr recht glauben. Er bramarbasiert. Sei’s drum.

Noch was: Manchmal sage ich: Die Muslime. Dann werde ich belehrt. «DIe Muslime» gibt es nicht. Man gibt mir zu bedenken, dass ein Unterton mitschwinge. Ich weiß, was meine Belehrer meinen. Aber gestern, in der Runde von Frank Plassberg sagte die Muslima, Journalistin und Tv-Moderatorin Asli Sevindim: «Die Muslime sind froh um die Kritik.»

Ja, was nun? Darf man oder darf man nicht? Oder darf nur Frau Sevindim und ich nicht? Ist ihre Aussage nicht genauso gleichmacherisch und indifferent, wie jemand der hinausproletet: «Alle Muslime sind faule Transferleistungsbezieher.»

Darf nur noch die ÖVP die ÖVP kritiseren? Nur noch der Papst die Kirche? Nur noch Israelis Israel?

Ich möchte nur noch von agnostischen, männlichen Autoren um die 50 kritisiert werden, die auf der Chestbench mindestens 120 kg schaffen.