Werden wir Herrn Grandits eines Tages im TV sterben sehen?

Manchmal sehe ich mir «Kulturzeit» in 3Sat an. Ich tue das seit Jahren. Ohne mich jetzt an Namen oder wirklich an Gesichter erinnern zu können, weiß ich, dass die Moderator/Innen der Deutschen und der Schweizer immer wieder gewechselt haben. Jene, die nicht mehr moderieren, treffen wir in anderen Kultursendungen wieder an. Die Frauen haben mit schwellenden Bäuchen moderiert. Und dann hieß es auf einmal: «wir gratulieren Frau Mendelsohn zu ihrem Sohn». Oder so. Mir gefällt das. So kann man sehen, wie es im Leben so zugeht. Im eigenen, wie in dem der anderen.

Über all die Jahre haben nur die Österreicher immer denselben Moderator an die Studiofront geschickt. Den Herrn Grandits. Ich finde, manchmal lässt er schon ein bisschen nach. Er verspricht sich immer öfter als alle seine Kolleginnen beim Ablesen vomn Teleprompter. Und wenn er im Wochenturnus dran ist, muss man sich auf Austro-spezifische, sprich katholische Themen gefasst machen. Gefühlte stundenlange Beiträge über österreichische Autoren, die sich mit Kindsmissbrauch beschäftigen oder ätzende Features über österreichische «Shootingstars» aus Kärnten mit dünnen Stimmchen und unverständlichen Texten. All so Sachen.

Aber so ist das hierzulande. Wird ein EU-Kommisär aus Austria nach Brüssel bestellt, verlangt die Vox Populi, dass er österreichische Interessen vertritt. Warum? Weil man hier partout nicht verstehen will, wie so eine EU funktioniert. Ein wenig so, erscheint mir auch Herr Grandits. Aber sonst ist er ein Symbol für die überbordende Dynamik dieses Landes.

Manchmal fürchte ich, dass ich eines Tages eine Kulturzeit sähe, und würde Zeuge wie der Herr Grandits an Altersschwäche stirbt. Das möchte ich nicht.

Sowas nennt man an der Donau: Pragmatisierung. Oder zu deutsch: Unabänderlichkeit. Es bleibt immer wie es ist. Der Spruch Gustav Mahlers: «Wenn die Welt untergeht, zieh nach Wien. Denn da geschieht alles 50 Jahre später!» gilt immer noch.
Alte Männer bleiben auf ihren Posten sitzen, bis sie von jungen Männern, die bereits auch schon alte Männer sind, wegintrigiert werden. Und weil sie solange um den Posten intrigriert haben, und dabei auch alt geworden sind, werden sie niemals, niemals freiwillig loslassen.

Es gibt in Wien eine Wochenzeitung deren politischen Teil ich für den besten des Landes halte, die ich aber schon länger nicht mehr kaufe, weil ich im kulturellen, im Feuilleton noch niemals auf etwas gestoßen bin, das mich wirklich interessiert hätte. Dabei finde ich in anderen Blättern immer wieder etwas, das mich interessiert. Wenn z. B. überall der neue Walser besprochen wird, dann dort auch. Warum nur? Dazu ein bisschen heimische Bioliteratur. Wie in all den Wiener Buchläden.
Der Chef der Kulturredaktion wird vermutlich in seinem Amt sterben. Denn er wird nirgendwo anders hin können. Schätze ich. Vielleicht liegt es an seinem etwas eigenartigen Gymnasiasten-Schmäh und/oder an seinen Deutschenfimmel. Ich weiß es nicht. Diese Art der Pragmatisierung, die man von den Beamten abgeschaut hat, wurde auch in die anderen Bereiche übernommen.

Der griechische Schriftsteller Petros Markaris hat heute in der Kulturzeit «Griechenland als das letzte europäische Land des real existierenden Sozialsmus» bezeichnet.
Ich muss ihm da widersprechen.
Es gibt noch mindestens ein Land, das da ganz gut mithalten kann.