Sunday moaning comin› down – Poetry

Eins für Raymond Carver

Mit 9 begann er zu trinken
mit 40 machte er damit Schluss
und starb mit fünfzig an Lungenkrebs.

Er soll der Beste sein
seit Hemingway
keiner brauchte weniger Worte
um den Schmerz zu beschreiben
und die Liederlichkeit und das Vergebliche
und das Land mit seinen Tieren und
dem schwächer werdenden Licht im Herbst.

Ich lese seine Gedichte.
Sie handeln von Menschen
die noch drei Monate zu leben haben
Von Männer deren kleine Söhne ertranken
und die wie Sara in der Bibel untröstlich sind
einfach nicht darüber hinweg kommen.
Flickernde Verse
von Zärtlichkeit, Trinken, Liebe und dem Land
von Lachsen und Angeln und Keschern
Messern und töten und den Jahreszeiten.

Ich lese Gedichte
über Schmerzen und Schicksal
nichts ungewöhnliches
es kann auch dich
jederzeit erwischen
das wird dir dabei klar.

Ich lese Gedichte
über das Rascheln der Blätter
den ersten Schnee im Herbst
glitzernde Wassertropfen im Haar
vom Nebel, der sich in den Wiesen hebt
geblähten Segeln, Sterne und Mond
und dem
ganz
gewöhnlichen
Menschen-Schmerz.

4 Antworten auf „Sunday moaning comin› down – Poetry“

  1. Das Wunderbare ist das Gedicht selbst, die Fähigkeit, Worte wie diese für den Schmerz zu finden und ihn dadurch, wenn auch nicht zu ver- oder gar zu überwinden, so doch zu transformieren und gültig, also nachvollziehbar, also wirklich mitzuteilen.

  2. Poetry slamt eben nicht. Wirklich ein beeindruckend schönes Gedicht von A. Niedermann.
    Da ist wenig «Wunderbares», wenn man wirklich die Grausamkeit (unter den raschelnden Blättern) erkennt – und die ist tatsächlich menschlich.
    Trotzdem, ich teile diese Sehnsucht nach aufrichtigen, wahren Gefühlen, auch wenn sie meistens schmerzhaft sind.

  3. Zum Glück enterte Andreas Niedermann das Schiff der Poesie! Es dockte lange genug für ihn an. Nein, dieses Gedicht ist wunderbar, so menschlich und so wahr. Ich gratuliere dem Autor!

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