Der Autor als Jukebox lV.

Gewünscht und bezahlt wurde von Frank ein Blog zu folgendem Thema: Ihre Meinung bzgl. Honorierung Ihrer Arbeit und Ihre ehrlichen Gedanken über die nur-gratis-Konsumenten .
Der Autor dankt und spielt.

Ich bin arm. Seit mehr als fünfzig Jahren. Verlässlich und beinahe ohne Unterbrechung. Die Armutspausen waren angefüllt mit harter Arbeit. Und mit harter Arbeit, meine ich harte Arbeit. Also wenn in meinen Taschen die Scheine knisterten, klebte auf ihnen mein Schweiß.

Hartz lV-Empfänger, Notstandshilfebezieher oder Ausgesteuerte sind im Vergleich zu mir, Privilegierte. Ich habe wenig, bis kein Verständnis für ihr Geseire, so wie sie nicht verstehen können, dass einer tut was ich tue. Wir leben auf verschiedenen Planeten.

Ich arbeite ziemlich viel. Meine Produkte werden von der Gesellschaft nur in homöopathischen Dosen verlangt. Da kann ich leider nichts dagegen tun. Ich kann auch nicht einfach aufhören, dieses Produkte herzustellen. Na ja, könnte ich schon. Aber was dann?

Arbeiten lernte ich als Kind. Ungern. Aber ich musste meine Zigaretten bezahlen.
Ich lernte, dass die brennensten Wünsche nie erfüllt werden. Oder erst dann, wenn die Erfüllung auch schon egal ist. Um nicht als Idiot dazustehen, und um ein wenig Würde zu bewahren, wird man, ohne es zu wissen, Buddhist. Man wünscht sich nichts mehr.
Auch Jesus war ein wenig Buddhist, als er sagte: «Was sorgt ihr euch um morgen? Jeder Tag sorget für sich selber.»
Da lag er ziemlich richtig. Aber so eine Haltung erfordert Vertrauen. Nur sein «Vater»-Gequatsche, fand ich nicht so gut.

Das Armsein ist nicht so schlimm, wenn man keine Wünsche hat. Materielle Wünsche.
Epikur hatte zum Thema auch was beizusteuern:
«Bei einem freien Leben kann man nicht viel Geld erwerben. Denn dies ist keine leichte Sache, wenn man sich nicht in die Knechtschaft des Pöbels oder der Gewalthaber begibt. Dafür aber hat man alles in dauernder Fülle; sollte man aber zufällig auch einmal viel Geld haben, dann lässt sich auch dies leicht so aufteilen, dass man die gute Gesinnung des Nächsten gewinnt.»

Soweit Epikur.

Da mir das «Haben» nicht sonderlich viel bedeutet, und ich am liebsten ohne Gepäck reise, ist so eine Armut relativ. Ich mag gerne Cds und Bücher, Wein und Sportgeräte, Waffen und gute Messer. Und natürlich gutes Essen. Aber sonst halte ich es 100% mit Epikur. Vor allem was die Knechtschaft anlangt, den Pöbel und die Gewalthaber.

Ich höre zur Zeit eine Cd von Guy Clark. Ich habe sie gekauft. Das kann ich mir nicht oft leisten, so eine Cd. Oder ein Buch. Ich weiß, dass ich die Musik auch ohne Bezahlung haben könnte, aber ich zahle lieber. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Von denen hat ein Fünftel damit zu tun, dass ich daran denke, dass Guy Clark auch was haben muss. Und all die Leute die in der Musikindustrie krüppeln und ihre Familien ernähren müssen. Die anderen 4/5 der Gründe haben mit anderen Dingen zu tun.

Ich jogge manchmal am Sonntagmorgen hinter dem Arsenal. Da hängt am Wochenende nur die «Kronenzeitung» aus. «Presse» oder «Standard» kommt da gar nicht erst hin.
Da sieht man die Leute aus dem Gemeindebau, wie sie ihren Hund auf den Gehsteig kacken lassen, während sie eine Kronenzeitung klauen. Zu Hause lesen sie darin einen hetzerischen Artikel über ausländische Diebe, der sie in Rage bringt. Dann schimpfen sie auf das «ausländische Kroppzeug» und wählen die Nazis. Ist doch nur konsequent, oder?

Ich war selber mal ein Dieb. Manchmal war ich gezwungen mein Essen zu klauen, wenn ich nicht hungern wollte. Manchmal hungerte ich, wenn mir die Courage zum Stehlen fehlte. Einmal klaute ich aus Hunger, Kohlsprossen in den herbstlichen Gärten. Aber ich würde niemals eine Kronenzeitung klauen.
Nur: Klauen ist klauen. Ich habe den Eindruck, dass das heute kaum mehr jemand so sieht. Heute klauen alle. Aber ein Ladendieb wird von der Polizei – aus Notwehr – mit Schüssen in den Rücken erschossen, während die Kinder der Polizisten aus dem Netz geile Musik gratis herunterladen, sprich klauen. Aber das ist in Ordnung so. Denn die einen dürfen, und die anderen sterben. Der österreichische Spießer darf die Kronenzeitung klauen und sich über die ausländischen Diebe aufregen. Das steht so in der «Krone»-Verfassung.

Ein weiser Bekannter bemerkte kürzlich: «Alle wollen gut verdienen und alles umsonst haben.»

Ich nicht, zum Beispiel. Warum? Weil ich weiß, dass jemand dafür zahlen muss.
So wie meine Armut der Preis für meine große Freiheit ist. Siehe Epikur.

Morgen Abend lese, spiele und singe ich in der «Roten Bar» im Wiener Volkstheater. Die Akteure bekommen dafür € 100.-. Für die Gage kaufe ich mir bei meinem Freund Gerhard Lunzer Wein. Aber meine ältere Tochter braucht auch eine neue Jacke. Vielleicht muss mein Freund bei mir ein paar Bücher kaufen, damit ich meiner Tochter eine Jacke kaufen kann.
Die kann ich leider nicht aus dem Internet herunterladen.
Den Wein auch nicht.
Aber sobald das möglich ist, bin auch dafür, dass alles umsonst ist…

Für weitere Coins und Wünsche:
Bankverbindungen:
EU:
Andreas Niedermann
Raiffeisenlandesbank NOE-Wien BLZ 32000 Konto 04835096
IBAN AT62 3200 0000 04835096 BIC: RLNWATWW

Schweiz:
Andreas Niedermann
Raiffeisenbank Lütschinentäler Konto 13748.22
IBAN CH9080837000001374822
(BC: 80837, Postkonto: 30-7593-5, SWIFT/BIC: RAIFCH22)

7 Antworten auf „Der Autor als Jukebox lV.“

  1. Ein Vorschlag für die Jukebox:
    Kann man Waffen mögen, ohne militant zu sein? Und wozu hat man überhaupt Waffen? Und was ist so schön an Waffen? Als Köchin bestätige ich, dass gute Messer unabkömmlich sind. Pfeil und Bogen kann ich auch noch nachvollziehen. Mir reicht mein Gebiss und das Wissen, wo es weh tut.
    Ich werde auch dafür bezahlen! Versprochen!

  2. Wenn wir schon beim Zitieren sind:
    Geld und Kreativität haben noch nie gut zusammengepasst.
    Wer auch immer das gesagt hat, er hat keine Ahnung, wie viel Spaß shopen macht. Aber was solls, das Glück ist ein Vogerl, mit oder ohne Geld. Die Stimme aus dem Volk.

  3. Hi Niedermann!

    Nun, von Deinem Freund und (Korrektur-)Leser kriegst Du wieder einmal eine WORTspende.

    Nachdem Du Epikur und Jesus ( O Gott!) zitiert hast, zitiere ich zum selben Thema aus einem «Spoken Word»- Track von GG Allin:

    I don’t remember yesterday
    I don’t think about tomorrow
    Right now
    This time is all we’ve got
    So steal it

    in diesem Sinne

    Rock on

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