Der Notwehr-Hass-«Schang» in Wien

Jean Ziegler ist ein guter Mensch. Vor dem «Gutmensch-sein» bewahrt ihn etwas, das nicht so gut ist, und seiner Güte das Beste beschneidet: Ideologie. Man könnte auch sagen, Jean Ziegler ist die Alice Schwarzer der Armen.

Nun war er also in Wien und predigte den «vernünftigen Hass» auf den Westen. Vernünftiger Hass. Der ist gut. Als würde man von «gemütlichen Massakern» sprechen oder «friedliebender Aggression». Bullshit. Schang Ziegler hat kein Abo auf Nonsens-Sprüche, aber doch einige davon auf Lager. Sein Werk besteht genau genommen, aus Anekdoten.
Eine seiner Lieblingsanekdoten ist jene, als Che Guevara in Genf war, und der junge Schang ihn in der calvinistischen Bankenmetropole herumkutschierte und dem Che gestand, dass er auch ein kämpfender Revolutionär sein wolle, um die unterdrückten Völker Lateinamerikas zu befreien. Darauf hatte Che weise geantwortet, dass sein Platz hier sei, inmitten dieser Geldpaläste, und er die Revolution hierher tragen soll. Das tat er dann auch. Und tut es immer noch.
So enstanden eine Reihe Bücher.

Schang Ziegler ist ein lauter, leidenschaftlicher Mann, der gerne alles wiederholt. So entsteht der Eindruck, dass seine Sätze bereits abgepackt sind. Die meisten haben ihr Ablaufdatum schon überschritten, andere müffeln schon ein wenig. Und so verfährt er halt wie jene Supermärkte, die das abgelaufene Hackfleisch frisch verpacken und eine neue Etikette draufpappen. Merkt eh niemand, bei der herrschenden Fleischgier. Und schaden tut’s auch nicht, solange man das Zeug noch einmal richtig erhitzt.

Herr Ziegler sprach im besetzten Audimax zu den Studenten. Die mochten ihn. Als Ideologe hat er auf alles Antworten, auch wenn sie vielleicht Faktenmäßig herausgefordert sind, und einige so falsch, dass nicht mal das Gegeteil davon wahr ist.

Am Mittwoch abend war Herr Ziegler in den «Club 2» geladen, wo über den «Hass auf den Westen» diskutiert wurde. Es war sehr interessant zu sehen, wen die Redaktion für den «Nicht-Westen» hielt. China, Indien, Russland, Süd-und Zentralafrika, das war alles Westen. Nicht-Westen war, tja, was wohl? Genau. Die arabischen Länder. Nordafrika und der nahe Osten. Und so waren auch die Diskussionspartner geladen: Außer Ziegler auf seiner Couch: Karim El-Gawahry ORF-Korrespondent in Kairo, der iranische Schriftsteller Bahman Niramand; als Neutraler sozusagen im Sessel, der Ost-Korrespondent Fritz Orter, und als «Westen», der «Standard» Journalist Eric Frey und Barbara Kolm vom Hayek-Institut. Fein.
Und so dauerte es gefühlte 3 Sekunden, bis der Fernsehzuschauer bereits Gaza, Massaker, Palästina, Israel, Kriegsverbrechen zu hören bekam.
Hatte irgendjemand etwas anderes erwartet?
Ich nicht.
Die Linke liebt den Zionismus. Da ist nach 89, wenigstens noch ein Fetzen Fleisch auf dem Knochen geblieben. Da gibt’s noch was zu benagen.

Ziegler redete dann auch nicht soviel, weil ihm Frey und die Hayek-Lady in die Parade fuhren und einige Facts zu seinen Anekdoten und Wiederholungen beisteuerten. Dafür kamen der ägyptische ORF-Mann und der iranische Schriftsteller gut zu Wort, und so durften wir erfahren, dass WIR an allem schuld sind. Ganz besonders fein war das Bekenntnis des Schriftstellers, dass die Amis ihn, über die Ami-Marionette Schah, daran hinderten, im Iran westliche Denkungsart zu verbreiten. Nun, bei Chomeni und Ahmadinejad gings dann irgendwie auch wieder nicht, und da waren auch die Amis und der Westen daran schuld. Vermutlich auch an der Vertreibung Bani Sadrs. Eigentlich an allem. Die ewige Klage des Islam.
Mich erinnern diese Elegien immer an das Stück «Arbeit macht frei» des Akko-Theaters, in dem Moni Youssef sagte: «Israel is the best soccer-team of the world, and I don’t know, why we always loose».

Will ich damit etwa sagen, dass im Westen alles paletti ist? Mitnichten. Aber Ideologie ist einfach Scheiße!
Und für die Sklaverei waren auch nicht nur die bekackten, grausamen Weißen verantwortlich. Es waren auch Schwarzafrikaner, Brüder, die ihnen andere Schwarzafrikaner zuführten und verkauften. Auch Frauen waren glühende Nazis gewesen.
Und viele Antifaschisten hatten Pistolen in ihrer Schubladen, weil sie wussten, dass sich der Faschismus nicht nur mit guten Worten bekämpfen ließ. Gut, das gehört nicht hierher.
Aber irgendwie doch.