Allerletzter Tag im «Birli»

Sogar ein wenig Sonne zeigt sich und feines Nebelgespinst, der Säntis umwallt von frisch gewaschenen Wolken, und der kleine Bauer hat was zu schippen, ich kann nicht sehen was es ist, es scheint schwer und hart zu sein. Der Haselstrauch, der zähe Kerl, hat auch die Ziegen überlebt, die ihm die Rinde abgenagt haben. Fein. Recht so.
Nur der Anblick der Wäscheleine, mit der einsamen blauen Klammer, setzt mir zu. Ich weiß warum. Ein Symbol des Sommers. Vielleicht mag sich jemand erinnern:
«Die Wäscheleine ledig
wo einst der Kindern Sachen hingen…»

Was für ein Sommer! Was für ein Sommer! Und gleich noch einmal: Was für ein Sommer!
Es ist dieser Sommer mit den Kindern. Man hat mit einem Mal das Gefühl: Ja, so könnt’s gehen. Das ist es, genau. Und just in diesem Moment, fragte ich mich, warum es nicht immer so ist? Und schon war ich bei Faust: «Augenblick verweile, du bist so schön.»

Menschsein ist beschissen, da gibt es nichts zu deuteln. Über die wirklich wichtigen Dinge haben wir nicht zu entscheiden, keine Kontrolle, aber wir halten uns dafür schadlos, wenn es um einen Einbauschrank oder einen Satz Felgen geht. Viel idiotischer geht’s wirklich nicht, oder?

Und niemand weiß, wer das so eingerichtet hat. Die einen sagen: Gott. Die anderen stellen keine Fragen und bemühen sich, so gut es geht, abzustumpfen, damit sie keinen Schmerz mehr fühlen. Ein Großteil kommt schon strunzblöd zur Welt, und wieder andere ahnen die Fragen und ertränken sie in Strömen von Sprit, Bergen von Schnee oder basteln im Keller hübsche, kleine Lügen oder sie lesen Bücher von Paulo Coelho und glauben ernsthaft, dass der ein Schriftsteller ist.

Ich denke, es wäre schön mehr Geld zu haben. Das würde eine Menge Probleme lösen. Geld ist Freiheit. Die Freiheit, ein Leben so zu gestalten wie man es möchte. Sich in den Dingen ungehindert bewegen können. Aber wenn man es verdienen muss, bleibt einem keine Zeit sich zu bewegen, und man fährt wie jeder andere Irre auch einfach nur in den Urlaub. Vielleicht auch mal übers Wochenende schnell nach London, zum shoppen.

Aber was sollen wir Schriftsteller machen? Nichts. Einfach weiter schreiben und das Kein-Geld-haben ertragen. Und auf eine neue Chance hoffen…

Ich schwitze, weil ich ziemlich geschrubbt habe. So ein 6-Zimmer-Haus putzen macht Arbeit, Freunde.
Wenigstens das muss ich nicht mehr machen. Und einen Geschirrspüler wird’s auch wieder geben.

Uf wiederluege, Haus und Wald und Wäscheleine.
Ich komm sicher mal wieder. Dann geh ich auf die Rütegg trinke einen «Ghürotnä» und wander dann weiter über Heiden zurück.
Übrigens: Heiden ist eindeutig die Queen in der Gegend. Wenn sie nach einer langen Kurve plötzlich auftaucht, in die Hügel geschmiegt wie eine mediterrane Belezza, und dahinter prangt der See, dann fühlt sich der alte Wanderer verdammt gut.
Bis dann.

Eine Antwort auf „Allerletzter Tag im «Birli»“

Schreibe einen Kommentar zu Dobler Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert