Der Autor als Jukebox lll.

Der Autor dankt und schreibt.

COUNTRY

Country ist der Blues der Weißen. Sage ich. Sagt vielleicht noch wer. Wer weiß? Selten erfindet man was. Tut es nur nacherfinden, weil man nicht weiß, dass es bereits erfunden ist.

Der allererste Song, den ich von einer Platte hörte – Anfang der sechziger Jahre-, war: «Tom Dooley», gesungen von einem traurig aussehenden Burschen namens «Bobbejaan» oder «Bobajan». Gesungen auf Deutsch, notabene.

Meine Lieblingssongzeile war:
«Als Tom Dooley musst hängen, da hab ich zugeschaut
keine Spur von Mut, den er jammerte laut.

Refrain:
Ich hab schon viel gesehen
aber keines ist so schlimm
wie ich steh an der Bar
und ich habe keine Geld.»

Sowas muss einem mal einfallen! Und was für eine Grammatik!
Die Internationale der Quartalsäufer!

Dann hörte ich auch noch (auf dem Plattenspieler meiner Onkel):»Oh my Darling Caroline», gesungen von «Ronny». Voluminöser, deutscher Bass.

«…und ein Schuss fällt
in den Bergen
in dem Haus am Waldesrain.»

Besonders gut gefiel mir dann folgende Zeile:
«Mit dem Sheriff muss ich gehen
von dem Haus am Waldesrain…»

Nun, um was ging’s? Um das zweite große Thema des Mannes: Die Frau, die ihn für einen anderen verlässt. Und der Ich-Erzähler in diesem Song, mochte sie nicht ziehen lassen und erschoss Caroline kurzerhand.

Mit diesen Themen kann man ein Leben füllen. Kein Problem. Und oft ist der erste Song (Tom Dooley) mit dem zweiten verwoben, wie ein dicker, undurchdringlicher und verfilzter Poncho. Liebe und Rausch. Oder, Saufen und Weiber. Großes, schönes und schmerzliches Thema.

Schwer zu sagen, wie diese Songs die kindliche, hungrige und empfindsame Seele eines 5 oder 6 – Jährigen beeinflusst haben mögen. Jedenfalls saß ich an sonnigen Tagen oft unter einem Baum und sang diese Songs. Unten lag der kleine Landbahnhof (Mörschwil) und dort gab es zu dieser Zeit noch einen Kiosk, den ich oft besuchte, um für meine Onkels Zigaretten zu holen. Und jedes Mal gab mir die Frau, von der ich nur den Oberkörper sehen konnte, einen Schokostick mit, «weil du so schön singst». Sie war mein erstes (zahlendes) Publikum. Und wenn ich meinen Onkels die Zigaretten brachte, überließen sie mir meistens das Wechselgeld.
Geld für’s Bringen. Aber Süßes gab’s für’s Singen.

Kann sein, dass ich damals diese Lektion lernte.

P.S. Der Autor dankt den Coineinwerfern. Es war ein kurzes und interessantes und aufschlußreiches Experiment. Der Blog wird weitergeführt. Mit oder ohne Coins. Interessant war, dass, da nun irgendwie Geld im Spiel war, es sofort zu Missverständnissen und Ärger kam. Das muss nicht sein.
Denn: Geld für’s Bringen. Aber Süßes für’s Singen.
In diesem Sinne…