Die Knallbar Diaries (30)

Verleger Moss hat sich gemeldet. Eben zurück aus Italien. Er meinte, dass er sich und seiner Familie endlich einmal einen Urlaub gegönnt habe. Er klang nicht froh oder ausgeruht oder vergnügt. Er klang irgendwie zerknirscht und machte mir Lust, diese Zerknirschung noch zu steigern.
„Was machstn Urlaub, du als Verleger. Ihr habt doch immer Urlaub.“
„Ach, halt die Pappen, Knallbar. Was weißt du schon? Ein alleinstehnder, verwöhnter, reicher Autor…“
„Entschuldige mal, Moss: Ich bin nicht alleinstehend. Ich habe Familie, wie du.“
„Ja. Aber dir merkt man das nicht an. Bei dir hat man immer das Gefühl, dass du Single bist…“
„Das Ergebnis perfekter Partnerwahl“, sagte ich. „Also Augen auf, beim Heiratsantrag.“
„Du hast gut reden…»
Er klang wirklich bedrückt.
„Isses was ernstes?“, fragte ich.
„Ach nee, der übliche Familienblues. Da liegen dir Frau und Kinder jahrelang in den Ohren: „Wir machen nie gemeinsam Urlaub. Nie. Immer arbeitest du, hast nie Zeit für uns… und so weiter. Und dann steigst darauf ein, buchst ein tolles 4 Sterne Hotel, direkt am Strand, und dann jammern sie die ganze Zeit darüber, dass das Essen nicht gut sei, der Strand zu sandig, die Palmen Krebs haben, die Kellner aufdringlich sind, der Zimmerservice unzuverlässig, der Wind zu stark und … dass oben in der Dusche ein winziges Spinnennetz hängt und man deswegen nicht duschen kann. Verstehst du?“
„Theoretisch“, sagte ich, „rein theoretisch. Aber als Autor bin ich ein Empathieprofi. Also, raus damit!“
„Was raus?“
„Na, erleichterte dein schwarzes, gieriges Verlegerherz…“
„Mehr war nicht:“
„Mehr war nicht? Und deswegen so ein Gejammere?“
„Du bist zwar Autor, Knallbar, aber du hast doch keine Ahnung vom Leben. Vom richtige Leben, mein ich.“
„Und das soll das richtige Leben sein, Moss? Schwulitäten mit Frau und Kindern? Grundgütiger. Jetzt mach ich mir aber wirklich Sorgen.“
„Brauchst nicht. Ich hab dich nur verarscht. Der Filmvertrag ist gemacht und heute kam eine Optionsanfrage für ein Opernlibretto. P.T. möchts gern schreiben.“
„P.T.? Schreibt der jetzt auch Librettos…“
„Libretti.“
„Weiß ich doch, Moss, wollt nur testen, ob du’s auch weißt.“
„Weiß ich.
„Ich weiß.»

War schön, einen wie Moss zum Verleger zu haben.
Ich drückte ihn freundlich weg und ging unter die Dusche. Mit meinem wasserdichten iPad, und sah zärtlich und lange auf meinen Kontostand und fragte mich, wieviel so ein Libretto und so, wohl bringen würd…